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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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elf gesunde, starke Kinder zur Welt gebracht«, knurrte Otto.
    »Bei ihrer letzten Entbindung war die Markgräfin von Brandenburg immer noch jünger als Eure Gemahlin jetzt«, wandte Marthe mit gedämpfter Stimme ein. »Schon die beiden letzten Schwangerschaften hätten Eure Fürstin beinahe das Leben gekostet. Und mit jedem Jahr wird es gefährlicher für sie.«
    Marthe überließ es Otto, seine Schlussfolgerungen aus ihren Worten zu ziehen, ging zurück zu Hedwig und betete still, dass kein Spion des Bischofs ihre Worte gehört hatte.
    Hedwig wollte sich jedoch nicht darauf verlassen, dass Otto künftig ihrem Bett fernblieb.
    »Gib mir etwas, damit ich nicht wieder schwanger werde«, bat sie Marthe mit kaum hörbarer Stimme. »Ich weiß, dass du so etwas kannst.«
    Die beiden Frauen sahen sich an. Marthe war klar, was sie da tat, konnte ihren Tod bedeuten. Aber sie schuldete Hedwig ihr Leben.
     
    Marthe verdankte es wohl der Markgräfin, dass sie ihren ältesten Sohn öfter als erwartet sehen durfte. Der neunjährige Thomas wurde ihr während der Tage auf dem Meißner Burgberg als Page für verschiedene Dienste zugeteilt.
    »Bei allen Heiligen, wie bist du gewachsen«, sagte sie staunend und lachend, als sie ihn endlich ohne Augenzeugen umarmen durfte. Spürbar verlegen, versteifte sich der Junge, räusperte sich und trat zurück. Seine Augen leuchteten, als er von den Freunden berichtete, die er hier gefunden hatte, und dass er bei einem Reitwettbewerb sogar schneller als ein paar Ältere gewesen war.
    Er sieht seinem Vater so ähnlich, dachte Marthe nicht zum ersten Mal voller Zärtlichkeit, während sie ihn betrachtete.
    Doch in ihr überwog Besorgnis, denn Thomas’ Gesicht zeigte die verblassten Spuren von Schlägen.
    »Hast du Ärger mit einem der Ritter bekommen, weil du nicht gehorcht hast?«, fragte sie bekümmert und strich sanft über die Stelle, wo noch vor ein paar Tagen ein Bluterguss in kräftigen Farben geschillert haben musste. Angehende Knappen und Ritter wurden streng erzogen und für falsch oder nicht zufriedenstellend ausgeführte Befehle unnachgiebig bestraft.
    Unwillig entzog sich ihr Sohn ihren Händen und senkte den Kopf. »Hab mich geprügelt«, murmelte er.
    »Mach deinem Vater keine Schande!«, ermahnte ihn Marthe.
    »Es war ja wegen Vater«, protestierte Thomas. »Der neue Page hat ihn beleidigt. Ich musste Vaters Ehre verteidigen!«
    »Indem du den Jungen verprügelst?«, fragte seine Mutter mit hochgezogenen Augenbrauen. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass sich schon die Neunjährigen schlugen, obwohl die Männer sicher nichts dabei finden würden. Letztlich taten sie ihr Leben lang nichts anderes.
    »Er behauptete, Vater sei ein Bastard und schuld am Tod seines Vaters«, stieß Thomas trotzig aus.
    Marthe befiel ein mulmiges Gefühl, als sie nachsann, wer dieser neue Page sein konnte. Doch noch bevor sie weiterfragen konnte, unterbrach eine ungeduldige Männerstimme das Zusammensein, die von draußen nach Thomas rief.
    »Ich muss los«, entschuldigte sich der Junge und ging, nachdem er sich formvollendet vor seiner Mutter verbeugt hatte.
    Nachdenklich blieb Marthe zurück und hielt aus den schmalen Fensterluken Ausschau nach ihrem Sohn. Bald entdeckte sie Thomas, wie er mit mehreren Rittern aus Ottos Gefolge ausreiten durfte, und beneidete ihn um seinen sicheren Sitz im Sattel. Dann hakte sich ihr Blick an einem Jungen in Thomas’ Alter mit feuerrotem Haar fest, den sie bei früheren Aufenthalten auf dem Burgberg noch nicht gesehen hatte. Als er sich umdrehte und sie dabei sein Gesicht sehen konnte, fuhr sie zusammen, denn mit einem Schlag waren grausame Erinnerungen wieder lebendig. Abgesehen von der Haarfarbe, war der neue Page das jüngere Abbild seines Vaters. Es konnte kein anderer sein als Randolfs Sohn, der Sohn des Mannes, den Christian für seine Bluttaten zu einem Gottesurteil herausgefordert und besiegt hatte.
    Sie wusste nicht, wer den Jungen, der eine Waise war, aufgezogen und nun an Ottos Hof gebracht hatte.
    Aber Christian musste unbedingt mit Thomas sprechen und erklären, warum er Randolf getötet hatte und dass die erbitterte Feindschaft der Väter nicht auch zu einer Fehde der Söhne führen durfte.
     
    Ein paar Tage später traf Marthe die Vorbereitungen für ihre Rückkehr ins Dorf. Zu packen gab es nicht viel, da sie lediglich ihren Korb mit Arzneien bei sich gehabt hatte, als sie so plötzlich aufgebrochen war. Sie musste Otto nur bitten, ihr Geleit zu

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