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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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seiner Filme her."
    "Zufällig." Ein tragikumwittertes Schauspielerinnenlächeln, Ansätze eines Doppelkinns, ein Knie, so weit angezogen, wie die eisernen Beinfesseln es erlauben. "Noch so ein Wort aus den Märchen. Die Unterschrift auf Ihrem Ausweis ist die von Max.
    Irgendwo in Stefanias Haus an der Weichsel habe ich noch eine Stahlkassette mit seinen Briefen. Glauben Sie nicht, daß ich dieses lateinische z mit dem Mittelstrich, wie ihn Ingenieure machen, wiedererkennen muß? Oder die Blume, die er aus seinem Schluß-g machte? Sie könnten die ganze Zone durchkämmen nach Ihrem . sie würden Ihnen nicht gestatten, ihn zu finden, sie wollen, daß Sie genau jetzt genau hier sind."
    Nun denn. Was passiert, wenn zwei Paranoiker einander treffen? Es kreuzen sich zwei Solipsismen. Klar. Die beiden Muster erzeugen ein drittes: ein Moire, eine neue Welt aus fließenden Schatten, Interferenzen ... "Wollen, daß ich hier bin? Aber wofür?"
    "Für mich ..." Ein Flüstern aus scharlachroten Lippen, offen, feucht... Hmm. Und diesen Ständer haben wir ja auch schon 'ne Weile. Er setzt sich auf das Folterrad, beugt sich über sie, küßt sie, knöpft seine Hosen auf und schiebt sie weit genug hinunter, um seinen aufspringenden Schwanz mit einem leichten Wackeln in das kühle Studio zu befreien. "Setz deinen Helm auf!" "O.K." "Bist du sehr grausam?" "Weiß nicht."
    "Sei es. Bitte! Hol dir irgendwas, um mich zu peitschen. Nur ein klein wenig. Nur wegen der Wärme." Nostalgie. Der Schmerz einer Rückkehr nach Hause. Er rumort unter den Werkzeugen der heiligen Inquisition herum, Fesseln, Daumenschrauben, ledernen Geschirren, und findet endlich eine neunschwänzige Miniaturkatze, eine Schwarzwälder Elfenpeitsche, deren schwarzlackierter Handgriff mit dem Basrelief einer Orgie graviert ist, während die Schnüre mit Samt gepolstert sind, um zwar zu schmerzen, aber keine Striemen aufzureißen. "Ja, das ist perfekt. Jetzt auf die Innenseiten meiner Schenkel..."
    Aber irgend jemand hat ihn bereits abgerichtet. Irgend etwas ... das preußisch und überwinternd träumt in ihren Wiesen, in welchen kursiven Zeichen immer, die im Fleisch ihres Himmels warten, der so leer ist, so unfähig zu jedem Schutz, die auf die Peitsche warten, um herausgerufen zu werden ... Nein. Nein - immer noch spricht er im Plural, aber er weiß es besser. Steine Wiesen sind es jetzt, sein Himmel... seine eigene Grausamkeit.
    Alle Ketten und Fesseln an Margherita klirren, ihr schwarzer Rock ist hochgeschoben bis zur Taille, ihre Strümpfe spannen sich in klassischen Spitzbogen zu den Strapsen des schwarzen, fischbeinverstärkten Hüfthalters empor, den sie drunter trägt. Wie sind die Penisse der Männer des Westens, ein Jahrhundert lang, gesprungen beim Anblick dieses einzigartigen Punktes an der Spitze eines Damenstrumpfes, dieses Übergangs von Seide zu Straps und nackter Haut! Für Nicht-Fetischisten ist es einfach, von Pawlowscher Konditionierung zu spötteln und es dabei zu belassen, doch jeder Wäsche-Enthusiast, der sein ungesundes Kichern wert ist, kann dir erzählen, daß hier viel mehr dahintersteckt - daß sich hinter diesem Punkt eine ganze Kosmologie verbirgt, von Knoten, Scheiteln, Selbstberührungspunkten, mathematischen Küssen ... Singularitäten! Denkt an die Turmspitzen der Kathedralen, an heilige Minaretts, das Dröhnen von Waggonrädern über Weichenzungen, während man beobachtet, wie sich das Gleis abschält, das man selber nicht befährt... an Berggipfel, die jählings in den Himmel steigen, so wie jene, die man im malerischen Berchtesgaden bewundern kann ... an die Schneiden der Rasierklingen, die unfehlbar ihr mächtiges Mysterium enthalten ... die Dornen der Rosenstöcke, die uns überraschend stechen ... denkt selbst an jenen unendlich dichten Punkt, aus dem, nach dem russischen Mathematiker Friedmann, das gegenwärtige Universum hervorging ... In jedem dieser Fälle birgt der Wechsel von Punkt zu Nicht-Punkt eine Leuchtkraft in sich und ein Enigma, angesichts dessen etwas in uns einfach aufspringen muß und singen, oder sich voller Angst verkriechen. Das A 4 zu betrachten, wie es in den Himmel ragt - im Augenblick, bevor der letzte Startkontakt geschlossen wird -, diesen singulären Punkt an der äußersten Spitze der Rakete zu betrachten, dort, wo der Zünder sitzt... Ob alle diese Punkte, so wie jener der Rakete, eine Vernichtung in sich schließen? Was ist es, das explodiert im Himmel über der Kathedrale? Unter der Schneide der

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