Die Entscheidung
ist wichtig“, grollte er, ohne Sergej aus den Augen zu lassen, der alles andere als glücklich über die Unterbrechung wirkte.
„Wir haben ein Problem.“
„Erzähl mir mal was Neues!“
Eine kurze Pause entstand, bis Lucas mit leiser Stimme ergänzte: „Nella ist hier, Chef.“
Enzos Blut gefror zu Eiswasser. Mit einer Hand stützte er sich an den Fliesen ab, während er angestrengt an einem Pokerface arbeitete.
„Bist du sicher?“ Natürlich war er das, dennoch konnte er die Frage nicht zurückhalten. Lucas würde ihn nicht anrufen, wenn er nicht hundertprozentig überzeugt wäre.
„Si, ihren Köter würde ich überall wiedererkennen. Sie und Marcel sind bei den Gleisen.“
Dannazione!
*
„Schon klar, ich hab’s kapiert“, murrte Blanche und kreuzte die Arme vor der Brust. So schwer war das schließlich nicht, oder? Der Westen öffnete das Tor, der Norden hielt es offen, der Osten sorgte dafür, dass niemand rauskam und der Süden schloss es wieder, kein Problem.
„Aber was zum Geier tue ich?“
„Du wartest“, sagte Beliar mit ruhiger Stimme und trat auf sie zu. Sie hatten sich gemäß den Himmelsrichtungen aufgestellt, die sie vertraten, mit ihr in der Mitte. Andrej, der Süden, stand hinter ihr, Beliar vor ihr, Tchort zu ihrer Rechten und Aestaroh zu ihrer Linken.
„Auf was?“
Der Herr des Westens stieß ein ungeduldiges Knurren aus und trat auf sie zu.
„Auf die vier Elemente, worauf denn sonst?“
Sie hasste es, wenn man sie wie eine Idiotin behandelte, was selten genug vorkam. Doch Aestaroh hasste sie aus keinem bestimmten Grund. Sie kannte ihn gerade mal zwei Minuten, aber in dieser kurzen Zeitspanne entpuppte er sich als nervige Heulboje, die sich über alles und jeden beschwerte. Davon abgesehen sah er wie eine verbrutzelte Heuschrecke aus, und das fand sie ziemlich daneben. Mal ehrlich, wenn er jede Form annehmen konnte, warum ausgerechnet diese?
„Und woher soll ich das wissen, du weinerliche Pudelmütze?“
Hinter ihr prustete Andrej, der sein Lachen in ein Husten wandelte. Aestaroh stieß ein Fauchen aus und machte Anstalten, auf sie loszugehen, doch Tchort und Beliar waren schneller. Innerhalb eines Wimpernschlags standen sie vor ihr und versperrten ihm den Weg. Sie spürte Beliars Drang, den Dämon von seinem Kopf zu trennen, doch sie brauchten ihn. Wenn sie den Westen verloren, konnten sie einpacken und nach Hause gehen.
„Sie weiß nichts von unserer Welt noch von der des Lichts“, begann Tchort, wobei ein dunkles Grollen seine Stimme begleitete.
Sie war sich nicht sicher, ob es an seinem Ton lag, oder ob ein Unwetter aufzog. Vielleicht beides.
„Sie ist unter Menschen aufgewachsen, in vollkommener Ignoranz, also hüte deine Zunge.“
Eigentlich war sie diejenige gewesen, die ihn beleidigt hatte, doch das behielt sie für sich.
„Du hattest Monate Zeit, sie auf dies vorzubereiten“, zischte Aestaroh und deutete mit einem krallenartigen Finger auf Blanche. „Dennoch kennt sie weder ihre Aufgabe noch ihre Rolle.“
„Niemand konnte vorausahnen, dass sich Saetan so schnell erholen würde“, sagte Tchort, der sich auf seinen Stock stützte.
„Saetan ist immer für eine Überraschung gut, gerade ihr solltet das wissen.“
Das kam von Aestaroh, und anscheinend stimmten ihm die anderen zu, denn sie schwiegen einen Augenblick, bevor Beliar sich an sie wandte und mit leiser Stimme fortfuhr: „Du wartest, bis sich die vier Elemente aufbauen, und hältst uns auf der Erde. Wenn sich das Tor öffnet, wird ein starker Sog entstehen, und uns alle in die Unterwelt ziehen. Du verhinder s t das, Blanche. Dein Wille hält uns an Ort und Stelle, dein Blut zieht uns zurück ins Licht. Und mithilfe deiner Fähigkeit, Wind zu kontrollieren, bist du in der Lage, einen Gegensog zu erzeugen, damit hier nicht alles in den Abgrund gezogen wird.“
Sie ging mal davon aus, dass er nicht von herumwirbelnden Plastiktüten redete. Aber wie stark konnte der Sog sein? Innerlich seufzte sie. Also schön, noch mal für Fußgänger: Ihr Engelblut, gepaart mit ihrer Affinität zum Wind, würde ihr die Kraft verleihen, sich dem Höllenstrudel entgegenzustellen, eine Art Armdrücken mit Saetan, so viel hatte sie verstanden. Wie sie das bewerkstelligen sollte, war ihr dummerweise ein Rätsel.
Als hätte er ihren Gedanken gehört, beugte sich Beliar zu ihr und rahmte ihr Gesicht mit beiden Händen ein.
„Auf die gleiche Weise, wie du den Wind bändigst, wirst du auch den Sog
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