Die Entscheidung der Hebamme
Hauptmann erleichtert.
Gemeinsam mit dem lädierten Kämpfer betrat Marthe die Zainegießerei. Diesmal ersparte sich Albrecht das Spiel vom Vortag. Er ließ den Münzmeister stehen und wandte sich ihr sofort zu.
»Also seid Ihr doch noch erwacht«, kommentierte er hämisch ihr Erscheinen. Ehe sie etwas erwidern konnte, hob er die Hand und fiel ihr schroff ins Wort. »Wir sprechen uns später! Ihr bleibt unmittelbar neben mir, bis ich Zeit für Euch habe. So lange schweigt!«
Marthe verstand sofort. Albrecht fürchtete, dass sie etwas ausplauderte, und wollte sie deshalb nicht aus den Augen lassen.
Mit einem freundlichen Nicken dankte sie Hartmut für die Begleitung – wortlos natürlich, wie es Albrecht befohlen hatte. Dessen ängstliche Befehle weckten in ihr die unbändige Lust, ihn zu verspotten, indem sie seine Anordnungen bis aufs Letzte wörtlich nahm. Doch schnell ließ sie den Gedanken wieder fallen. Albrecht war eitel, aber nicht dumm – und er war gefährlich. Er würde sie und alle, die ihr am Herzen lagen, furchtbar dafür büßen lassen.
Immerhin, ihre Gedanken konnte er nicht lesen.
Und für den Moment hatte Albrechts Order, in seiner Nähe zu bleiben, den Vorteil, dass wenigstens ihre regennassen Kleider schneller trocknen würden.
In der Zainegießerei herrschte große Hitze von den Schmelzöfen, der Gussstrecke und den offenen Feuern.
Hier wurde das Silber in schmale dünne Barren – die Zaine – gegossen, nachdem es im genau vorgeschriebenen Verhältnis mit Kupfer gemischt worden war. Die Streifen mussten nach dem Gießen noch mehrfach ausgeglüht werden.
»Dadurch sind die Pfennige weniger brüchig«, erklärte der dürre Münzmeister gerade. Marthe kannte den Prozess, so genoss sie die in gebührendem Abstand vom Feuer wohlige Wärme.
»Und dann?«, forderte Albrecht ungeduldig zu wissen, den diese Details offenbar wenig interessierten. Er konnte es wohl nicht erwarten, die fertigen Pfennige zu sehen.
»Folgt mir, Herr!«, lud Münzmeister Wibald ein. Albrecht gab Marthe mit einem knappen Kopfrucken das Zeichen, weiter direkt hinter ihm zu bleiben, damit er sie überwachen konnte.
Der nächste Raum, den sie betraten, war von regelmäßigem hellem Hämmern erfüllt. Ein Dutzend Männer klopften die schmalen Silberstreifen flach, die von anderen mit Zangen festgehalten wurden.
»So bekommen die Zaine die vorgegebene Dicke«, erläuterte Meister Wibald, der fast schreien musste, um den Lärm zu übertönen.
Ein schlaues Lächeln ging über Albrechts Gesicht. »Wenn man sie dünner macht, erhält man dann nicht mehr Pfennige?«, fragte er lauernd.
»Nein, Herr«, erhielt er zur Antwort. »Das wäre ein schweres Verbrechen. Genau zweihundertvierzig Pfennige müssen aus einer Mark Silber geschlagen werden, so schreibt es das Gesetz vor. Wer dagegen verstößt, der verliert die Hand, ebenso, wer Pfennige beschneidet, um sie kleiner zu machen.«
Das hättest du ihm lieber nicht erzählt, schoss Marthe durch den Kopf. Du bringst ihn nur auf schlechte Ideen. Das gierige Funkeln in Albrechts Augen war nicht zu übersehen. Sicher wollte er den Aufenthalt in Christiansdorf auch nutzen, um an Geld heranzukommen, da es doch schon vor seinen Augen geprägt wurde.
Der Münzmeister führte Ottos Sohn in den nächsten Raum, wo zwölf Männer mit Benehmscheren runde Scheiben in Pfenniggröße aus den flachen Streifen schnitten.
Albrecht griff in die Kiste mit ausgeschnittenen Scheiben, die noch rußgeschwärzt waren und keine Prägung besaßen.
»Was ist mit den Resten, mit dem, was hier an Silber übrigbleibt?«, verlangte er zu wissen.
»Sie werden zu neuen Zainen gegossen. Seht, Herr, der nächste Schritt ist das Weißsieden.«
Er führte seinen Gast zu einem dampfenden Bottich, der Uringestank verbreitete.
»Ihr taucht mein Geld in Pisse?«, entrüstete sich Albrecht.
»Die Beize macht die Schrötlinge blank«, erklärte der Münzmeister höflich und hielt Albrecht einen solchen Schrötling entgegen – eine silbern glänzende dünne Scheibe, kaum größer als ein kleiner Fingernagel.
»Fehlt nur noch die Prägung«, sagte der künftige Markgraf, und Marthe erkannte, dass er sich in Gedanken bereits vorstellte, wie einmal sein Antlitz die Meißner Pfennige zieren würde.
»Das geschieht nebenan.« Der Münzmeister wollte sie in den nächsten Raum führen, aus dem sie ein unregelmäßiges Pochen hörten. »Wir haben den besten Gemmenschneider aus Meißen kommen lassen, damit
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