Die Entscheidung der Hebamme
Zuwendung, ohne je etwas anderes von ihm zu erwarten als ein paar zärtliche Augenblicke.
Dass sie ihn jetzt um etwas bitten wollte, überraschte ihn – und noch mehr ihre nächsten Worte.
»Können wir dazu in Eure Kammer gehen?«
Sie hielt den Kopf gesenkt und flüsterte beinahe. Irgendwie wirkte sie in Nöten. Also wartete er nicht auf Erklärungen, sondern bedeutete ihr, ihm zu folgen.
»Nun, was gibt es?«, fragte er sie aufmunternd, als sie allein in seiner Schlafstatt waren, die sofort von dem Duft nach frischem Brot ausgefüllt wurde, der an Rainas Kleidern, ihrer Haut und ihrem Haar haftete.
Wieder knetete sie den Saum ihrer Schürze, und nicht zum ersten Mal dachte Lukas, dass ihre Hände immerzu in Bewegung waren.
»Ich bin guter Hoffnung und möchte Euch bitten, bei der Dame Marthe ein Wort einzulegen, damit Mechthild mich nicht davonjagt«, brachte sie schließlich leise hervor, ohne zwischendurch Luft zu holen.
»Ist das wahr?!«, brachte Lukas verblüfft hervor.
Sie wich ängstlich einen Schritt zurück. »Es ist von Euch, Herr, ich schwör’s!«
Lukas zweifelte nicht an ihren Worten. Schließlich war sie fast jede Nacht bei ihm gewesen, und hätte sie noch einen anderen Liebhaber, würde sich das auf dem Burghof längst herumgesprochen haben. Doch trotz seiner vielen Liebschaften in den letzten zehn Jahren hatte ihm noch nie eine Frau eröffnet, dass sie ein Kind von ihm erwarte. Er hatte schon begonnen zu fürchten, keine Nachkommen zeugen zu können.
Allmählich wich die Fassungslosigkeit in seiner Miene einem übergroßen Glücksgefühl. Strahlend ging er auf Raina zu und griff nach ihren Händen.
»Du ahnst gar nicht, welche Freude du mir bereitest«, sagte er, und die ängstliche Besorgnis wich aus ihren Zügen.
»Ich werde das Kind anerkennen und für euch sorgen.«
Dann zog er sie an sich.
Erschrocken wich Raina zurück. »Herr, Ihr werdet Euer Gewand mit Mehl beschmutzen.«
Schon begann sie, mit bebenden Fingern das feine weiße Pulver, mit dem ihr einfaches Kleid bestäubt war, von seinem Bliaut zu wischen.
Er hielt ihre Hände fest. »Lass nur!« Erneut zog er sie an sich, küsste sie, schob sie dann ein Stück von sich und legte seine Hand auf ihren Bauch, als wollte er seinen dort heranwachsenden Sprössling begrüßen. Es störte ihn nicht, dass es ein Bastard sein würde.
»Wann soll es zur Welt kommen?«
»Im Herbst natürlich, wann sonst?«, antwortete sie mit einem Lächeln, dem ebenso Erleichterung wie milde Belustigung über seine Frage abzulesen waren.
Immer noch ein bisschen sprachlos über die Neuigkeit, musterte er sie erneut.
Und dann konnte er nicht anders vor Freude und Glück. Ungeachtet ihres halbherzig vorgebrachten Einwandes, dass es noch nicht Nacht sei, schnürte er ihr Kleid auf und ließ es zu Boden gleiten, zog ihr das Unterkleid über den Kopf und dirigierte sie in sein Bett. Diesmal küsste er zuerst ihren Bauch, der noch nichts davon verriet, dass hier sein Sohn oder seine Tochter heranwuchs. Und während er sie leidenschaftlich liebte, füllte ihn der Gedanke beinahe vollständig aus: Ich werde Vater!
Es kümmerte ihn nicht, ob sein lustvolles Stöhnen im ganzen Haus zu hören sein mochte, und auch Raina, die wie stets anfangs bemüht war, keinen Laut von sich zu geben, konnte sich nicht ewig zügeln. Bald hallten ihre Lustschreie durch die Kammer, und als Lukas sich in sie ergossen hatte, dachte er erneut voller Glück: Ich werde Vater!
Raina hatte darauf bestanden, sich sofort wieder anzuziehen und ins Backhaus zu gehen, um nicht noch mehr Ärger wegen ihres Ausbleibens zu bekommen.
Lukas jedoch, obwohl er am liebsten liegen geblieben wäre und sich der wohligen Müdigkeit und den Träumereien hingegeben hätte, ob er nun einen Sohn oder eine Tochter bekommen würde, fühlte sich verpflichtet, Rainas Bitte umgehend zu erfüllen.
Erwartungsgemäß fand er Marthe in der Kammer im Erdgeschoss, wo sie ihre Arzneien aufbewahrte und Kranke behandelte. Grete, die Marketenderin, war bei ihr, ebenso Bertram, der mit verlegener Miene gerade wieder seine Beinlinge an der Bruche festknotete.
»Die Wunde ist sauber verheilt«, fasste Marthe das Ergebnis ihrer Untersuchung zusammen.
»Das heißt, ich bleibe für immer ein Krüppel«, interpretierte Bertram mürrisch ihre Worte.
Marthe fasste ihn scharf ins Auge. »Das liegt bei dir! Du hast gehört, was Christian gesagt hat. Solange er dich nicht aufgibt, solltest du es auch nicht. Also hör
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