Die Entscheidung der Hebamme
stellen – einen Ritter und eine Anstandsdame, da es unschicklich und womöglich auch zu unsicher gewesen wäre, wenn sie allein mit Bertram reiste.
Während sie den neuen Umhang, den ihr Hedwig zum Dank geschenkt hatte, sorgfältig zusammenlegte, klopfte es zaghaft an der Tür zu der Kammer, in der sie gemeinsam mit mehreren Witwen untergebracht war. Marthe verdrehte die Augen. Vermutlich war es wieder eine der Hofdamen, die sie heimlich um einen Liebestrank oder ein Zaubermittel bitten wollte, das ihnen den Ehemann vom Leib hielt. Obwohl sie stets bei solchen Ansinnen deutlich erklärte, so etwas besitze sie nicht und gebe sich grundsätzlich nicht mit dergleichen ab, versuchten es manche immer wieder.
Oder war es Adela, dieses junge blonde Ding aus gutem Hause, das es allem Anschein nach auf Lukas abgesehen hatte und in den letzten Tagen kaum von ihrer Seite wich, weil sie sich Rat erhoffte, wie sie die Aufmerksamkeit des blonden Ritters mit den strahlend blauen Augen erringen könnte, wenn er wieder einmal auf den Burgberg kam.
Trotz Marthes »Herein!« blieb die Tür verschlossen, der unerwartete Besucher schien zu zögern. Erst nach einigen Atemzügen trat jemand ein – nicht Lukas’ Verehrerin, sondern eine blutjunge, verängstigt wirkende Frau mit hellblondem Haar. Wäre der Schleier nicht gewesen, hätte wohl niemand sie für schon verheiratet gehalten.
»Darf ich Euch um einen Rat bitten?«, fragte die zerbrechlich wirkende Schönheit, die kaum vierzehn Jahre zählen mochte. Sie hielt den Kopf gesenkt, doch sie blickte ängstlich durch den Raum, um sich zu vergewissern, dass niemand sonst hier war.
»Setzt Euch. Und fragt. Wir werden sehen, ob ich Euch helfen kann«, sagte Marthe aufmunternd.
Sie hatte längst mit diesem Besuch gerechnet und sich in gewisser Weise davor gefürchtet. Die Situation war mehr als heikel, aber bestimmt ängstigte sich die Kindfrau noch viel mehr.
»Ich weiß, dass Ihr heilkundig seid und Euch in diesen Din-gen auskennt …«, begann die unerwartete Besucherin und geriet schon ins Stocken. Dann holte sie tief Luft und blickte Marthe geradezu verzweifelt an. »Bitte helft mir, damit ich schwanger werde. Vielleicht ist mein Gemahl dann freundlicher zu mir …«
Sie begann zu schluchzen und wurde bald von Weinkrämpfen geschüttelt.
Tröstend zog Marthe die schmale Gestalt an sich. In gewisser Weise, so befürchtete sie, war sie sogar schuld an deren Unglück. Denn vor ihr saß Cäcilia, die junge Ehefrau des Kommandanten von Ottos Leibwache.
Der angesehene und von vielen für seine Strenge gefürchtete Ritter Ekkehart war es gewesen, der Marthe vor fünf Jahren unerkannt vor dem Tod bei der Wasserprobe und aus dem Kerker gerettet und bei sich versteckt hatte. Bis heute wusste niemand davon außer Christian, Lukas und Raimund. Ekkehart hatte geglaubt, sich mit ihrer Dankbarkeit auch ihre Liebe zu sichern. Das aber war in Marthes Augen ein unerhörtes Ansinnen, denn er hatte zu jenen Rittern gehört, die sie vor zwölf Jahren gemeinsam mit seinem Freund Randolf entführt und geschändet hatten.
Doch damit war die Geschichte noch nicht zu Ende. Als Christian einige Zeit nach Marthes Genesung von Folter und Kerker nach einem Gefecht verschwunden und für tot erklärt worden war, hatte Ekkehart bei Otto um Marthes Hand angehalten. Der Markgraf befahl ihr, sich binnen einer Woche mit ihm zu vermählen. Sie rang den beiden eine Gnadenfrist von vierzig Tagen ab, damit der im Kampf verletzte Lukas nach Christian suchen konnte. Und sie trotzte Ekkehart das Versprechen ab, dafür zu sorgen, dass sein Freund Randolf sein grausames Wüten in Christiansdorf beendete. Ekkehart hielt Wort. Aber sie musste auch ihr Wort halten, als Lukas und Christian nach Ablauf der vierzig Tage nicht zurück waren. Sie war bereits wiedervermählt und ins Brautbett geführt worden, als die zwei Vermissten endlich auftauchten. Zum Glück war ihre neue Ehe noch nicht vollzogen und wurde annulliert.
Doch Ekkehart hatte die Enttäuschung und Schmach nie verwunden. Er verfolgte sie mit seinen Blicken, sooft sie sich begegneten, auch wenn sie ihm tunlichst aus dem Weg ging. Vor ein paar Monaten wurde Ekkeharts Vermählung bekannt gegeben, und Marthe hatte gehofft, er würde nun endlich die Vergangenheit ruhen lassen. Doch sein Gebaren ihr gegenüber und der Kummer seiner blutjungen Frau deuteten auf das Gegenteil hin.
»Wann floss zum letzten Mal Euer Monatsblut? Und wie häufig besucht Euch Euer
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