Die Elfen
eine Bitte zu erfüllen, bevor man geht«, sagte sie.
»Was ist es?«, fragte er und lächelte zurück. »Wünschst du noch ein Duell?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, diese Fehde ist endgültig ausgetragen . Wenn eines meiner Kinder ein Sohn sein sollte, darf ich ihm deinen Namen geben?«
»Wie viele Kinder gedenkst du denn zu bekommen?«
»Ein langer Krieg ist vorüber, Farodin. Das Sterben hat ein Ende. Es ist die Zeit des Lebens angebrochen. Unzählige Seelen wollen wiedergeboren werden.«
Ihr Lachen drang zu Nuramon. Er wandte sich um, und sein Blick fiel auf Obilee, die abseits stand, als wollte sie das Geschehen aus sicherer Entfernung betrachten. Auch sie trug das blaue Gewand der Alvemerer. Er trat zu ihr. »Möchtest du dich nur von ferne von mir verabschieden?«, fragte er.
»Es ist nur…«, begann sie leise. »Es tut mir Leid, was ich in jener Nacht gesagt habe. Ich hätte schweigen sollen. Den Augenblick, den du mir geschenkt hast, hätte ich nicht annehmen dürfen.«
»Sag das nicht, Obilee. Der Augenblick war dein, und es liegt nichts Schlechtes in ihm.« Er fasste ihre Hand. »Bewahre diesen Moment in deiner Erinnerung als etwas Schönes. Farodin und ich werden nun gehen. Eines Tages werden wir stark genug sein, Noroelle zu befreien. Mach dir keine Sorgen um uns, sondern erinnere dich stets daran, dass wir in der Anderen Welt abseits von allem Übel leben und an dich und all die anderen denken. Wir werden uns ausmalen, wie du einem vortrefflichen Elfen begegnest und dich in ihn verliebst. Und wir werden uns fragen, wie viele Kinder du haben wirst und ob sie ihrer Mutter nacheifern werden. Eines Tages werden wir dich im Mondlicht wiedersehen. Und dann werden wir von dir die Wahrheit erfahren.« Er umarmte sie innig.
»Ich danke dir«, flüsterte sie leise.
Gemeinsam mit Farodin trat Nuramon nun vor die Königin, die mit den anderen am Albenstern versammelt war. Dort lag ein flacher, runder Fels im Boden. In ihm liefen die Pfade zusammen.
Emerelle trug an diesem Tag ein grünes Kleid mit roten Stickereien. Sie empfing die beiden mit den Worten: »Meine beiden treuen Krieger, ich sehe, ihr habt euren Abschied genommen. Hier ist euer Tor, die letzte Pforte in die Andere Welt.« Neben der Königin auf der Felsplatte erschien ein Lichtfaden und schob sich zu einer breiten Wand auseinander, die sich vom einen Ende des Felsens zum anderen spannte. »Ihr beide werdet die Letzten sein, die von Albenmark in die Andere Welt gehen. Lebt wohl, meine Getreuen!« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste sie beide auf die Stirn.
»Leb auch du wohl, Emerelle«, sagte Farodin. »Du warst uns eine gute Königin. Wir bereuen nicht, den Albenstein für all dies geopfert zu haben.« Er deutete zu den Baumkronen. »Albenmark zu verlassen und zu wissen, dass es auf immer blühen wird, beruhigt mich.«
Nuramon machte einen Kniefall vor Emerelle, fasste ihre Hand und küsste sie, wie es früher am Hofe üblich gewesen war. »Meiner Königin sage ich Dank, dass sie immer das tat, was das Schicksal verlangte.« Er richtete sich auf. »Der alten Kampfgefährtin aber möchte ich die Zeit in Ischemon danken.«
Farodin war über die Worte seines Gefährten verwundert. Gewiss, die Königin war einst in Ischemon gewesen, aber das lag so fern zurück, dass nur noch die Märchen davon erzählten.
Nuramon ließ sich nicht beirren. Er sprach weiter. »Ich danke dir für den Pfad, auf den du mich geführt hast und der nun Albenmark verlässt. Leb wohl, Emerelle!«
Die beiden Gefährten waren schon im Begriff, auf das Tor zuzugehen, als die Königin sich noch einmal an sie wandte. »Wartet noch einen Augenblick! Ich kann euch nicht gehen lassen… Nicht, ohne euch meine Entschuldigung mit auf den Weg zu geben.« Aus den Falten ihres Gewandes holte sie etwas hervor, das Farodin und Nuramon erstarren ließ. Es war ein Stundenglas, das fast völlig mit Sand gefüllt war!
Ein Raunen ging durch den Wald. Nuramon sah, dass allein Yulivee und Xern nicht überrascht zu sein schienen. »Ist es das Stundenglas?«, fragte Nuramon.
»Ja, es ist das, mit welchem ich Noroelle verbannte. Ich habe es an dem Stein zerschlagen. Viel des Sandes und auch die Scherben nahm ich mit mir zurück nach Albenmark. Ich versteckte alles tief unter meiner Burg; dort, wo ihr es nicht finden konntet. Ich wusste, der Tag würde kommen, da ich es euch geben wollte. Doch bis heute musste ich die kalte Königin sein, damit all das geschehen
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