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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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Seine Bewunderung erregten die Schweine, weil sie den Pferden eine oder zwei Meilen lang vorausrannten. Zuerst glaubte er gar nicht, dass es sich um ein Schwein handelte, da es sich vom englischen Schwein sehr unterschied. Erst bei der zweiten Kreatur dieser Art konnte er sich entschließen zu glauben, dass es sich »um ein reguläres Tier und nicht eine besondere Laune der Natur« handelte. Alle französischen Schweine waren am Ende, stellte er fest, gleich.
    In Paris war er unglücklich. Er musste sich einen Pass machen lassen, in einem »enormen Haus am Fluss, mit einer unendlichen Zahl von Büros«, in dem er nur gegen Bezahlung die Information erhielt, in welches Zimmer er müsse. Zwanzig Sachbearbeiter mit riesigen Büchern vor sich stellten die Papiere aus, auf die viele Leute warteten. Als Engländer hier aufzufallen, war das Mindeste.
    In den Büchern war er nicht zu finden. Französisch konnte er nicht. Aber schließlich und mithilfe eines übersetzenden Amerikaners bekam er, »rundes Kinn, brauner Bart, großer Mund und große Nase«, seinen Pass ausgehändigt.
    Sie blieben bis zum Ende des Jahres. Einmal kam André-Marie Ampère mit zwei Kollegen und einem Glas vorbei, in dem sich schwarze Flocken befanden. Im Gegenlicht schimmerten sie violett, und über der Flamme, so Ampère, »verdampft es, ohne erst flüssig zu werden«. Ob Davy nicht schauen wolle, was er dazu meine. Woher sie die Substanz hatten? Das wollten sie nicht sagen.
    »Ist doch viel spannender, wenn Sie gar nichts wissen«, meinte Ampère.
    Davy schwieg und beachtete statt des Glases nur seinen Kollegen. Seit zwei Jahren, so Ampère, versuche er, etwas darüber herauszubekommen.
    Und sein Kollege Nicolas Clément vervollständigte: »Wenn Sie nichts wissen, haben Sie es vielleicht einfacher.«
    Davys Geste sagte ohne Worte, welcher Unsinn diese Vermutung in seinen Augen war.
    »Man findet es im Süden in großen Mengen. Woher es kommt, ist unbekannt.«
    Davy sah von einem zum anderen, dann lächelte er Faraday an. »Es gibt genug davon«, sagte er, sich wieder Ampère zuwendend, »oder?«
    Der bestätigte, irritiert von der bloßen Wiederholung.
    Clément: »Gay-Lussac hat nichts gefunden.«
    Faraday zuckte bei dem Namen zusammen. Joseph-Louis Gay-Lussac hatte mit Alexander von Humboldt Sauerstoff und Wasserstoff im Verhältnis eins zu zwei zu Wasser verbrannt. Davy hielt ihn für den größten Chemiker der Franzosen, zweifellos ein Rivale nicht erst seit dem Streit um die Priorität bei den Alkalimetallen. Davy hatte nicht gezuckt.
    Dann holte Ampère einen kleinen Brenner heraus, eine Blechschale und erwärmte die Substanz, die sofort in einen tiefvioletten Rauch aufging.
    »Hübsch«, meinte Davy, ohne zu lächeln.
    Alle husteten. Faraday wurde gebeten, die Fenster zu öffnen.
    »Sie wollen nicht sagen, woher es stammt.«
    Ampère blickte Clément an, dann den zweiten Kollegen, Charles Bernard Desormes. Unbehagen machte sich breit.
    Davy zu Ampère: »Kommen Sie.«
    Ampère: »Es ist Krieg.«
    »Aber doch nicht zwischen uns, mein Freund.«
    Ampère sah zu Clément, der mit den Schultern zuckte, dann zu Desormes, der seinem Blick standhielt.
    »Ein Abfallprodukt beim Verarbeiten von Seetang.«
    Als ob das nichts bedeutete, hatte er das gesagt, und als ob er plötzlich nicht mehr verstünde, weshalb das ein Geheimnis sein sollte.
    Davy lächelte sein entwaffnendes, provozierendes, selbstsicheres und zufriedenes Lächeln, und Faraday freute sich zum ersten Mal darüber: Seine Seele jubelte. Die Franzosen sahen zum Boden und aus dem Fenster, kratzten sich an der Stirn, holten Luft, versuchten möglichst entspannt und wie unter Freunden zu wirken.
    »Lassen Sie mir das Glas hier, und geben Sie mir ein paar Tage. Dann beraten wir uns.«
    Davy klang wie ein Oberbefehlshaber, aber die Franzosen machten, was er wollte. Gut sichtbar fühlten sie sich unwohl, als sie einer nach dem anderen das Hôtel des Princes wieder verließen.
    Kaum dass die Franzosen auf der Straße zu sehen waren, bekam Faraday Anweisungen. Sie schütteten Ammonium über die Flocken, und es bildete sich ein schwarzes Pulver, das sie trockneten. Bei kleinster Erhitzung explodierte es: Schießpulver.
    Davy amüsierte das sehr. Ein Junge des Hotels erschien an der Tür und wollte durch den Rauch wissen, ob die Herrschaften gesund seien.
    »Selten ist es uns«, gab Davy sehr laut zurück, »besser gegangen.« Er scheuchte den Jungen fort.
    Nach zwei weiteren intensiven Wochen

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