Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
die Fürstin von Meißen«, herrschte sein Vater ihn zur Überraschung aller an. »Jedes für sich ist Grund genug, zu gehorchen. Also geh!«
     
    Nachdem Albrecht als Letzter den Saal verlassen hatte, atmete Hedwig tief durch.
    Mürrisch sah Otto zu seiner Frau. Gleich würde es wohl wieder Streit geben, kaum dass sie sich nach Wochen zum ersten Mal gegenüberstanden.
    Stattdessen sagte sie zu seiner Überraschung mit leiser Stimme: »Danke, dass du meine Ehre gegen Albrecht verteidigt hast.«
    Ihr Dank kam aus ehrlichem Herzen, denn Ottos energisches Eingreifen zu ihren Gunsten war für sie völlig unerwartet gewesen.
    Sie hatte ihn anschreien wollen angesichts der Bedenkenlosigkeit, mit der er ihren Jüngeren in Gefahr gebracht hatte, und der Ungerechtigkeit, mit der er seinem einen Sohn alles nachsah, den anderen geringschätzte.
    Doch indem er Albrecht zurechtgewiesen hatte, um sie zu verteidigen – vielleicht sogar ohne Berechnung –, fühlte sie sich entwaffnet.
    Albrecht hatte den Bogen überspannt und zum ersten Mal den Zorn seines Vaters heraufbeschworen.
    Einen Moment lang herrschte Schweigen zwischen ihnen.
    Dann sagte Hedwig ruhig, aber nachdrücklich: »Du besitzt nicht so viele Söhne, als dass du einen davon leichtsinnig opfern könntest. Denk an deinen armen Neffen Konrad! Wie schnell kann der Tod einen jungen Ritter ereilen …«
    Otto erwiderte nichts.
    Doch Hedwig begann zu hoffen, dass ihre Worte auf fruchtbaren Boden fielen. Vielleicht würde Otto beginnen zu erkennen, welcher von seinen Söhnen besser geeignet war, einmal über die Mark Meißen zu herrschen.

DRITTER TEIL
    Der Krieg mit dem Löwen

[home]
    Februar 1180
    A uch wenn für Otto und seine Truppen der Krieg vorerst vorbei war und der Winter Einzug hielt im Land – es wurde kein Frieden im Reich des Kaisers. Boten kämpften sich durch Schnee und Eis Richtung Osten und brachten Schreckensmeldungen, eine schlimmer als die andere.
    Ins tiefverschneite Christiansdorf gelangten die Nachrichten durch zwei langersehnte Heimkehrer: Kuno und Bertram. Die Fastenzeit hatte gerade begonnen, als sie gemeinsam mit der weißhaarigen Grete das Dorf erreichten.
    Im Flockenwirbel wäre ihre Ankunft im Dorf wohl vorerst von den meisten unbemerkt geblieben. Aber die Mannschaft des Wartturmes am westlichen Dorfausgang bereitete den Reisenden ein lautstarkes Willkommen, als sie die beiden jungen Männer erkannten. Der Umstand, dass Bertram die Strecke zu Pferde hatte zurücklegen können und noch im Besitz beider Beine war, verdoppelte die Freude über ihre Ankunft. Und während noch ein allgemeines Schulterklopfen im Gange war, schickte Walther, der gerade auf einen Kontrollgang zum Wartturm gekommen war, jemanden los, der auf der Burg Bescheid sagte.
    »Höchste Zeit, dass ihr Faulpelze endlich zurückkommt und euch an eure Arbeit schert«, brummte der Befehlshaber der Wache und erntete dafür einen dankbaren Blick von Kuno. Denn so, wie Bertram humpelte, war nicht abzusehen, ob er seinen Dienst als Wache je wieder aufnehmen konnte. Seine finstere Miene ließ befürchten, dass er sich schon aufgegeben hatte.
    Gemeinsam mit Walther ritten die beiden zur Burg, gefolgt von der alten Marketenderin mit ihrem Karren.
    Als die vier schneebedeckten Gestalten in der Abenddämmerung das Tor passierten, rannten Marthes Stieftöchter den Heimkehrern freudestrahlend entgegen.
    Marthe hingegen wandte sich der Marketenderin zu, von der ihr Christian erzählt hatte.
    »Danke, dass du dich um Bertram gekümmert hast! Wir waren sehr in Sorge, dass er sein Bein verliert«, sagte sie erleichtert.
    Die Alte verzog den Mund zu einem breiten, durchtriebenen Lächeln. »Mir blieb gar keine Wahl. Sein Freund hätte mir die Hölle auf Erden bereitet, wenn ich das zugelassen hätte.«
    Das zahnlose Grinsen erlosch, nun blickte sie ernst. Doch aus ihrer Stimme hörte Marthe eine fast mütterliche Wärme heraus, die sie sofort für die Alte einnahm.
    »Es hat wahrlich nicht viel gefehlt. Und er wird das Bein wohl immer nachziehen müssen. Aber es sind zwei gute Kerle, Gott schütze sie. Und Euch und Euren Mann.«
    Wie aufs Stichwort kam Christian auf den Hof geritten, der – wer weiß, woher, aber vermutlich am ehesten durch Peters Bande – von der Ankunft seiner Schutzbefohlenen erfahren hatte und sie nun sichtlich erleichtert begrüßte.
    Marthe konnte nicht verstehen, was Bertram leise entgegnete, aber seine Miene und Christians Reaktion darauf ließen vermuten, dass

Weitere Kostenlose Bücher