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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Christo
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komplett den Verstand.“
    „Und wie bist du an seine Klamotten gekommen?“
    Darauf lächelte Nella und strich sich eine honigfarbene Strähne hinters Ohr. Während sie ihre Erklärung heraussprudelte, nahm Blanche ihre Freundin genauer in Augenschein. Selbst in ihrer Traurigkeit war sie schön. Das karamellfarbene Haar war von natürlichen Highlights durchzogen, die im matten Schein der Bahnhofsbeleuchtung schimmerten. Einem Licht, das jeden anderen kränklich aussehen ließ, dennoch wirkte Nellas helle Haut makellos. Das Beste waren allerdings ihre jadegrünen Augen, die aussahen, als wären sie unter einen Weichzeichner geraten, groß und ausdrucksstark – voller Gefühl. Noch vor ein paar Monaten waren die Lippen zerbissen, die Augen fahl gewesen. Sarkasmus hatte den Platz ihrer Emotionen eingenommen, die wahre Nella war kaum zu erkennen gewesen.
    Mittlerweile waren ihre Tränen getrocknet.
    Sie hatten kaum Spuren hinterlassen, denn anders als früher, schminkte sie sich kaum noch. Sie tat das Enzo zuliebe, der ihren natürlichen Look schätzte. Alles in allem schien sie nicht unglücklich darüber zu sein, sich nicht länger hinter zentimeterdickem Make-up zu verstecken. Und ehrlich, das stand ihr gut.
    Während Nella ihre kleine Geschichte zum Besten gab, zog Blanche sie mit einem Arm an sich und küsste ihre Schläfe. Darauf verstummte sie und erwiderte die Umarmung.
    „Ist der Hund tot?“, fragte Blanche leise.
    Nella nickte unglücklich.
    „Das tut mir leid“, murmelte sie, und meinte es auch. Der Köter war hässlich wie die Nacht, aber er hatte auf Nella aufgepasst. Und heute hatte er Blanche vermutlich das Leben gerettet, denn Zoey war mit einer Wayne-Verkleidung der Hölle entflohen, bewaffnet mit seinem Lieblingsspielzeug, einem Butterflymesser. Er hatte gewusst, dass sie geschockt wäre, ihren einstigen Mentor wiederzusehen, zu sehr, um Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Er hätte ohne Weiteres die Waffe abfeuern oder ihr das Messer ins Herz rammen können. So etwas war in der Regel tödlich, da konnte sie noch so viel Engelsblut und Dämonengene besitzen.
    „Möchtest du einen Neuen?“, fragte sie, und strich Nella übers Haar.
    „Nein“, schniefte sie. „Vielleicht später.“
    Blanche nickte. Diejenigen, die man ins Herz geschlossen hatte, ließen sich nicht so einfach ersetzen. Manchmal blieb die Lücke ein Leben lang, denn es gab Menschen, die waren nicht austauschbar.
    So wie Wayne. Er würde immer ein Teil von ihr sein, genau wie Andrej. Letzterer wurde in diesem Moment von Cam und Ramirez auf den Bahnhofsplatz gebracht, wo Enzos Hubschrauber wartete, um die Verletzten abzutransportieren. Jeder, der sich auf den Beinen halten konnte, musste einen anderen Weg aus dem Gebäude finden.
    Blanche bückte sich und hob den Recaller auf, der neben Cam auf dem Boden lag. Interessant. War sie am Ende doch gekommen, um Andrej zu helfen, oder wie war das verdammte Tor geschlossen worden? Warum konnten so viele Dämonen entkommen, war es nicht Tchorts Job gewesen, sie an Ort und Stelle zu halten? Wohin war ihr Vater verschwunden, und wo zum Teufel steckte Beliar? Fragen über Fragen.
    Normalerweise wäre das die Stelle, an der sie sich zum Schließfach begeben hätte, das sich wie durch Zauberhand öffnen, und sie in eine skurrilen Landschaft bringen würde. Ein gut gelaunter Miceal würde sie dann, ganz der neunmalkluge Engel, in alles einweihen: wer, wann, wo, und ganz wichtig, warum.
    Diese Nummer hatte er bereits zweimal abgezogen, und um ehrlich zu sein, hatte sie keinen Bock darauf. Wenn ihr der Engel etwas zu sagen hätte, sollte er gefälligst zu ihr kommen.
    Während Enzo in seinem Element war und seine Leute rumkommandierte, machte sie sich Richtung U-Bahn auf. Sie war so unfassbar müde, dass sie im Stehen schlafen könnte, darum musste sie in Bewegung bleiben.
    Die einzige Frage, die ihr unter den Nägeln brannte, war die nach ihrem Dämon, und dabei konnte Miceal ihr nicht helfen.

15
     
     
    B eliar fragte sich, was erschreckender war: w ie wenig ihm die Hölle zusetzte, oder dass er noch immer Kraft aus dem Leid der Menschen bezog. Vielleicht sollte er sich eher Gedanken darüber machen, dass ihm weder das eine noch das andere etwas ausmachte. Obwohl er im Licht geboren war, hatte er zu viel Zeit in der Unterwelt verbracht, um sich jetzt darüber zu beklagen. Es war wie nach Hause kommen, allerdings ein Zuhause, an das er mit Schrecken dachte. Nach ein paar H undert Jahren hatte er

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