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Die Entfuehrten

Titel: Die Entfuehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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Schwester sah ihn böse an. Jonas beschloss, es anders zu versuchen.
    »Ich dachte, ich hätte, äh, Schritte gehört«, sagte er. »Als ob noch jemand in der Toilette gewesen wäre. Aber es war niemand da, als ich aus der Kabine kam.«
    Erstaunlicherweise entsprach das fast der Wahrheit.
    »Hatte die Toilette vielleicht einen zweiten Ein- oder Ausgang?«, fragte seine Mutter.
    »Nein.«
    »Na, dann musst du dir die Schritte eingebildet haben, weil ich die ganze Zeit über draußen im Gang war«, sagte sie. »Und abgesehen von dir habe ich niemanden herauskommen sehen.«
    Jonas dachte nach. Das ergab keinen Sinn.
    »Hat Dad vielleicht jemanden gesehen?«, fragte er.
    »Wenn ich niemanden gesehen habe, Jonas, wie soll dann dein Vater jemanden gesehen haben? Es war niemand da!« Normalerweise war seine Mutter nicht so ungeduldig. Jonas konnte ihr anhören, dass sie wegen des Treffens mit Mr Reardon immer noch erschüttert war. »Warum ist das überhaupt so wichtig?«
    »Egal«, sagte Jonas und legte auf.
    Chip und Katherine starrten ihn an.
    »Dann muss es irgendeinen Geheimgang oder so etwas geben«, sagte er störrisch. »Unterirdisch vielleicht.«
    »Ach, und du glaubst, es wäre mir nicht aufgefallen, wenn dieser Typ aus einem geheimen unterirdischen Gang gekommen wäre?«, fragte Katherine sarkastisch.
    Jonas zuckte die Achseln. Auch er glaubte nicht, dass er in der Toilette einen Geheimgang übersehen hätte. Aber das würde er Katherine gegenüber nicht zugeben.
    »Die Bilder sind jetzt auf dem Computer«, erklärte Chip.
    Jonas war froh über diese Ablenkung.
    Auf dem ersten Foto, das erschien, waren Lippen zusehen.
    »Ups, das stammt von Rachels Übernachtungsparty«, sagte Katherine entschuldigend. »Molly hat das Handy geküsst. Sie wollte wissen, wie ihr Lippenabdruck aussieht.«
    »So was machen Mädchen wirklich?«, fragte Chip verblüfft.
    Jonas fand, dass Chip wirklich eine eigene Schwester gebrauchen könnte, damit er begriff, wie widerlich und dumm das alles war.
    Katherine blätterte die Fotos durch. Bei der ersten Aufnahme, auf der Text zu sehen war, hielt sie an.
    Zeugen
, stand ganz oben auf der Seite. Und weiter unten:
Angela DuPre, 812 Stonehenge Court, Tel. 513 - 555 0804 . . .
    »Du hast nur einen einzigen Namen?«, meckerte Jonas.
    »Der Rest ist auf dem nächsten Bild«, sagte Katherine. »Ich habe versucht, nach einem bestimmten Muster vorzugehen: sechs Fotos pro Seite, erst rechts, dann links, dann weiter runter . . .«
    Vermutlich sollte er beeindruckt sein, dass Katherine, nur Sekunden nachdem sie einen Geist gesehen zu haben glaubte, so methodisch vorgehen konnte, überlegte Jonas. Aber das würde er ihr mit Sicherheit nicht sagen.
    Die Aufnahmewinkel waren ein wenig verzerrt, sodassKatherine nur zwei Fotos mit vollständigen Namen, Adressen und Telefonnummern geschossen hatte, und zwei weitere Zeugen, deren Namen sie sich aus verschiedenen anderen Aufnahmen zusammenreimen konnten.
    Jonas spürte, wie ihn die Enttäuschung übermannte.
    »Was soll uns das nützen?«, fragte er. »Diese Leute könnten Zeugen für alles Mögliche sein. Wahrscheinlich haben sie nicht das Geringste mit mir zu tun, außer dass mich irgendein komischer Typ in einer Toilette auf den Arm nehmen wollte.«
    »Nein«, sagte Chip. »Sieh dir das mal an.«
    Chip hatte sich vor den Computer gesetzt und bearbeitete die Fotos, von denen er mehrere wie ein Puzzle zusammenschob.
    Das zweite Blatt in der Mappe war nicht mit
Zeugen
überschrieben. Seine Überschrift lautete:
Überlebende
. Und die letzten beiden Namen auf der Liste waren sehr vertraut:

    JONAS SKIDMORE
    CHIP WINSTON

Dreizehn
    »Schalt aus«, sagte Jonas.
    »Wa-was?«, stammelte Chip.
    Jonas trat so weit vom Computer zurück, dass die Worte nur noch wie verschwommene Schnörkel wirkten.
    »Ich will nichts mehr wissen«, sagte er.
    Er fühlte sich plötzlich überwältigt. Alles stürmte gleichzeitig auf ihn ein: die merkwürdigen Briefe; Mr Reardons Andeutung, er könne seine Staatsbürgerschaft verlieren und ausgewiesen werden; Katherine, die behauptete, einen Geist gesehen zu haben; und jetzt diese Listen mit Zeugen und Überlebenden – und seinem Namen schwarz auf weiß. Das machte es sehr wahrscheinlich, dass auch alles andere wahr sein könnte.
    »Können wir nicht noch mal von vorn anfangen? Bei ›He, Jonas, willst du versuchen, in die Basketballmannschaft zu kommen?‹«, flehte er. »Als ob es nichts Wichtigeres gäbe als das?«
    Chip und

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