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Die Entfuehrten

Titel: Die Entfuehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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»Wolltest du Mom wegen der Konferenz nicht was fragen, Jonas?«
    Er warf Katherine einen Blick zu, der klar besagte, dass er sie umbringen würde, wenn alles vorbei war. Dann sagte er zu seiner Mutter: »Äh, ja. Ich habe bloß überlegt, weil es Katherine so viel auszumachen scheint, dass sie
nicht
adoptiert ist, wäre es vielleicht gut, wenn sie auch zu dieser Konferenz mitkommt. Damit sie feststellen kann, was ihr alles erspart geblieben ist, dadurch dass ihre echten Eltern verrückt genug waren, sie behalten zu wollen.«
    »Oh, Jonas, das ist wohl kaum der richtige Blickwinkel«, widersprach Mom, während Katherine gleichzeitig rief: »Au ja, darf ich mit auf die Konferenz? Das wäre toll!«
    Mom warf Jonas einen kritischen Blick zu.
    »Ist das dein Ernst?«, fragte sie.
    Es fiel ihm nicht leicht, ihr mit ungerührter Miene zu versichern: »Ja. Katherine möchte mit auf die Konferenz und ich will auch, dass sie mitkommt.«
    »Darf ich? Bitte?«, bettelte Katherine.
    Mom seufzte.
    »Manchmal kann ich euch beide wirklich nicht verstehen«, sagte sie.
    Hinter dem Rücken ihrer Mutter gab Katherine Jonas mit einer Kopfbewegung zu verstehen:
Du bist dran. Mach die Sache perfekt!
    »Dann darf sie also mitkommen?«, hakte Jonas nach und bemühte sich, ein möglichst unschuldiges Gesicht zu machen.
    »Ich denke schon«, sagte Mom. »Auch wenn ich absolut nicht verstehe, warum ihr das wollt.«
    Katherine schlang die Arme um die Schultern ihrer Mutter.
    »Danke, Mom«, sagte sie. »Denk einfach dran: Nächstes Jahr bin ich auch ein Teenager und dann bringen wir dich erst richtig durcheinander!«

Fünfundzwanzig
    Die nächsten Wochen schienen kein Ende nehmen zu wollen. Weder Chip noch Jonas erhielten weitere geheimnisvolle Briefe. Weder sie noch Katherine sahen irgendjemanden aus dem Nichts auftauchen oder sich in Luft auflösen. Wenn sich die Flugzeuge in Jonas’ Bauch nicht rapide vermehrt hätten, je näher der 28. Oktober rückte, hätte er fast glauben können, sein Leben habe sich wieder normalisiert. Er schrieb einen weiteren Test in Sozialkunde, diesmal über Mesopotamien und Babylon. Er besuchte eine Infoveranstaltung, um sich über die Qualifikationsspiele der Siebtklässler für die Basketballmannschaft zu erkundigen. Er nahm an einem Pfadfinderlager teil, bei dem es das ganze Wochenende über regnete und zwei Kinder Bronchitis bekamen und die ganze Nacht husteten, bis die Leiter das Handtuch warfen und um fünf Uhr morgens ihre Eltern anriefen.
    Katherine und Chip ließen nicht locker.
    »Ich habe herausgefunden, warum du und Chip in verschiedenen Bundesstaaten adoptiert wurdet«, erklärteKatherine eines Abends, als Jonas sich gerade die Zähne putzte.
    »Und warum?«, fragte Jonas, den Mund voller Zahnpasta.
    »Denk nach«, sagte Katherine, die vor dem Badezimmer herumlungerte. Sie sprach leise, als habe sie Angst, die Eltern könnten sie unten hören. »Es waren sechsunddreißig Babys. Wenn Mr Reardon euch allesamt bei der gleichen Adoptionsagentur abgeladen hätte, oder meinetwegen auch in mehreren Adoptionsagenturen in der gleichen Stadt, hätte das eine Menge Gerede gegeben. Aber wenn man ein Baby nach Michigan schickt, eins oder zwei nach Chicago, eins oder zwei nach Indianapolis . . . dann ist das nicht so auffällig. So viele ausgesetzte Babys könnte es in mehreren Städten durchaus gleichzeitig geben.«
    Jonas spuckte aus und beugte sich tief über das Waschbecken, damit sie nicht sah, wie sehr ihn das Wort »ausgesetzt« verletzte.
    Ich bin nicht ausgesetzt worden, hielt er sich vor Augen. Ich wurde geschickt. Mit einem Flugzeug.
    Aber war das besser oder schlechter, als ausgesetzt zu werden?
    »Und glaubst du, Mr Reardon weiß, warum man uns jetzt alle wieder zusammenruft?«, fragte er, obwohl er sich damit nur auf andere Gedanken bringen wollte. »Steckt er hinter dem Treffen? Oder HK? Oder F? Mr Reardon hatte sämtliche neuen Adressen der Kinderin Liston, Clarksville und Upper Tyson. Hat
er
die arme Daniella McCarthy zwingen wollen, in Zukunft in der Robin’s Egg Lane zu leben?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Katherine und spielte mit einer Haarsträhne. »Ich bin mir nicht mal sicher, ob Mr Reardon von der Liste der Überlebenden wusste.«
    »Sie lag auf seinem Tisch«, sagte Jonas.
    »Aber HK hat sie dort hingelegt«, erwiderte Katherine, »nicht Mr Reardon.«
    Jonas fuhr mit der Zahnbürste ungewöhnlich heftig hin und her. Er spuckte wieder aus.
    »Katherine, das alles ist ein

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