Die Entfuehrung
Die seitlichen Luftlöcher schienen ausreichend zu sein. Kristen lag absolut still, kein Grund zur Sorge.
»Du willst doch nach Hause, stimmt's?« fragte er. Sie nickte.
»Du willst doch wieder in Sicherheit sein, oder?«
Sie nickte noch einmal.
»Dann sei ein braves Mädchen und bleib da auf dem Boden liegen. Rühr dich nicht vom Fleck. Und gib keinen Mucks von dir.« Er klappte den Deckel herunter, deckte die Kiste mit der Plane zu und warf einen Blick auf die aufgestapelten Eimer um sie herum. »Und egal, was du machst«, sagte er grinsend, »zünd kein Streichholz an.«
Bis achtzehn Uhr waren die Medienbusse in den Rock Creek Park eingefallen, um Live-Reportagen zu senden. Aus Hubschraubern springende SWAT-Agenten und wilde Spekulationen im Polizeifunk hatten dafür gesorgt, dass die Geschichte schnell bekanntgeworden war.
Allison und Harley saßen immer noch im FBI-Van, als der Einsatzleiter des SWAT-Teams über Funk Nachrichten über den ermordeten Stallbesitzer durchgab. Allison empfand für den alten Mann einen Anflug von Trauer, die sich in Wut verwandelte und danach in Angst. Der Gedanke, dass sie gerade mit dem Mörder des Alten gesprochen hatte, ließ sie frösteln. Er hatte so beherrscht und unglaublich kühl geklungen -ohne das geringste Anzeichen von Schuldgefühl darüber, dass er ein Menschenleben ausgelöscht hatte.
Harley und Allison verließen den Van und huschten durch den Regen in ein nicht gekennzeichnetes Fahrzeug. Sie waren bereits auf der Massachusetts Avenue, bevor die Medienleute überhaupt mitbekommen hatten, dass Allison im Park mit dabei gewesen war.
»Wo fahren wir hin?« fragte sie.
Als sie sich dem DuPont Circle näherten, fuhr Harley langsamer. »Wir brauchen etwas Zeit, um unsere Leute bis neun Uhr neu einzuteilen. Wir sollten zur Einsatzzentrale fahren, die wir für heute Nacht eingerichtet haben. Sie ist nur einen Block entfernt von dem Hotel, wo Sie das Lösegeld übergeben sollen. Von außen sieht es immer noch aus wie ein leer stehendes Ladenlokal, so dass niemand was ahnt. Im Moment ist dies wahrscheinlich der einzige Ort in Washington, an dem Sie unbemerkt auftauchen können.
»Wie wollen Sie mir das Lösegeld bringen, damit ich es übergeben kann?«
»Es liegt noch im Tresor im Hauptquartier. Ich werde es von jemandem holen lassen, sobald wir in der Einsatzzentrale sind.« Sie nickte.
»Es wird schwierig sein«, sagte Harley, »diese Geschichte verborgen zu halten. Es gibt die Parkwächter, die städtische Polizei, die Leute von der Gerichtsmedizin, das FBI. Eine Menge Möglichkeiten, dass etwas durchsickert. Mit großer Sicherheit weiß die Presse längst, dass zwei Leute tot sind. Binnen einer Stunde werden sie auch wissen, dass einer der beiden Ihr Ehemann ist - egal, wie sehr wir uns auch bemühen, den Deckel draufzuhalten.« »Es ist mir auch nicht wichtig, dass es geheim bleibt.« »Was ist Ihnen denn wichtig?«
»Emily zu finden. Und Kristen Howe sicher zurück nach Hause zu holen.«
Er nickte. »Ich habe über den letzten Anruf nachgedacht. Irgendwie ist es interessant, dass der Entführer, nach allem, was im Park gerade geschehen ist, immer noch an seinem Plan festhält und ins Hotel kommen will.« »Was meinen Sie mit interessant ?« »Es bringt mich einfach zu der Annahme, dass er einen ziemlich ausgefuchsten Plan haben muss. Egal, was passiert, er wird den Treffpunkt nicht ändern. Sie müssen ihn um neun im Hyatt treffen.« »Ist das gut oder schlecht ?«
»Sowohl als auch. Auf der einen Seite haben wir Zeit, die Dinge zu überprüfen. Agenten von uns sind als Hotelangestellte verkleidet. Sie haben unauffällig das Hotel und die Umgebung inspiziert, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist. Keine Sprengsätze, keine Briefbomben und so weiter. Auf der anderen Seite muss es einen Grund geben, warum er sich diesen speziellen Ort ausgesucht hat.«
»Wollen Sie mir wieder einmal klarmachen, dass diese Geschichte zu gefährlich für mich ist?«
Er hielt an der Ampel und sah sie an. »Er hat Ihnen erlaubt, eine Verkleidung zu tragen, Allison. Das würde es für uns leichter machen, ein Double zu benutzen, wenn Sie wollen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Diese Sache liegt jetzt noch mehr als zuvor in meiner Verantwortung. Selbst wenn es stimmen sollte, dass Peter die Entführer beauftragt hat, Kristen unbehelligt zurückzubringen, bleibt die Tatsache, dass sie in seinem Auftrag handeln. Es erinnert mich an das Beispiel aus dem Jurastudium - man kann
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