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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
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ihre Brust tippen. „Alles, was du tust, basiert auf Furcht. Du möchtest nicht verletzt werden, deswegen schlägst du zuerst zu. Dennoch hat dich jemand verletzt, und nun bist du im Begriff, dichtzumachen, und zwar tutto .“ Er ergriff ihre Schultern und schüttelte sie leicht, was sie überraschte. Normalerweise vermied er es, sie zu berühren.
    „Das ist nicht das Leben, das Wayne für dich vorgesehen hat.“
    Das reichte.
    Sie schlug seine Hände fort und trat zur Seite. Der auflodernde Zorn brannte Löcher in ihre Eingeweide.
    „Was Wayne für mich gewollt hat, werden wir wohl nie erfahren, oder? Er ist tot, also spar dir deine lahmen Sprüche für jemanden, der sie auf Kissen stickt.“
    Dann tat Enzo etwas Unerwartetes. Er schloss die Lücke zwischen ihnen, bis er Nase an Nase vor ihr stand, und ergriff ihre Hand.
    „Das mit Wayne …“ Er schüttelte den Kopf. „Er war ein guter Mann, verlässlich und loyal. Von seinem Tod zu erfahren, hat mich schwer getroffen, das kannst du mir glauben. Dennoch ist mir bewusst, dass das nichts ist, verglichen mit dem Schmerz, den du empfunden haben musst, mia ragazza.“ Er legte die freie Hand auf ihre Wange, und für einen Moment verschlug es ihr die Sprache.
    „Jeder trauert auf seine Weise um geliebte Menschen“, fuhr er leise fort, ohne die Hand zurückzuziehen. „Es ist in Ordnung, weißt du? Du hast jedes Recht, wütend zu sein, ich verstehe das.“ Obwohl es eigentlich nicht möglich war, trat er noch näher zu ihr, beugte sich über ihr Ohr und flüsterte: „Du kannst jetzt loslassen, mia piccola, wir sind allein.“
    Plötzlich quollen ihre Augen über, als hätten sie einen eigenen Willen.
    Wie hatte er das gemacht? Wie konnte er sie mit wenigen Worten derart aus der Fassung bringen?
    Statt sich zurückzuziehen, zog er sie in die Arme und wiegte sie wie ein Kind, während sie leise an seiner Schulter schluchzte.
    „Ich weiß ja nicht, wer dieser geflügelte Riese ist, aber so, wie er sich verhalten hat, liegt ihm eine Menge an dir.“
    Falls sie das beruhigen sollte, war er auf dem Holzweg. Immer mehr Tränen bahnten sich einen Weg in die Freiheit, und es gab nichts, was sie dagegen tun konnte. Wenn sie daran dachte, dass sie in den letzten zehn Jahren keine einzige Träne vergossen hatte, war sie in den vergangenen Wochen zu einer Heulsuse mutiert. Wie es aussah, hatte Waynes Tod sie mehr aus der Bahn geworfen, als sie sich eingestehen wollte. Seit er aus ihrem Leben verschwunden war, hatte sie sich in einen hohlen Zombie verwandelt. Einzig Beliar bewahrte sie vor dem freien Fall, doch nachdem er sang- und klanglos verschwunden war, hatte sie jeden Halt verloren. Jetzt war es sogar noch schlimmer als nach Waynes Ermordung. Sie wusste, dass sie zur Liebe fähig war, hatte sie jedoch verloren, bevor sie ihre Entdeckung mit Beliar teilen konnte.
    „Ich bin kein Experte in Liebesdingen“, unterbrach Enzo ihre wirren Gedanken. „Aber ich bin nicht blind. Dieser Dämon liebt dich mit einer Inbrunst, die an Besessenheit grenzt.“
    „Aber jetzt ist er weg“, schluchzte sie und schlug die Hände vors Gesicht.
    „Shhhhhh“, machte er und führte sie zurück zur Sitzgruppe. „Falls er dich verlassen musste, dann sicher nicht, weil das seinem Wunsch entsprach.“
    Nachdem er sie auf das Polster gedrückt hatte, nahm er neben ihr Platz und putzte ihre Nase, als wäre sie drei Jahre alt. Danach schenkte er ihr ein Glas Wein ein und wartete, bis sie es geleert hatte. Als sie das zweite Glas runterspülte, spürte sie erstmals, wie erschöpft sie war. Ihre Lider wurden schwer, also schloss sie sie und lehnte sich gegen das Rückenpolster. Enzo sagte etwas, das sie nicht verstand. Dann hob er ihre Füße an, bis sie sich in der Horizontalen befand. Eine Decke wurde über sie gelegt, und ihr System schaltete ab.

9
     
     
    A ls Blanche erwachte, war das Feuer runtergebrannt und ein trüber Tag grüßte sie durch eine dichte Wolkendecke. Stimmen drangen durch den Gang ins Arbeitszimmer, die lautere kam ihr bekannt vor. Langsam erhob sie sich und blickte auf die Kaminuhr. Ungläubig blinzelte sie und stand auf. Vier Uhr nachmittags? Sie hatte zwölf Stunden geschlafen. Als das Gemurmel in Gezeter umschlug, kam ein Wachposten dazu, was Cam jedoch nur noch mehr aufzubringen schien. Mittlerweile konnte sie auch die zweite Stimme identifizieren, Andrej, der in eine n hitzigen Streit mit ihrer ehemaligen Freundin verwickelt war.
    So viel zur Wiedersehensfreude.

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