Die Entscheidung
bestätigte Enzo ihre Befürchtungen.
Nella breitete die Arme aus. „Als ich sie gesehen habe, hatte ich das Gefühl, dass sie zu Blanche gehört. Ich meine, obwohl sie die Kleinste des Wurfs ist, hat sie Furcht einflößend gefaucht und die anderen weggebissen.“
Enzo schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Und wie heißt sie?“
„Ich habe sie Leonie getauft, weil sie wie eine kleine Löwin aussieht. Findest du nicht?“
„Absolut. Ein guter Name, aber jetzt wird geschlafen.“
Sie nickte und schlüpfte unter die Decke. Enzo gab ihr einen Kuss auf Stirn, Lider und Schläfe, dann verschwand er mit Leonie in der Armbeuge und zog sich ins Arbeitszimmer zurück – die Tür ließ er einen Spaltbreit offen, was sie beruhigte. Sie hasste verschlossene Türen, das war, als würde er sie ausschließen.
Während sie noch darüber nachgrübelte, warum er nicht böse auf sie war, holte ihre Erschöpfung sie ein und zog sie in die Tiefe eines traumlosen Schlafs.
*
Enzo konnte sehr überzeugend sein, aber wenn er Bitte sagte, konnte man ihm kaum widerstehen. Obwohl es zwei Uhr morgens war, stiegen Andrej und Blanche zusammen mit den restlichen Überlebenden in den zweiten Heli, einen EC 155 Truppentransporter, der mehr als ein Dutzend Passagiere aufnehmen konnte. Nachdem sie auf dem Dach des Kasinos gelandet waren, wurden die verletzten Männer in die unterirdische Krankenstation gebracht, wo sie von fachkundigem Personal zusammengeflickt wurden. Auf Andrej wartete eine aufgelöste Cam, die ihm mit ihrer Bärenumarmung beinah die Luftzufuhr abschnitt.
Blanche nutzte das allgemeine Durcheinander, verkrümelte sich in ihr altes Quartier im dritten Untergeschoss und nahm eine heiße Dusche. Das war ein verrückter Tag gewesen. Das einzig Gute daran war, dass sie heute weniger als üblich an Beliar gedacht hatte, also gefühlte zweihunderttausend Mal. Der Vorteil eines prall gefüllten Terminkalenders: Man hatte alle Hände voll zu tun, am Leben zu bleiben, und weniger Zeit, über das Leben an sich und die Ungerechtigkeit der Welt zu jammern.
Nachdem sie im Mannschafsquartier eine Kleinigkeit zu sich genommen hatte, machte sie sich zu Enzos Arbeitszimmer auf. Mittlerweile war es drei Uhr morgens, doch sie fühlte sich kein bisschen müde. Da Nella so viel an dem dämlichen Köter lag, hatte sie sich in einem unbeobachteten Augenblick mit dem Uzi Messer ins Handgelenk geschnitten und ihm Blut auf die Wunden geträufelt. Bei Beliar hatte diese Nummer jedes Mal wie ein Wunderheilmittel gewirkt, von daher konnte es dem Hund nicht schaden. Zumindest hoffte sie das.
Wie immer trat sie , ohne zu klopfen , in Enzos Büro. Für den Respekt-Scheiß, auf den er so viel Wert legte, war sie nicht in Stimmung. Er schien nichts anderes von ihr zu erwarten, denn als sie eintrat, beendete er sein Telefonat, und deutete auf die Stamford - Sitzgruppe vor dem Kamin. Sie ließ sich auf das Sofa fallen und blickte ins flackernde Feuer, während er ihr gegenüber im Ohrensessel Platz nahm. Eine Weile schwiegen sie, schließlich räusperte er sich und sagte:
„Was du heute für mich getan hast, werde ich nicht vergessen, Blanche.“
Sie rollte mit den Augen und blies sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich bin nicht hier, um mir deinen Pathos-Schmalz anzuhören.“
„Das ist mein Ernst.“
„Meiner auch“, blaffte sie, riss den Blick von den knackenden Holzscheiten los und sah ihn an. „Raus damit, was willst du?“
Seufzend schüttelte er den Kopf. „Nicht mal danken kann man dir, ohne dass du dir deine impertinenten Kommentare verkneifst.“ Er füllte ein bauchiges Glas mit Rotwein und brummte: „Trinken möchtest du natürlich auch nichts, eh?“
„Gegen einen Espresso hätte ich nichts“, sagte sie und schlug die Beine übereinander, während sie ihn herausfordernd ansah.
Enzo griff zum Hörer, bellte einen Befehl, und widmete ihr wieder seine Aufmerksamkeit. „Ich frage mich schon eine ganze Weile, was du von deinem Leben erwartest, Blanche.“
„Was soll diese Frage?“
„Jeder will etwas, was ist es bei dir?“
„Verflucht noch mal, das nervt jetzt. Spuck aus, was du willst, und geh mir nicht mit deinen Kalendersprüchen auf den Keks.“
Abermals schüttelte er den Kopf, als wollte er ein unartiges Kind tadeln. „Ich hatte Gelegenheit, dich in den letzten Wochen zu beobachten, mittlerweile kenne ich deinen Stil. Du bist aufgeflogen, weißt du?“
Sie hob eine Braue, schwieg jedoch. Wenn er Spielchen
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