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Die Entscheidung

Die Entscheidung

Titel: Die Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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den Fall, daß das Schiff nach Norden fuhr und sonst zu nahe an die feindliche Schwadron in Newport herankäme.
    Bei dem starken Wind dauerte es nicht lange, bis sich die beiden Schiffe einander genähert hatten.
    »Sie haben vor, in Lee vorbeizusegeln.« Bolitho hob sein Fernglas wieder.
    Brigantinen waren unordentlich aussehende Schiffe. Mit Rahsegeln am Vormast und Schonertakelung am Hauptmast, boten sie ein fehlkonstruiertes Bild, es war jedoch bekannt, daß sie unter guten Bedingungen sogar eine Fregatte ausstechen konnten.
    »Signalisieren Sie, daß sie beidrehen soll. Ich möchte mit ihrem Kommandanten sprechen.«
    Tyrell sagte: »Auf jeden Fall ist es ein englisches Schiff.« Flaggen wurden an den Rahen des Neuankömmlings gehißt und flatterten im Wind.
    Bethune schrie: »Es ist die Five Sisters, Sir!« Er suchte in seinem Buch herum, während Fowler etwas abseits stand, den Mund geringschätzig verzogen. »Sie wird hier als dem Gouverneur von New York unterstellt geführt.«
    »Dacht' ich's mir doch!« Tyrell runzelte die Stirn. »Nur ihren eigenen Gesetzen unterworfen und von einer Rotte Schurken bemannt, das kann ich euch sagen.« Er seufzte.
    »Doch mit einem solchen Gönner können sie nicht gepreßt werden und riskieren nicht ihr kostbares Leben.«
    Die Brigantine hatte den Weg der Sparrow gekreuzt und segelte stetig auf Steuerbord. Bolitho konnte die rotgoldene Flagge auf ihrem Vorschiff erkennen; alles hatte den Anschein der schmucken Ordnung, die man gewöhnlich auf den von der Regierung geförderten Schiffen fand. Sie kam näher heran, bald würde sie in weniger als einer Kabellänge Entfernung vorbeifahren.
    Bolitho sah Majendie und Dalkeith auf den Wanten stehen. Der erstere zeichnete in großer Eile, während ihm der Arzt mit sichtlichem Interesse über die Schulter schaute.
    »Sie dreht bei, Sir.«
    Die Brigantine schoß in den Wind, die Segel stellten sich back, und das Großsegel, das die Seeleute einholten, wurde immer kleiner.
    Bolitho nickte anerkennend. Gut gemacht.
    »Anluven, Mr. Tyrell. Ich werde sie anrufen, wenn sie in Lee vorbeikommt.«
    Das Knattern und Ächzen der Leinwand machte jede Unterhaltung schwierig; als die Sparrow mehr in den Wind drehte und nur noch vorwärtszukriechen schien, ging Bolithos Stimme fast im Lärm unter. Er nahm das Sprachrohr in beide Hände und brüllte: »Wohin des Weges?«
    Über die kurzen Wellenkämme kam die Antwort: »Montego Bay! Jamaica!«
    Tyrell bemerkte: »Da ist sie aber etwas vom Kurs abgekommen.«
    Die Stimme drang erneut herüber: »Wir wurden gestern von einer spanischen Fregatte gejagt und sind ihr während der Nacht entwischt, aber Sie können für mich Meldung erstatten.«
    Die Brigantine fiel etwas ab, und ihre unruhig sich bewegenden Rahen machten deutlich, daß ihr Kommandant darauf brannte, seinen Weg fortzusetzen.
    Bolitho ließ das Sprachrohr sinken. Es gab keinen Grund, sie noch länger aufzuhalten. Und die Behörden in New York würden ihm eine solche Handlungsweise wahrhaftig nicht danken. Es war merkwürdig, sich klarzumachen, daß sie wahrscheinlich im Auftrag von Leuten wie Blundell fuhr, der nichts von der See verstand und sich wenig darum kümmerte. Er hörte Dalkeiths Gemurmel: »Bei Gott, das Gesicht des Kapitäns! Ich habe noch nie so, grausame Verbrennungen gesehen. Daß ein Mensch so was überhaupt überleben kann!« Bolitho sagte scharf: »Geben Sie mir das Glas!« Er nahm es dem erstaunten Schiffsarzt weg und richtete es auf das Vorschiff des anderen.
    Durch die schwarze Takelage und die killenden Segel sah er ihn. Trotz der Hitze war sein Mantelkragen bis an die Ohren hochgeschlagen und sein Hut bis fast in die Augen gezogen. Es wurde Bolitho klar, daß der Kapitän der Brigantine nicht nur die eine Hälfte seines Gesichts verloren hatte, sondern auch ein Auge, und daß er den Kopf in ganz unnatürlich steifem Winkel hielt, um mit dem verbleibenden Auge die Korvette zu betrachten.
    Die Brigantine hatte also wirklich mit Blundell zu tun. Bolitho konnte sich noch gut vorstellen, wie sie in der Bibliothek geflüstert hatten, das entstellte Gesicht halb im Schatten verborgen.
    Buckle rief besorgt: »Erlauben Sie, daß wir das Schiff klar zur Weiterfahrt machen, Sir? Wir sind etwas zu nahe.«
    »Na gut.«
    Bolitho winkte den Männern an Bord der Brigantine zu und drehte sich wieder zu Majendie um. Der zeichnete und schattierte, verbesserte hier und fügte dort noch ein Detail hinzu, sogar als die Five Sisters schon

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