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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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den Instrumenten zu lauschen, den Stimmen des Fagotts, der Violinen, der Klarinetten, Trompeten und dem Serpent. Er konnte nicht aufhören damit.
    Anfang Juni berichtet er von gewaltigem, dumpfem Kopfschmerz. Er wolle ihn beiseitewischen mit einem Brief. Er habe schon lange ein Thema im Kopf, das nun förmlich »herausbreche« aus ihm. Es fällt das Wort Konfusion .
    Er referiert über Vortragstechnik und Vortragsräume und hält frische Luft für eines der wichtigsten Elemente. Oft fühle er sich eingeengt zwischen den vielen Leuten und wünsche sich die Vorlesung am Ende, um herauszukommen, an die Luft ...
    London hatte er noch immer kaum verlassen. Zwölf Meilen
waren das Weiteste gewesen, soweit seine Erinnerung ihn nicht täuschte. Das war eine Distanz, die sich so plötzlich wie radikal verändern sollte: Viel frische Luft lag vor ihm.
    »Ich weiß, dass Sie gerne mitfahren möchten«, stellte sein Gönner drei Tage vor der Abreise nach Paris, Italien und Asien beiläufig fest. Davon konnte zwar keine Rede sein. Er wollte vielmehr im Labor arbeiten, gerne allein. Aber sagen konnte er das nicht.
    »Mein Diener hat abgesagt. Seine Frau droht mit Scheidung, behauptet er jedenfalls, ich glaube, er fürchtet sich vor ... na ja, wir sollten das nicht beurteilen.«
    Wieder dieses Lächeln!
    »Wir fahren am siebzehnten, das wissen Sie? Überübermorgen. Sie bekommen Ihre Stellung hier anschließend zurück, nehme ich an.«
    »Meine Mutter«, wollte Faraday sagen, aber Davy stand auf, sehr zufrieden mit sich, und schlug seinem neuen, überqualifizierten und augenblicklich noch stummen Diener freundschaftlich auf den Oberarm. Jetzt war er Diener. Der Tag des Dieners, so viel war gewiss, begann mit dem Nachttopf des Herrn. Da gab es, auch wenn es sich um zwei Chemiker handelte, nichts zu diskutieren. Davy hatte ja gesagt, die Geliebte sei rau. Verlass war also auf ihn. In Paris werde er einen Ersatz für den Diener finden, sagte Davy und: grinste.
    Drei Jahre sollte die Reise dauern, und drei verbleibende Tage kämpfte Faraday darum, seine Abneigung nicht gegen die Neugier gewinnen zu lassen, die ihn beim Gedanken an das Meer und die Berge anbetete mitzugehen : »Berge und Meer«, sagte er sich laut, wenn er Sir und Lady dachte, und sagte ganz ruhig vor sich hin: »Das Meer und die Berge.«
    Auch dieses Willensspiel gewann er. Dann verabschiedete er sich bei seiner Mutter, und selbstverständlich bewahrten beide beinahe die Fassung.
    8 Europa
    Die frische Luft tat ihm noch sehr viel besser, als er oder sonst jemand ahnen konnte. Er saß oben beim Kutscher, den Elementen ausgesetzt und mit freiem Blick auf die Schöpfung. Im Wagen die Herrschaften und Fräulein Meek, Lady Davys Dienerin, die alle zusammen nicht halb so viel sahen wie er. Am 15. Oktober 1813 erreichten sie Plymouth.
    Es sei nicht sehr als sein Verdienst anzusehen, schrieb Faraday in sein Reisejournal, dass schon auf dem Weg von London sich alle seine Ideen über die Natur der Erdoberfläche verändert hätten. Schneller als das Sehorgan es hätte beobachten können, habe sich die Landschaft verändert, ihre »bergige Natur« habe öfter, als das Auge folgen konnte, neue Formation und Objekte hervorgebracht. Seine Erwartungen an die Reise waren immens gestiegen.
    Die Kutsche wurde zerlegt und auf einem kleinen Boot verstaut. Beim Geldumtausch gab es Schwierigkeiten, denn der Jude wartete auf den Sonnenuntergang, und seine Frau ließ herabgelassene Jalousien nicht gelten.
    Schließlich segelten sie. Faraday an Deck, die anderen in der Kabine. Er entging so jeder Seekrankheit. Nachts beobachtete er Wasserwände, leuchtende Punkte und Körper darin.
    In Morlaix erreichten sie Feindesland. Sie mussten einen halben Tag warten, bis ein Offizier kam, der die Einreiseerlaubnis überprüfte, die von Buonaparte persönlich erteilt worden war. Als sie das Boot verlassen durften, wurden sie durchsucht. Nach Hause schreiben war nicht gestattet. Ohne jedes gute Gefühl sah Faraday das Boot ablegen und zurück nach England fahren.
    Im Ort gab es ein kleines Hotel, ein ausgesprochen armseliges Haus. Pferde und Schweine, alles, was laufen konnte, benutzte den Haupteingang. Das Essen war ungenießbar und wurde dann doch genossen.
    Auf dem Weg nach Paris mussten sie nach dem Sturz eines Pferdes eine Weile pausieren, um Schäden an der Kutsche zu reparieren. Faraday entdeckte zu seinem Entzücken ein Glühwürmchen, das er zerlegte, ohne gleich zu Erkenntnissen zu kommen.

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