Die Entscheidung
spielen wollte, konnte er das ohne sie tun.
„Dein stacheliges Gehabe, deine Sprüche, das ganze comportamenti , wie heißt das noch gleich? Egal. Das bist nicht du. Das ist bloß eine Rolle, mit der du Außenstehende beeindrucken willst. Ich habe lange gebraucht, das zu durchschauen, dafür entschuldige ich mich, aber bei dem ganzen cazzate der letzten Wochen …“ Er machte eine wegwischende Handbewegung. „Jetzt weiß ich es jedenfalls besser, und ich frage dich, Blanche, was willst du vom Leben?“
Sie seufzte und blickte wieder ins Feuer.
„Ist es Geld?“, hakte er nach.
Unwillkürlich dachte sie an die Millionen, die Wayne ihr vermacht hatte.
„Nein, ich glaube nicht“, beantwortete er seine eigene Frage. Anscheinend wusste er von Waynes Vermögen, was Sinn machte, schließlich war er einer seiner Auftraggeber. Er nahm einen Schluck Wein und schwenkte das Glas, bis sich rosa Schlieren am Rand bildeten.
„Macht?“
Darauf schnaubte sie. Mit Macht konnte sie nichts anfangen.
„Auch das ist keine Überraschung.“
Wenn er sowieso alles wusste, weshalb fragte er dann? Da sie keine Ahnung hatte, was sie sagen sollte, schwieg sie, bis er abermals das Wort ergriff.
„Was hast du mit deinem Leben vor, Blanche?“
Sie warf die Hände in die Luft und rief: „Das weiß ich nicht, verdammt noch mal!“
Er nickte, als hätte er nichts anderes erwartet.
Blödmann.
„Dann wird es Zeit, es herauszufinden, mia leonessa.“
Die Tür öffnete sich und ihr Espresso wurde serviert – perfektes Timing. Nachdem der Bodyguard wieder verschwunden war, fuhr Enzo ungerührt fort.
„Ob es dir gefällt oder nicht, aber ich stehe in deiner Schuld, Blanche. Zusammen mit deinem Freund hast du heute Nacht ohne Auftrag dreißig meiner Feinde niedergemacht und Nella vor dem sicheren Tod gerettet. Glaubst du, ich würde so etwas vergessen?“
Da sie die Augen verdrehte, fuhr er leiser fort.
„Ich weiß, dass du Nella gernhast. Das ist auch ein Grund, warum ich nicht mit ansehen werde, wie du dein Leben wegwirfst. Du bist jung, schön und extrem talentiert. Aber ich glaube, das Töten bereitet dir keine Freude – falls es das jemals getan hat.“ Er nahm einen Schluck Wein, ohne sie aus den Augen zu lassen und ergänzte: „Weißt du, nur weil man bei einer Sache eine besondere Begabung hat, heißt das nicht, dass man sie ein Leben lang ausüben muss. Hast du dir mal überlegt, etwas anderes zu tun?“
Statt ihn anzugiften, wie sie es normalerweise getan hätte, schloss sie die Augen und atmete den Espressoduft ein, bevor sie einen Schluck nahm. Wie von selbst wanderten ihre Gedanken zu Beliar, deswegen hatte sie das Zeug schließlich bestellt, oder?
Wie auf ein Stichwort fragte Enzo: „Was ist eigentlich aus diesem Dämon geworden, der dir auf Schritt und Tritt gefolgt ist?“
Na toll, besten Dank auch, Blödissimo! Sie warf die Tasse in den Kamin und stand auf. „Ich hab genug von deinem Gesülze.“ Die Klinke war bereits in ihrer Hand, als seine leise Stimme sie zögern ließ.
„Ich war mal wie du, musst du wissen. Überzeugt davon, dass mir nichts und niemand etwas anhaben kann. So etwas anzunehmen, war schon damals arrogant, doch ich war jung und ungemein von mir überzeugt. Ich war auch einsam und sehr, sehr bitter.“
Sie hielt inne, ohne sich umzuwenden.
„Nachdem mich meine Frau betrogen hatte, glaubte ich nicht, dass ich noch einmal einem Menschen erlauben würde, mich so tief zu verletzen. Ich meine, seien wir ehrlich, Blanche, in unserem Gewerbe ist Vertrauen Mangelware, eh?“
Leise stieß sie die Luft aus und lehnte die Stirn gegen das kühle Holz der Tür.
„Und wenn man jemanden geliebt hat, und erfährt durch diese Person einen Betrug, trägt das nicht dazu bei, dass es die nächste Beziehung leichter hat, wenn es überhaupt dazu kommt“, fuhr er mit ruhiger Stimme fort.
„Was willst du von mir“, flüsterte sie gegen das Holz.
„Du stehst unter meinem Schutz, Blanche, damit bist du Teil meiner famiglia . Ich bin für dich verantwortlich, capito?“
Er stand auf und kam auf sie zu, als würde er sich einem angeschossenen Löwen nähern. „Ob du es glaubst oder nicht, ich weiß, wie du dich fühlst.“
„Ach ja, und wie fühle ich mich?“ Bei dieser Steilvorlage kam sie nicht umhin, den Sarkasmus abzustellen. Langsam drehte sie sich um und betrachtete ihn lauernd.
„Du hast Angst.“ Er stand ihr gegenüber und streckte den Zeigefinger aus, als wollte er ihn gegen
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