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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Überreste der Belagerungstürme, von denen mittlerweile nur noch eine Handvoll nutzloser Fragmente übriggeblieben war.
    Im Abschnitt der Meißner Streitmacht gab es zwei auffallende Veränderungen: Der Hohlraum im Bereich der Pferdekoppel, die vor ihrem Aufbruch eingestürzt war, hatte sich noch vergrößert. Dafür war der Lagerplatz der Marketenderinnen und Trosshuren frei geworden und nun als Koppel eingezäunt worden.
    Die Frauen hatten Christians Warnung befolgt.
    »Kümmert Euch um Euern Freund und Eure eigene Verwundung«, erklärte Gerolf. »Ich kann Wichmann auch allein berichten.«
    Dankbar nahm Christian das Angebot an.
    Ihre Ankunft sorgte für Unruhe, vor allem der mittlerweile reglose Körper von Lukas, den sie auf seinem Braunen hatten festbinden müssen.
    Kuno lief ihnen als Erster entgegen, um ihnen die Pferde abzunehmen. »Was ist geschehen?«, rief der Rotschopf bestürzt. »Seid Ihr Feinden begegnet?«
    »Nein, unseren Verbündeten«, knurrte Christian. »Hol den Wundarzt, rasch!«
    »Den hat es selbst erwischt, er ist letzte Nacht in ein Loch gestürzt und hat sich beide Beine gebrochen.«
    »Dann übernimmst du ab sofort seine Arbeit. Schließlich hast du eine Heilerin zur Frau.«
    Kuno starrte ihn einen Augenblick lang verwirrt an, doch schnell sammelte er sich und lief zu Lukas.
    Inzwischen waren auch die beiden jüngeren Knappen von Christian und Lukas herbeigerannt. »Lebt er noch?«, fragte Georg, und seine Augen begannen vor Sorge und Verzweiflung feucht zu schimmern.
    »Herrgott noch mal, reiß dich zusammen!«, fuhr Christian ihn an, weil ihn die Angst um den Freund selbst die Beherrschung vergessen ließ. Dann rief er sich zur Ordnung. Während Dietrich und Raimund den Schwerverletzten vorsichtig bäuchlings auf den Boden legten, beauftragte er – mit ruhigerer Stimme – die beiden Vierzehnjährigen: »Lauft zu dem verletzten Wundarzt und holt dieses Gerät, mit dem er Pfeilspitzen aus dem Fleisch ziehen kann. Worauf wartet ihr noch?«
    Sofort rannten die Jungen los.
    »Bleibst du so lange bei ihm?«, fragte er Raimund. »Ich muss zum Markgrafen.«
    »Und Eure eigene Wunde?«, wandte Dietrich besorgt ein.
    »Hat Zeit. Zuerst gehen wir zu deinem Vater. Wer weiß, ob ich dazu noch in der Lage bin, wenn sie mir erst dieses Ding da herausgeschnitten haben«, entgegnete Christian grimmig. »Du kommst mit.«
    Otto musste bereits von ihrer Ankunft erfahren und seine Brüder zu sich gerufen haben, denn während sie sich seinem Zelt näherten, sahen sie den massigen Dedo von Groitzsch darin verschwinden und Dietrich von Landsberg ihnen entgegenkommen.
    Von weitem wirkte der Markgraf der Ostmark erleichtert, sie zu sehen, doch dann erkannte er Christians Verletzung.
    »Seid Ihr auf den Feind getroffen?«, erkundigte auch er sich besorgt.
    »Wenn Ihr Erzbischof Philipps Meute so nennen wollt – ja«, erhielt er zur Antwort.
     
    »Zwei Verwundete, aber kein Beweis, wer den Hinterhalt gelegt hat«, fasste Otto Christians Bericht zusammen. Der Vorwurf in seinen Worten war nicht zu überhören.
    »Unter anderen Umständen hätten wir sie verfolgt und überwältigt, Herr«, erklärte Christian. »Aber die Sicherheit Eures Sohnes hatte Vorrang.«
    »So.« Mürrisch starrte Otto auf seinen jüngeren Sohn, der mit gesenktem Haupt vor ihm kniete. »Er kehrt nicht gerade mit Ruhm bedeckt zurück.«
    »Er hat besonnen gehandelt«, widersprach Christian erneut. »Wir konnten in jeder Situation auf ihn zählen wie auf einen bewährten Ritter.«
    »Ja, lobt ihn nur, Euren Schützling«, knurrte Otto. »Aber setzt ihm keine Flausen in den Kopf. Nur weil er drei Tage unter Verbündeten überlebt hat, werde ich seine Schwertleite nicht vorziehen.«
    »Nicht jeder an seiner Stelle hätte sich so furchtlos gezeigt«, setzte sich nun auch Dietrich von Landsberg für seinen Patensohn ein. Ebenso wenig, wie er das rüde Benehmen seines Bruders gegenüber Hedwig begreifen konnte, verstand er, wieso Otto seinem Ältesten jede Verfehlung nachsah, dem jüngeren Sohn aber kaum Beachtung schenkte, geschweige denn einmal ein anerkennendes Wort für ihn übrig hatte.
    Dann sah er, dass Christian wankte und instinktiv nach seiner Wunde griff. »Lass deinen Ritter gehen und seine Verletzung versorgen«, ermahnte er seinen älteren Bruder.
    »Ja, tut das. Und nehmt Euren Knappen mit«, brummte Otto.
    Christian konnte angesichts der schnöden Behandlung nur mit Mühe seinen Zorn verbergen. Ohne ein weiteres Wort

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