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Die Entscheidung der Hebamme

Die Entscheidung der Hebamme

Titel: Die Entscheidung der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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trinkt etwas zur Stärkung!«
    Wie aus einem Traum erwachend, wandte Marthe ihm mit einer unsäglich langsamen Bewegung den Kopf zu. Lukas hegte starke Zweifel, ob Friedmars Worte überhaupt zu ihr durchgedrungen waren. Doch sie ließ sich aufhelfen und trank gehorsam einen Schluck aus dem Weinschlauch, den der Ritter ihr entgegenhielt.
    Die anderen Männer zogen sich ein paar Schritte zurück, so dass sie die drei zwar sehen, aber nichts von ihrem Gespräch hören konnten.
    »Marthe, ich weiß, es ist sehr viel von Euch verlangt«, begann Friedmar, mit leisen, aber eindringlichen Worten auf sie einzureden. Dabei gelang es ihm, ihren leeren Blick aufzufangen und festzuhalten, bis sich ihre Züge klärten.
    »Aber wenn Ihr Euer Leben, das Eurer Kinder, von Lukas und uns allen hier schützen wollt, so bleibt kein anderer Ausweg. Ihr müsst Lukas unverzüglich heiraten, heute noch, bevor wir vor Otto treten und Gerechtigkeit im Namen Eures ermordeten Mannes einklagen können«, redete er beschwörend auf sie ein.
    Sie starrte ihn an, ohne etwas zu erwidern, ihr Blick schien durch ihn hindurchzugehen und ließ nicht erkennen, ob seine Worte sie erreichten.
    So fuhr er fort: »Niemand wird Euch vorwerfen, dass Ihr Euch so schnell nach Christians Tod wieder vermählt. Im Gegenteil, man wird Eure Tapferkeit loben, mit der Ihr die Ehre und vielleicht sogar das Leben eines ganzen Dutzends Ritter bewahrt. Otto wird uns allen die Mitschuld an Ekkeharts Tod geben. Tut es, auch um Christians Andenken willen!«
    Marthe senkte die Lider, biss sich auf die Lippe und schwieg. Dann sah sie auf, Lukas direkt ins Gesicht, und ihr gequälter Blick erschütterte ihn bis ins Mark.
    »Würdest du es tun?«, fragte sie ihn leise.
    Er hatte Mühe, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. Auch wenn er sich so viele Jahre heimlich gewünscht hatte, Marthe heiraten zu können – unter diesen Umständen schien es ihm glattweg unmöglich. Sie würde ihn womöglich dafür hassen, und das war ein zu hoher Preis.
    »Niemand kann das jetzt von dir verlangen«, sagte er leise, aber mit Nachdruck. »Wir müssen einen anderen Weg finden.«
    »Es gibt keinen«, widersprach Friedmar, doch Marthe fiel ihm überraschend ins Wort.
    »Es ist, weil er mich in sein Bett gezwungen hat, nicht wahr?«, sagte sie leise zu Lukas. »Ich bin dir deshalb zuwider.«
    Nun zog er sie doch in seine Arme, und sie ließ es geschehen. Es kümmerte ihn nicht, ob die anderen an der vertraulichen Berührung Anstoß nahmen. Wozu auch? Wenn es nach ihnen ginge, wären sie noch vor dem Abend verheiratet.
    »Denk das niemals!«, beschwor er sie. »Du tust mir nur so unsäglich leid, und ich gebe mir die Schuld daran, dass ich es nicht verhindert habe, dass ich zu spät gekommen bin … dir das nicht ersparen konnte. Nach alldem kann niemand von dir erwarten …« Er konnte nicht mehr weiterreden.
    Immer noch hielt er Marthe an sich gepresst.
    Friedmar wartete nicht länger auf Antwort, er nahm die Geste als solche.
    »Lasst uns aufbrechen«, drängte er. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Während Raimund Marthe aufs Pferd half, hielt Friedmar Lukas am Arm zurück. »Dir ist klar, dass diese Ehe vollzogen werden muss, heute noch?«, sagte er nicht ohne Schärfe. »Wir können uns nicht erlauben, vor Otto zu treten, wenn du nicht behaupten kannst, ihr rechtmäßiger Gemahl zu sein, ohne einen Meineid zu leisten.«
    Er sah den Protest auf Lukas’ Miene, doch er ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für übermäßige Rücksichtnahme. Sie wird es überstehen. Sie ist zäher, als sie aussieht.«
     
    Sie ritten zu Raimunds Anwesen, das nicht mehr weit entfernt war, und noch ehe Lukas und Marthe so recht zur Besinnung gekommen waren, hatte Raimunds Kaplan sie schon vermählt. Raimund und Friedmar waren die Trauzeugen.
    Mit Rücksicht auf die Umstände wurde auf eine große Feier verzichtet.
    Elisabeth war nicht da, weil sie immer noch mit den anderen Gästen der Trauerfeier in Christiansdorf ausharrte, ohne zu wissen, was sich im Verlauf des letzten Tages zugetragen hatte. Doch nachdem Raimund seine Wirtschafterin mit knappen Worten instruiert hatte, sorgte sie dafür, dass trotz der überraschenden Ankunft so vieler Gäste und der Kürze der Zeit ein anständiges Mahl auf den Tisch kam. Auf Lukas’ Bitte hin ließ sie Marthe außerdem eines von Elisabeths Kleidern bringen, damit sie nicht länger etwas aus Ekkeharts Truhen tragen musste.
    Die beim Mahl

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