Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
Vom Netzwerk:
ein Beben die Wände durchfuhr und Putz von der Tunneldecke bröckelte.
    Ramirez stieß einen Fluch aus, setzte sie auf die Füße und nahm sie bei der Hand. Beim nächsten Aufstieg blieb er stehen, kletterte die Leiter hinauf und entfernte den Gitterrost. Oben angekommen hielt er ihr seine Pranke entgegen. Sie zögerte nicht. Brutus unter den Arm geklemmt, erklomm sie die Sprossen und ergriff seine Hand, die sie den letzten Meter in die Höhe hievte. Sie wusste sofort, wo sie waren.
    Nella verstand das Theater um den Nordbahnhof nicht, der Gare de l’Est gefiel ihr zehnmal besser. Im Gegensatz zum Gare du Nord strahlte der Ostbahnhof selbst zur Hauptverkehrszeit Ruhe aus. In der Halle mit dem gewölbten Glasdach fühlte sie sich so geborgen wie im Bauch eines Wals. Dazu trugen die Sandsteinsäulen aus dem neunzehnten Jahrhundert bei, die Kraft und Sicherheit ausstrahlten. Doch diese Sicherheit wurde durch ein zweites Beben auf die Probe gestellt, das mit einem gigantischen Lichtblitz einherging, der die menschenleere Halle erleuchtete. Das kam vom Nachbarbahnhof.
    Nella und Ramirez teilten einen Blick, dann liefen sie , so schnell sie ihre Beine trugen , zum Ausgang.
     
    *
     
    Camille hatte schon reichlich Mist in ihrem Leben gesehen. Vor zwei Jahren in Marseille war dieser Überfall der démon terre in einer Disco gewesen. Das hatte ziemliches Aufsehen erregt. Dabei waren eine Menge Leute ums Leben gekommen und es gab eine Sauerei der Kategorie Hirn an den Wänden und so weiter. Mit Erddämonen war nicht zu spaßen, diese Biester waren an Materielles gebunden und wurden zwanghaft zurück in diese Welt gezogen. Die Trennung verursachte ihnen unsägliche Qualen, deswegen waren sie so gefährlich. Da sich die Dämonen menschliche Körper wie einen Socken überzogen, fielen sie in der Regel nicht auf. Abgesehen von den Leichen, die sich hinter ihnen stapelten.
    Sie erinnerte sich auch noch gut an das Massaker in einem Vorort von Lyon. Das waren ebenfalls démon terre gewesen, die von Liés gestoppt wurden, Dämonen, die an Geistiges gebunden waren und immer im Auftrag des Teufels handelten. Die Erddämonen waren chaotische Biester mit einer unglaublich zerstörerischen Kraft, während die Liés zur Kategorie kaltblütige Killer gehörten. Sie hatten die Erddämonen vor ihr gefunden und dem Wort Blutbad eine ganz neue Bedeutung gegeben.
    Neben dem ekligen Quark hatte sie auch mit Polizeikram zu tun gehabt, mit Militäreinsätzen, selbst mit der Mafia.
    Aber das hier war wirklich mal was anderes. Als sie den Nordbahnhof erreichten, war das Chaos bereits in vollem Gang. Die Explosion der freigewordenen Lichtenergie war von Weitem gut sichtbar gewesen und hatte drei Hubschrauber zur Notlandung gezwungen. Dass sie es in einem Stück auf den Boden schafften, grenzte an ein Wunder. Kurz darauf erhob sich ein grell weißer Pilz über dem Gebäude, Dunkle Materie musste ebenfalls im Spiel sein, denn das Licht wurde von der Finsternis geschluckt, wie ein Fisch einen Köder verschlang. Dann schien der Fisch seinen Fehler zu bemerken, denn der Lockvogel wurde ausgespuckt wie ein bitterer Drops. Leider hatten Köder die unangenehme Eigenschaft, mit Widerhaken bestückt zu sein, und so klebte die Dunkelheit am Licht wie Fliegen am Leim.
    Das musste das Tor sein, dachte sie fasziniert, während sich der Truppenhubschrauber der Landezone näherte.
    Sie versuchte, sich das vorzustellen, die vier Dämonen, jeder eine Fiole Dunkle Materie, die sich um Blanche sammelten, dem Tor. Denn ihre ach so tolle Freundin wäre nicht bloß der Anker, der den Zirkel zusammen- und das Portal in dieser Welt hielt. Sie war gleichzeitig der Durchgang. Nur durch das Licht gelangte man in den Himmel – oder in die andere Richtung. Wobei es sich nicht um ein warmes, kuscheliges Licht handelte, sondern um das Licht der Erkenntnis, und das tat verdammt weh. Zumindest hatte man sie das gelehrt. Es konnte auch nicht anders sein, denn mal ehrlich: W enn man den ganzen Mist, den man in seinem Leben angehäuft hatte, in einem Augenblick uneingeschränkter Erkenntnis präsentiert bekam, war das vermutlich keine Party.
    Jetzt steckte Blanche wie ein glühender Stachel in Saetans Flanke und injizierte ihm ein Gift, während sie gleichzeitig Dämonen in sein Reich schleuste. Das war ein unbeabsichtigtes Ablenkungsmanöver, denn während Saetan mit dem Licht zu kämpfen hatte, schlich sich der Feind unbemerkt durch den Hintereingang, um dem Hausherrn in den

Weitere Kostenlose Bücher