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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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bildete.
    Buonaparte verlor eine monströse Schlacht bei Leipzig, zeigte trotz Unterzahl nochmals Geschick gegen den von Spanien anrückenden Wellington und seine englischen Truppen, verlor dann weiter, wollte zugunsten seines Sohnes abdanken, versuchte sich umzubringen, unterzeichnete schließlich die Kapitulation und wurde nach Elba gebracht.
    Lady Davy, die außer Formalitäten und Rang nichts akzeptierte, hasste und verachtete den jungen Faraday. Sie glühte vor Eifersucht und wurde nicht minder glühend zurückgehasst.
    Rom fand Faraday beeindruckend: Das Kolosseum stand für die Antike wie St. Peter für die Moderne. Das Kolosseum sei allerdings eine Ruine, und das sei in der Tat auch ganz Rom inklusive der Römer. Ganz unbegreiflich blieb ihm, »wie eine so kühne und streitbare Rasse, die den halben Globus erobert hat, in diese modernen, müßigen und verweichlichten Italiener degenerieren konnte«.
    Abbott fragte, wie die italienischen Frauen seien, auch so hübsch wie die englischen? Dass sie schmutzig seien, schrieb Faraday begeistert zurück: »Schamlos und hässlich, und daher mit den englischen nicht zu vergleichen.«
    Sie trafen Alessandro Volta, einen gesunden, alten Mann mit dem roten Ordensband und sehr freier Rede. Sie fuhren nach Genf, wo sie bei der von Faraday innig verehrten Jane Marcet, deren Konversationen zur Chemie ihn einst initiiert hatten, dinierten und Lady Davy in feinster englischer Artikulation darauf bestand, dass Faraday bei den Bediensteten in der Küche aß. Lady Davy überlebte überraschenderweise die Reise. Faraday wurde nicht gehenkt.
    Sie fuhren durch Deutschland, nach Venedig und wieder Richtung Rom, wo Faraday das Betteln als das Geburtsrecht der Italiener erkannte. In Florenz stellte er fest, dass die Frauen viel und breitbeinig auf den Pferden saßen. In der Toskana sah er, wie ein Mann für das Bewerfen von Soldaten mit Dreck bestraft wurde, indem man ihm die Hände hinter dem Rücken fesselte und ihn dann an ihnen mittels eines Galgens in die Höhe zog. Dreimal geschah das, vorsichtig, da es sich um kein großes Verbrechen handelte. In anderen Fällen breche man dem Täter die Schultern und mehr, erfuhr Faraday, und kurz darauf hörte er, dass der Papst diese Art der Bestrafung wegen Grausamkeit jetzt verboten hatte.
    In Rom sah Faraday, wie Lichtstrahlen eine Eisennadel magnetisierten, und fand das auf die schönste Weise der Welt rätselhaft: Licht und Magnetismus waren zusammen weniger als zwei grundverschiedene Sachen und zugleich mehr.
    Buonaparte floh von Elba und sammelte auf dem Weg nach Paris genug militärisches Gerät und Soldaten ein, um triumphal anzukommen. Alles bereitete sich auf neuen Krieg vor. Statt nach Konstantinopel fuhren die Davys mit ihren Dienern Meek und Faraday auf dem kürzesten Weg, über den Brenner und Brüssel, zurück nach London, worüber der Letztgenannte viel mehr als sehr froh war.

II
    Strom und Leben
    1 Frankenstein
    »Meine sehr liebe Mutter«, begann Faraday am 16. April 1815 in zügiger Handschrift, »mit nicht kleiner Freude schreibe ich dir meinen letzten Brief aus einem fremden Land, und ich hoffe, du hörst mit gleicher Freude, dass ich nur drei Tage von England entfernt bin.«
    Englischen Boden würde er betreten, noch bevor sie den Brief zu lesen bekäme. Noch musste er zwar vorsichtig sein, er glaubte es selbst nicht wirklich, bis er das Schiff bestieg, denn so schnell sich die Reisepläne zuletzt geändert hatten, so schnell konnten sie es wieder tun. »Ich weiß nicht einmal genau«, schrieb er für diesen Fall nach Hause, »weshalb wir so plötzlich heimkehren, dennoch bin ich froh, morgen nach Ostende zu fahren, um ein Boot nach Deal zu nehmen und dann, da sei ganz sicher, nicht kriechend in die Weymouth Street zu kommen, um folgen zu lassen, was ich mir tausendmal ausgemalt habe, oder, um genau zu sein, erfolglos versucht habe, mir auszumalen: wie es ist, dich wiederzusehen.« Es war der »kürzeste und süßeste Brief«, den er ihr je geschrieben hatte.
    Mehr als sie hielt, hatte er sich von der Reise versprochen. Schon im November, als er noch von mehreren bevorstehenden Reisejahren ausging, hatte er Abbott aus Rom wissen lassen, dass es wohl töricht gewesen sei, jene zu verlassen, die er liebte und die auch ihn liebten, für diese Zeit, die zwar unbestimmt war, aber doch lang. Und sich jederzeit in die Ewigkeit ausdehnen konnte. »Und was sind schon«, beschwerte er sich, »die prahlerischen Gründe dieser

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