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Die Abenteuer des starken Wanja

Die Abenteuer des starken Wanja

Titel: Die Abenteuer des starken Wanja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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Erstes Buch

    E s lebte einmal im heiligen
Rußland ein Bauer mit Namen Wassili Grigorewitsch, der hatte drei Söhne:
Grischa, Sascha und Wanja. Grischa und Sascha, die beiden älteren, waren brave,
fleißige Burschen. Mit dem Vater zusammen verrichteten sie die Männerarbeit in
Haus und Stall, auf den Feldern und Wiesen, im Wald und am Fluß. Wo immer sie
zupackten, ob winters beim Schneeräumen, ob im Sommer beim Einbringen des
Getreides, sie taten es rasch und mit fester Hand. Wassili Grigorewitsch konnte
mit ihnen zufrieden sein, und er war es auch.
    Wanja
hingegen, der dritte Sohn auf dem Hof, war ein ungeheurer Faulpelz. Die Arbeit
schmeckte ihm wie dem Hund die Brennesseln. Wo es halbwegs ging, machte er
einen großen Bogen darum. Oft hockte er viele Stunden lang mit geschlossenen
Augen hinter dem Haus bei den Bienenkörben, ließ sich die Sonne aufs Fell
scheinen und verträumte den Tag. Das war neben Essen und Schlafen seine liebste
Beschäftigung.
    Grischa
und Sascha, wer wollte es ihnen übelnehmen, fanden das ärgerlich. Wenn es nach
ihnen gegangen wäre, hätten sie ihm die Faulheit längst ausgetrieben, und dies
nicht gerade mit Sanftmut und guten Worten. Aber Wassili Grigorewitsch hatte
Wanja besonders ins Herz geschlossen, er ließ das nicht zu. Und selbst wenn er
sich eines Tages anders besonnen hätte, so war da noch immer die kleine, alte,
bucklige Tante Akulina.
    Seit
dem Bauern vor vielen Jahren die Frau gestorben war, führte sie ihm den Haushalt.
Sie war das beste, das liebste, das freundlichste alte Tantchen, das man sich
denken kann, und eine ausgezeichnete Köchin überdies. Niemand im Dorf verstand
sich aufs Kochen und Braten so gut wie sie. Ihre Pfannkuchen, um ein Beispiel
zu nennen, waren berühmt in der ganzen Gegend. Wer sie jemals gekostet hatte,
dem lief das Wasser im Mund zusammen, sobald er nur daran dachte. Doch lassen
wir das!
    Es
gab eigentlich bloß einen einzigen Punkt, worin Tante Akulina keinen Spaß
verstand. Wehe, wenn Grischa und Sascha es wagten, in ihrer Gegenwart über
Wanja zu murren, und sei es auch noch so verstohlen und leise! Gleich schlug
sie entrüstet die Hände zusammen, gleich schwang sie den Kochlöffel oder den
Schürhaken über dem Kopf und begann zu schelten:
    »Laßt
mir den Wanja in Frieden, das rate ich euch! Was kann er dafür, daß er faul
ist? Der liebe Gott hat ihn so geschaffen, und damit basta! Er wird sich schon
was dabei gedacht haben... Und das laßt euch gesagt sein: Solang ich am Leben
bin, werde ich es nicht dulden, daß man dem Jungen auch nur ein Haar krümmt.
Schreibt euch das hinter die Ohren, sonst kriegt ihr von heute an bloß noch
Wassersuppe und trocken Brot — und am Sonntag, wenn’s hochkommt, einen
versalzenen Haferpamps !«

    Die
gute alte Tante Akulina!
    Als
ob sie von jeher in tiefster Seele geahnt hätte, daß sich mit Wanja — dem
faulen Wanja, wie er im Dorf genannt wurde — einst gewaltige Dinge begeben
würden: Dinge, von denen die Leute im ganzen Land sich noch lange erzählen
sollten.
     
    W anja
war gegen Ende des Winters siebzehn geworden. Im Frühling darauf trug sich jene
merkwürdige Geschichte zu, mit der alles Weitere seinen Anfang nahm. Es war in
den Wochen vor Ostern. Von einem Tag auf den anderen waren die Wiesen grün
geworden. Die Weidenbäume am Fluß trugen dicke goldene Kätzchen. Endlich
konnten die Frauen und Mädchen im Dorf die schweren, dunklen Wolltücher
ablegen.
    Grischa
und Sascha waren in aller Morgenfrühe zum Pflügen aufs Feld gefahren; Wassili
Grigorewitsch grub den Gemüsegarten hinter dem Stall um; das Tantchen ging
seiner Arbeit in Haus und Küche nach, flink und emsig wie eine Haselmaus. Nur
Wanja saß faul bei den Bienenkörben und sonnte sich.

    Stunde
um Stunde verstrich, schon war der Vormittag fast herum, da kam Tante Akulina
hinter das Haus gelaufen, um Wanja zu suchen.
    »Wanjuscha,
Goldstück, magst du mir einen Gefallen tun? Morgen beginne ich mit dem
Osterputz. Geh doch und hol mir im Wald einen Armvoll Birkenreiser für einen
neuen Besen !«
    »Jetzt
gleich ?« fragte Wanja gähnend. »Es ist bald Mittag...«
    »Tut
nichts, du kriegst einen Beutel mit gutem Essen mit: Brot und Speck, ein paar
harte Eier und ein Stück Schafskäse .«
    »Einen
Pfannkuchen auch?«
    »Meinetwegen
auch zwei. Aber mach schon, dir zuliebe kann ich mit dem Osterputz nicht bis
Pfingsten warten !«
    Sie
huschte geschäftig davon und verschwand im Haus. Wanja schlenderte ohne
besondere Eile hinüber

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