Die Entscheidung der Hebamme
Stelle!«
»Das zweite Mal habe ich mich nicht hineingeschlichen«, protestierte sie, während Tränen in ihre Augen schossen. »Ich wurde Euch als rechtmäßige Gemahlin gegeben, der Kaplan hat unser Brautbett gesegnet!«
»Und dann wart Ihr nicht bereit, Euren Pflichten nachzukommen, und habt mich dazu getrieben, meine Ehre zu beflecken«, hielt er ihr hart entgegen. »Jetzt macht mich nicht auch noch zu einem Eidbrüchigen!«
Deine Ehre hast du befleckt, indem du einen Bastard zeugtest und ihn auch noch vor aller Welt anerkennst, dachte sie wütend. Doch das verbarg sie sorgfältig, während sie sich auf die Bettkante setzte.
»Ich war unerfahren und verängstigt. Könnt Ihr das nicht verstehen? Ich liebe Euch und will Euch eine gute Ehefrau sein. So verzeiht mir doch! Kommt mit mir in unser Gemach!«
Ihre Augen flehten. »Ich will Euch auch in allem gefügig sein.«
Nachdenklich betrachtete er den nur spärlich verhüllten Körper. Er hätte jetzt mit jeder Frau der Welt ins Bett gehen können, doch nicht mit dieser. Was, wenn sie im letzten Moment doch wieder von ihren Ängsten überfallen würde? Er wollte nicht noch einmal die Beherrschung verlieren.
Und er wollte keine gefügige Frau im Bett, die seine Umarmung nur aus Pflichtgefühl erduldete, sondern eine, die sie genoss und herbeisehnte.
Adela erkannte die Ablehnung in seinen Augen.
Ich muss ihn dazu bringen, dass er mich schwängert, dachte sie verzweifelt. Wenn ich ihm auch einen Sohn gebäre,
muss
er mich achten und lieben!
»Bitte!«, flüsterte sie. »Lasst uns noch einmal von vorn beginnen!«
Lange sah Lukas sie schweigend an.
Schließlich sagte er: »Gut. Aber beginnen werden wir es nicht im Bett. Und jetzt geht schlafen. In Eure Kammer!«
Christian sollte mit seiner düsteren Vorhersage recht behalten. Der in die Enge getriebene Löwe nahm schrecklich Rache. Er erteilte dem gefürchteten Bernhard von Lippe das Kommando über das vor einem Jahr vergeblich von Wichmann und seinen Verbündeten belagerte Haldensleben. Gemeinsam mit anderen aus Westfalen vertriebenen Kämpen unternahm dieser von dort aus einen Überfall nach dem anderen auf das Gebiet bis unmittelbar vor die Tore Magdeburgs und richtete schwerste Verwüstungen an.
Während der Kaiser bis zum Ablauf seines Ultimatums am elften November Tag für Tag Treueschwüre ehemaliger Gefolgsleute des Löwen entgegennahm, blieb Erzbischof Wichmann keine Wahl, als erneut Vorbereitungen zu treffen, um die Welfenfestung Haldensleben anzugreifen, die er im Vorjahr nicht hatte einnehmen können. Dazu bat er auch die Wettiner um Beistand.
Philipp von Köln würde diesmal ohne die Brabanzonen kommen, versicherte Wichmann. Angesichts der Untaten des Söldnerheeres waren er und der Kaiser übereingekommen, diese Rotte künftig nicht mehr einzusetzen.
Nach der Beteuerung Wichmanns, er würde ihn als gleichrangigen Heerführer willkommen heißen, konnte sich auch der Meißner Markgraf dem Hilfeersuchen des Magdeburger Erzbischofs, seines Vetters, nicht länger entziehen.
Missgelaunt rief Otto zu Beginn des Jahres 1181 seine Gefolgsleute zusammen, um mit ihnen schimpfend und fluchend zur erneuten Belagerung nach Haldensleben aufzubrechen, ins Torfmoor rund um die uneinnehmbare Festung.
Der Fall Haldenslebens
»Ich kann es kaum erwarten, an diesen gemütlichen Ort zurückzukehren.« Lukas schnitt eine Grimasse und zerrte an den Zügeln, um seinen Hengst zur Ruhe zu bringen, der zur Seite ausbrechen wollte. »Selbst mein Gaul scheint zu ahnen, wohin es geht, und will lieber umkehren.«
»Kluges Tier«, erwiderte Christian gelassen und verzog spöttisch einen Mundwinkel. Diesmal hatte der Markgraf befohlen, dass er ihn in den Krieg begleiten sollte. Das Kommando über die Christiansdorfer Burg hatte er erneut Reinhard übergeben, dem der Markgraf einen seiner kampferfahrensten Ritter zur Seite gestellt hatte, der mittlerweile zu alt für einen Feldzug geworden war.
Christian und Lukas ritten nebeneinander auf dem Weg Richtung Haldensleben, dicht hinter Otto und den Leibwachen unter Ekkeharts Kommando, die die Streitmacht der Wettiner anführten. Nach dem Heer des Meißner Markgrafen folgten die Truppen Dietrichs von Landsberg und Dedos von Groitzsch.
Die schlechte Laune Ottos hatte nun, da das verhasste Torfmoor nur noch ein paar Meilen entfernt war, ihren Tiefpunkt erreicht. Seine Stimmung wurde auch durch die vor ein paar Tagen eingetroffene Nachricht Wichmanns nicht besser, er habe
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