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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Kaiser, dem Markgrafen und mir. Unsere Gebete haben geholfen, Gott hat Seine schützende Hand über euch gehalten.«
    »Eure Gebete und die Unnachgiebigkeit, mit der Ihr uns Tag für Tag auf der Übungswiese scheuchen lasst«, erwiderte keck einer der jungen Burschen.
    »Hab ich nicht gesagt, dass du mir noch einmal dafür dankbar sein wirst?«, erwiderte Christian, und die Männer in der Halle lachten schallend.
    Christian bedeutete ihnen, sich wieder hinzusetzen und weiterzuessen, dann ging er mit Lukas hinauf in seine und Marthes Kammer.
    Eine Feier anlässlich der glücklichen Heimkehr würde es am Abend geben, bei der jeder der Kriegsteilnehmer seine eigene Version der Ereignisse mit dem Freund, Nachbarn oder der Liebsten erörtern würde, um sie zu beeindrucken. Doch jetzt wollte er von Lukas die Einzelheiten hören, die nur für seine Ohren bestimmt waren.
    Mechthild humpelte ihnen nach, um einen vollen Krug Wein, Brot und Schinken zu bringen.
    Wortlos warteten die Männer, bis sie eingeschenkt und den Raum verlassen hatte. Dann blickte Christian gespannt auf Lukas.
    »Gleich zu Beginn haben wir die Welfenfestung Lichtenberg bei Wolfenbüttel angegriffen und im Sturm erobert«, begann dieser zu berichten. »Das war Anfang August. Dann zog der Kaiser mit uns weiter Richtung Halberstadt und schickte Verstärkung nach Goslar. Zuvor noch verkündete er jenen Erlass, von dem ich erzählt habe und der den Krieg entschied, noch bevor er richtig begonnen hatte. Nach dem Übertritt des Holsteiners folgten die anderen reihenweise und schlossen sich dem Heer des Kaisers an. Burg um Burg konnten wir kampflos einnehmen.«
    Lukas spießte mit seinem Essmesser eine Scheibe Schinken auf und biss davon ab, während er – genüsslich kauend – weitererzählte.
    »Die Mehrzahl von Heinrichs Vasallen ist übergetreten, die restlichen werden es noch bis November tun. Deshalb erklärte der Kaiser die Heerfahrt nach nicht einmal sieben Wochen für beendet. Blutige Kämpfe hat es kaum gegeben. Dann zog der Kaiser nach Altenburg, um Otto von Wittelsbach zum Herzog von Bayern zu machen.«
    Jedermann wusste, dass die Wittelsbacher seit Generationen treu zum Kaiserhaus standen. Trotzdem hatte der Kaiser vom einstigen Herzogtum des Löwen die Steiermark abgetrennt, bevor er es übergab. Also war er nicht einmal mehr bereit, dem treuen Otto von Wittelsbach vorbehaltlos zu trauen.
    »Wie haben sich unsere Leute gemacht? Und Dietrich?«, fragte Christian, begierig auf mehr Neuigkeiten.
    Über Lukas’ Gesicht zog das wohlbekannte, für ihn so typische Grinsen. »Beim Sturm auf Lichtenberg hat er sich wacker geschlagen. Du wärst stolz auf ihn gewesen, auch wenn Stolz eine Sünde ist! Ja, und dann musste er eigentlich nichts weiter tun, als sich auf seinem Pferd zu halten und zuzusehen, wie die kleinen Welpen zu uns überlaufen.«
    Christian rieb sich müde über das Gesicht und blickte dann nachdenklich in das Licht der flackernden Kerze vor ihm. »Ich kann nicht glauben, dass das schon alles war, dass der Krieg wirklich zu Ende ist. Der Löwe ist in die Enge getrieben. Und in die Enge getriebene Raubtiere sind noch gefährlicher als sonst. Er wird alles tun, um sich zu rächen … furchtbar zu rächen.«
    Lukas sah ihm ins Gesicht, sein Lächeln verschwand. Dann starrten die beiden Männer wortlos vor sich hin, jeder in düstere Gedanken verstrickt.
     
    Statt zu Christian und Lukas zu gehen, hatte Marthe zuerst nach Adela gesucht. Sie entdeckte sie dort, wo sie sie nie erwartet hätte: vor der Tür zu ihrer Kräuterkammer. Schließlich war das Verhältnis zwischen beiden Frauen mittlerweile trotz Marthes Bemühungen weidlich angespannt. Doch da stand Lukas’ Frau mit rotgeweinten Augen und hochgezogenen Schultern und blickte verzagt zu ihr.
    So hatte Marthe Adela noch nie erlebt. Sie schob den Gedanken an die wochenlangen Zankereien beiseite und fühlte Mitleid in sich aufsteigen.
    Welche Ehefrau würde es nicht schwer treffen, wenn ihr Mann einen Bastard bekam und diesen auch noch freudestrahlend anerkannte?
    »Könnt Ihr mir nicht helfen, damit mein Mann mich liebt?«, fragte Lukas’ Frau verzweifelt, und ihre Stimme zitterte.
    Liebe lässt sich nicht erzwingen, dachte Marthe. Das solltest du inzwischen begriffen haben.
    Doch sie behielt diesen Gedanken für sich. Wenn sie es heute nicht schaffte, Lukas und Adela zu versöhnen, würde es wohl auf lange Zeit nicht gelingen, vielleicht sogar nie.
    Sie brachte es nicht über sich,

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