Die Entfuehrung
nicht mit einer Bazooka in die Menge feuern und nachher sagen, tut mir leid, Leute, aber ich hatte wirklich nicht vor, jemanden zu verletzen.«
Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Sie fühlen sich also verpflichtet, Ihr Leben für Kristen Howe aufs Spiel zu setzen, weil sich herausgestellt hat, dass Ihr Ehemann ein Psychopath war?«
»Zum Teil schon«, sagte sie. »Aber hauptsächlich deshalb, weil Emily immer noch meine Tochter ist.«
Die Ampel zeigte Grün. Harley gab Gas. »Wissen Sie, Allison, nur zwei Menschen haben Peters Geständnis gehört. Wir beide. Die Medien mögen ja herausfinden, dass Ihr Mann getötet wurde. Nur sehe ich keinen Grund, warum sie erfahren sollten, dass Ihr Mann hinter der Entführung steckt. Natürlich werden wir einen Bericht anfertigen müssen. Aber das muss ja nicht mehr heute Abend passieren.«
»Danke. Aber es gibt einen Menschen, der es heute Abend noch erfahren wird.«
»Wer?«
»Tanya Howe«, sagte sie und starrte auf die Regentropfen auf der Windschutzscheibe. »Es wird Zeit, dass ich ihr mitteile, wer ihre Tochter entführt hat.«
56
General Howe lehnte sich in seinem Ledersessel zurück, als der Pilot die Aufforderung: »Bitte anschnallen« ausschaltete. Die Stimmung unter seinen Mitarbeitern hinten im Wahlkampf-Jet war ausgelassen, aber Howe wollte sich ausruhen. Er schaltete die Leselampe aus und schaute aus dem Fenster, um den Ausblick zu genießen. Washington war erleuchtet, es sah schön aus von oben. Wie er so vom Himmel herunterblickte, fühlte sich Howe schon fast wie der liebe Gott. In wenigen Stunden würde er diese Stadt besitzen.
Das Telefon neben ihm klingelte. Er nahm sofort ab. Es war sein Manager.
»Ich habe hier eine ganz große Sache«, sagte LaBelle. Howe nippte an seinem Dewars mit Soda. »Was ist los, Buck?«
»Es kommt gerade über die Agenturen. Offensichtlich hat Leahy so gegen siebzehn Uhr ein weiteres Stelldichein mit dem Entführer gehabt. Dieses Mal im Rock Creek Park.«
Howe saß wie angewurzelt da. »Was zum Teufel ist in diese Frau gefahren?«
»Gott sei Dank war es wieder ein Desaster. Der Entführer ist entkommen. Ein alter Mann, der einen Reitstall betreibt, ist umgelegt worden. Noch ein weiterer Bursche ist tot. Es könnte Allisons Ehemann sein.«
»Ihr Ehemann?«
»Ja. Bisher ist es nur ein unbestätigtes Gerücht.«
»Das ist ja schrecklich«, sagte der General
»Was Sie nicht sagen. Damit könnte sich der Sympathiefaktor wieder zu ihren Gunsten auswirken.«
Howe wurde wütend. Die Art und Weise, wie LaBelle den Tod von Allisons Mann auf eine politische Ebene reduziert hatte, erschreckte ihn - aber nur einen Moment lang. »Was können wir machen, Buck?«
»Jetzt ist es nötiger denn je, dass Sie im Fernsehen ihre Position zur Lösegeldzahlung revidieren. Wir müssen weiterhin dafür sorgen, dass die Menschen an Ihre Enkelin denken. Natürlich ist es schlimm, was Allisons Ehemann passiert ist. Aber wir müssen die Wähler daran erinnern, dass immer noch das Leben eines kleinen Mädchens auf dem Spiel steht.«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich es mache, sobald Sie O'Brien gefunden haben. Es macht mich nervös, dass das FBI ihn sucht.«
»Sir, ich kann das verstehen. Und ich weiß auch nicht, warum das FBI nach ihm sucht. Aber niemand kann ihn finden. Meine Detektive sagen mir, dass eine Marinepatrouille wohl sein Segelboot gefunden hat und dass es da Blutspuren gab. Vielleicht handelt es sich ja um ein Verbrechen oder um Selbstmord. Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass O'Brien nichts mit Ihrer Entscheidung, das Lösegeld zu zahlen, zu tun hat.«
Howe senkte die Stimme, so dass niemand mithören konnte. »Verdammt, Buck. Wir müssen bedenken, wie diese Sache in der Öffentlichkeit wirkt. Sehen Sie sich doch mal die Serie von Ereignissen an. Zuerst kommt O'Brien zu uns und erzählt uns, er hätte mit Allison Leahy geschlafen. Dann versagt er am Lügendetektor. Schließlich verschwindet er. Jetzt erzählen Sie mir, dass es Blutspuren auf dem Segelboot gibt. Das hört sich fast schon an, als hätte jemand ihn umgebracht.
» Gut möglich.«
»Und was ist, wenn die gleichen Leute, die ihn getötet haben, auch Kristen entführt haben? Was ist, wenn das alles in ein paar Wochen oder Monaten herauskommt? Was werden die Amerikaner denken, wenn ich plötzlich sage, dass ich meine Meinung geändert habe und jetzt doch bereit bin, diesen Verbrechern eine Million Dollar zu zahlen?« »Ich weiß nicht, was sie denken
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