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Die Entfuehrten

Titel: Die Entfuehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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jemand gefunden.«
    »Lass es gut sein«, sagte Jonas. »Sie waren nicht mehr da, als ich zurückkam.« Das jedenfalls wusste er genau.
    »Meinst du, Angela hat sie mitgenommen?«, fragte Chip.
    Jonas zuckte die Achseln, ohne daran zu denken, dass Chip ihn nicht sehen konnte.
    »Das würde uns auch nichts nützen«, sagte er. Er wollte keine Spekulationen darüber anstellen, wohin Angela mit den Unterlagen gegangen sein könnte. Da kam ihm ein neuer Gedanke. »Hat Katherine die Bilder nicht noch auf ihrem Handy gespeichert?«
    »Sie hat sie gelöscht, nachdem wir alles heruntergeladen hatten«, jammerte Chip. »Sie würden zu viel Speicherplatz belegen, hat sie gesagt, und sie hatte Angst, dass eure Eltern sie sehen könnten, weil eure Mutter sich manchmal das Handy ausleiht.«
    Das stimmte. Mom hatte in letzter Zeit Probleme mit dem Akku ihres eigenen Handys.
    Langsam begann Chips Verzweiflung Jonas anzustecken.
    »Dann haben wir von den Listen wirklich nichts mehr in der Hand?«, fragte er und klang nun ebenfalls leicht panisch. »Gar nichts mehr?«
    »Ich habe noch Daniella McCarthys Telefonnummer in meinem Handy gespeichert«, sagte Chip.
    »Sonst niemanden?«
    »Alle anderen habe ich von unserem Hausanschluss aus angerufen«, sagte Chip. »Katherine hat gesagt, es wäre gemein von mir, die ganzen Gesprächsminuten auf mein Handy zu packen.«
    Und du hast tatsächlich auf sie gehört?,
hätte Jonas am liebsten gebrüllt. Stattdessen kniff er die Augen zusammen. Bleib ruhig, ermahnte er sich.
    »Deine Eltern«, begann er langsam. »Wenn sie nicht darüber reden wollen, dass du adoptiert wurdest – glaubst du, sie könnten die Dateien gelöscht haben? Wenn du sie vielleicht fragen könntest . . .?«
    »Meine Eltern sehen nie auf meinem Computer nach«, sagte Chip bitter. »Sie kümmern sich nicht darum. Die Einzigen, die von den Dateien wussten, sind wir drei: du, Katherine und ich. Und ich habe keinem davon erzählt. Wie ist es mit dir und Katherine?«
    »Nein«, sagte Jonas automatisch. Doch er hatte die Augen immer noch geschlossen und es war, als würden seine Erinnerungen auf der Innenseite seiner Augenlider abgebildet: Er sah seine eigene Hand über ein Blatt Papier fahren und schreiben: »Sämtliche Informationenbefinden sich auf Chip Winstons Computer bei ihm zu Hause im Souterrain.«
    »O nein«, sagte Jonas. Er öffnete die Augen und sah sekundenlang sein eigenes entsetztes Gesicht im Garderobenspiegel. »Die Nachricht. Die Nachricht, die ich meinen Eltern hinterlassen habe, als wir zur Bücherei gefahren sind, für den Fall, dass uns etwas zustößt . . .«
    »Haben sie die gelesen?«, fragte Chip entsetzt. »Glaubst du, sie sind hergekommen und haben meine Daten gelöscht. Würden sie so etwas tun?«
    »Nein.« Trotzdem nahm Jonas das Telefon und rannte durch den Flur in sein eigenes Zimmer. Die Nachricht lag immer noch versteckt in der obersten Schublade seines Schreibtisches, direkt neben dem geheimnisvollen Brief:
VORSICHT! SIE KOMMENZURÜCK, UM DICH ZU HOLEN.
Er dachte daran, wie gelassen sein Vater wegen des Anrufs die Treppe hinaufgerufen hatte – sein Dad hatte die Nachricht nicht gesehen. Und seine Mutter war immer noch unterwegs und machte Besorgungen. Sie hatte sie ebenfalls nicht gesehen.
    Dann fiel ihm der Hausmeisterknabe in der Bücherei wieder ein, der unter dem Tisch gekämpft hatte, während Jonas aus dem Fenster geklettert war.
    Lauf, Jonas! Beeil dich! Und Jonas – ich habe deine Nachricht gesehen! Du musst vorsichtig sein! Pass auf, wo du Dinge hinterlässt, die man später finden kann . . . alles, was sich überwachen lässt
. . .
    »O nein«, stöhnte er. »Es war einer von ihnen.«
    »Von wem?«
    Jonas sah sich misstrauisch im Zimmer um. Es sah aus wie immer: das NB A-Poster hing ein wenig schief an der Wand, die blaue Überdecke war zerknittert, die Schranktür stand einen Spalt weit offen und seine Schuhe steckten halb drinnen, halb draußen. Es war alles ganz vertraut. Trotzdem war man inzwischen mindestens zweimal bei ihm eingedrungen, das wusste er. Die Luft schien förmlich zu prickeln vor Gefahr.
    Aber – drohte ihm wirklich in diesem Augenblick Gefahr? Wenn Menschen einfach nach Belieben irgendwo auftauchen konnten (und diesen Gedanken versuchte er immer noch zu vermeiden), warum schnappte ihn sich dann nicht einfach jemand, jetzt, in diesem Moment? Warum hatten sie ihn nicht gleich im Flugzeug mit zurückgenommen oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in seinem

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