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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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seiner tiefen, rauhen Stimme. »Albrecht wird sich hüten, vor seinem Vater die irrsinnigen Anschuldigungen gegen Christian zu wiederholen. Es stehen zu viele bewährte Ritter hinter Christian und seinen Entscheidungen während des Angriffs.«
    »Otto kennt keine Milde, wenn sich seine Ritter gegenseitig abstechen«, meinte Raimund nachdenklich. »Denkt daran, was er Christian und Randolf im Falle eines Streites angedroht hat. Ekkeharts Eingeständnis seiner Schandtat vor uns allen könnte Lukas’ Kopf retten. Doch dann würde er sicher sofort beschließen, Marthe in ein Kloster zu schicken.«
    Lukas fuhr auf. »Das kommt nicht in Frage! Es wäre ihr Tod! Welches Kloster würde jemanden aufnehmen, der schon einmal vor einem Kirchengericht gestanden hat? Sie würden es nur tun, um sie früher oder später doch noch auf den Scheiterhaufen zu bringen.«
    Niemand widersprach ihm.
    »Am besten, ich sage ohne jede weitere Erklärung, er hätte die Ehre der Dame beleidigt, und nehme die Strafe auf mich«, sagte Lukas schließlich und warf den Grashalm weg, auf dem er herumgekaut hatte.
    »Nein!«, entfuhr es Marthe, die sich an der Seite zusammengekauert hatte und nun den Kopf hob. »Daran will ich nicht auch noch schuld sein!«
    Wieder legte sich Schweigen über die Runde. Das Gezwitscher der Vögel, das leise Rascheln der Blätter im Wind, die friedliche Stille des sonnenhellen Ortes schienen Marthe unwirklich nach dem durchlebten Grauen der letzten Tage. Wollte Gott sie verhöhnen?
    »Es gäbe einen Weg«, sagte Raimund in das Schweigen hinein. Alle Blicke richteten sich auf ihn, doch er zögerte.
    »Nun sprich schon«, drängte ihn der alte Friedmar.
    Raimund stieß seinen Dolch in den Boden, mit dem er unentschlossen an einem Stück Holz herumgeschnitzt hatte, richtete sich auf und sah Lukas an.
    »Du musst sie heiraten. Jetzt gleich, noch bevor Otto von Ekkeharts Tod erfährt.«
    Fassungslos starrte Lukas den Freund an. »Hast du den Verstand verloren? Es ist noch keinen Tag her, dass wir ihren Mann zu Grabe getragen haben! Unseren Freund! Und sieh sie dir doch an, zerschunden und gequält, wie sie ist! Wie kannst du das von ihr verlangen?!«
    Doch Lukas’ Protest schien an Raimund abzuprallen; im Gegenteil, er schien seine Meinung noch zu bekräftigen.
    »Es ist der einzige Weg«, beharrte er. »Nur so schützt du sie davor, dass er sie ins Kloster schickt oder an irgendjemanden verschachert. Erinnere dich, wie schnell er sie damals wieder verheiraten wollte, als Christian vor ein paar Jahren voreilig totgesagt wurde. Und so kannst du dich darauf berufen, ihre Ehre wiederhergestellt zu haben, indem du Ekkehart zum Zweikampf herausgefordert hast. Darüber kann er nicht hinweggehen. Dann kann er dir Ekkeharts Tod nicht anlasten.«
    Lukas fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Seit ihrer ersten Begegnung hatte er davon geträumt, Marthe zu heiraten. Doch nicht so!
    »Ich bin nicht bereit, ihr das anzutun, nur um meinen Hals aus der Schlinge zu ziehen«, meinte er heftig.
    Eine ganze Weile sagte niemand etwas.
    Dann endlich stand der Graubart auf. »Raimund hat recht«, sagte er mit seiner rauhen Stimme. »So wärt ihr alle gerettet: Marthe, ihre Kinder und Lukas. Die Frage ist nur: Was sagt Ihr dazu, Marthe?«
    Alle Blicke richteten sich auf sie.

Die Entscheidung
    Marthe saß immer noch an ihrem Platz, die Arme um die angezogenen Knie geschlungen, doch nun wiegte sie sich vor und zurück, während sie den starren Blick auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne gerichtet hielt. Nichts ließ erkennen, ob sie die letzten Worte mitbekommen hatte.
    Ihr Anblick ließ Lukas das Blut gefrieren. Ob sie wieder in monatelanges Schweigen verfallen würde, so wie damals, als sie dem Kerker und der Hinrichtung nur um Haaresbreite entronnen war? Oder gar wahnsinnig werden? Alles in ihm drängte danach, sie an sich zu reißen, um sie mit der Berührung eines warmen menschlichen Körpers, eines Freundes, zurückzuholen aus der grenzenlosen Düsternis, auf die sie zutrieb. Aber er befürchtete, sie würde vor ihm zurückschrecken oder sogar in Panik verfallen.
    Umso irrwitziger erschien ihm, was Raimund und Friedmar von ihr erwarteten.
    »Lasst mich und Lukas für einen Augenblick mit ihr allein reden«, schlug der Graubart angesichts Marthes Zustand vor. Er ging auf die zusammengekrümmte Gestalt zu, die sich immer noch vor und zurück wiegte, und berührte sie behutsam am Arm. »Marthe! Kommt, steht auf, ich bitte Euch! Hier,

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