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Die Enden der Parabel

Titel: Die Enden der Parabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pynchon
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beten. Können dreizehn Jahre vatikanischer Kollaboration den Unterschied geklärt haben zwischen dem, was heilig ist, und dem, was nicht? Es formiert sich heute Nacht ein weiterer Staat, und natürlich kann das nicht ohne Rummel und Gepränge abgehn. Daher der Überfluß an Mai-trunk, von dem Dschabajew sich und den Seinen etliche Liter organisiert hat. Laßt die Dorftrottel ihre Feier feiern. Laßt ihre Heiligkeit zu Interferenzstrukturen verflimmern, bis sie die Lampionbeleuchtung in der Festhalle verdunkelt. Laßt das Ballett heroisch über die Bühne hopsen, sechzehn zerlumpte, glubschende Altherren, die ziellos auf den Brettern herumwackeln und sich dabei im Gleichtakt einen runterholen, wippende Pe-nisse in nacherbarmten Satyrsritualen, zu Polka- und Walzerrhythmen von grünlappigen Vorhäuten entblößt, unter welchen erstaunliche Schanker und Geschwüre sichtbar werden, bis sich Fontänen von blutig marmoriertem Sperma entladen, die auf speckige Bügelfalten, auf schmutzfarbene Jacketts, deren Taschen durchhängen wie sechzigjährige Vettelbrüste, und auf sockenlose Fußknöchel niederklatschen, die beständig fleckig sind vom Kot der Dorfplätze und leeren Straßen. Laßt sie jubeln und auf ihre Stühle trommeln, laßt den brüderlichen Speichel sabbern. Der Dschabajew-Zirkel hat sich für diesen Abend bei einem schlecht koordinierten, aber flinken Einbruch in die Praxis von Niederschaumdorfs einzigem Tier- und Menschendoktor mit einer überdimensionalen Injektionsspritze versehen, und mit dieser Spritze werden sie sich Wein schießen heute nacht. Wenn die Polizei unterwegs ist, wenn gewisse wilde Ohren weit am Ende der Straße bereits das Rumpeln eines Besatzerkonvois aus kilometerweiter Nacht zu hören vermögen, ein Vorzeichen der Gefahr, noch ehe der erste Kopfscheinwerfer der Kolonne am Horizont aufblitzt, dann wird dies alles hier den Kreis nicht stören. Der Wein wird mit allem arbeiten, was sich ihm bietet. Bist du nicht aufgewacht, in deiner Hand ein Messer, dein Kopf in einer Kloschüssel, das Schemen eines geschleuderten Totschlägers kurz vor deiner Oberlippe, und hast dich ungerührt in dein rotvertrautes, kapillarumhegtes Dösen zurücksinken lassen, in dem das alles gar nicht wahr sein konnte? Und bist von neuem aufgewacht von einer schreienden Frau, von neuem vom eiskalten Wasser des Kanals, das dein ertrunkenes Aug und
    Ohr umspülte, und wieder von den viel zu vielen Festungen, die aus dem Himmel heruntertauchten, wieder und wieder ... aber nein, niemals ganz wirklich. Ein Wein-Trip: ein Wein-Trip spottet der Schwerkraft - wirft dich an die Decke der Liftkabine, während sie nach oben raketet, und läßt dich nicht mehr herunter. Du teilst dich in Zwei, in die elementaren Zwei, und jedes dieser beiden Ichs ist sich des anderen bewußt.

DIE BESETZUNG VON MINGEBOROUGH

    Es ist etwa drei Uhr am Nachmittag, als die Lastwagen, dort wo sich der State Highway verjüngt, über den Hügel herunterkommen. Alle Scheinwerfer sind eingeschaltet. Ein glühendes Augenpaar nach dem anderen taucht zwischen den Ahornbäumen auf dem Hügelscheitel auf. Es herrscht ein Höllenlärm. Die Getriebe krachen bei jedem Wagen, der das Ende der Böschung erreicht, erschöpfte Rufe: "Zwischengas, du Trottel!" dringen unter den Planen hervor. Ein Apfelbaum neben der Straße steht in Blüte. Die Äste sind naß vom Regen dieses Morgens, dunkel und naß. Darunter sitzt, mit jedem anderen als Slothrop, ein nacktbeiniges Mädchen, blond und braun wie Honig. Sie heißt Marjorie. Hogan wird aus dem Pazifik zurückkommen und ihr den Hof machen, aber heiraten wird sie dann Pete Dufay. Sie und Dufay werden eine Tochter namens Kim haben, und Kims Zöpfe wird der kleine Hogan jr. eines Tages ins Tintenfaß tauchen. Es wird alles weitergehen, ob mit Besetzung oder ohne, ob mit oder ohne Onkel Tyrone.
    Der nächste Regenschauer liegt schon in der Luft. Die Soldaten treten bei Hicks' Autowerkstatt an. Dort gibt's im Hinterhof ein Abfallbecken, eine ölige Grube voller alter Kugellager, Kupplungsscheiben und Getriebeteile. Auf dem Parkplatz ein Stückchen weiter unten - neben dem grün angemalten Süßigkeitenkiosk, wo er jeden Tag um Viertel vier drauf wartete, daß die erste hellgelbe Scheibe Schulbus hinter der Straßenecke erschien, und ganz genau wußte, welche von den Highschool-Jungs für einen Penny gut waren - rosten sechs oder sieben alte Cords in verschiedenen Stadien von Verstaubung und Schrottreife vor sich hin.

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