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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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Mentiri, bevor Alwine antworten konnte. »Andererseits war die Arme reichlich verängstigst, längst nicht mehr so großspurig wie zuletzt in meinen eigenen vier Wänden. Nun ja, was soll ich sagen? Wir waren beide von Furcht durchtränkt, von den Ereignissen der Nacht äußerst mitgenommen. Und so kamen wir zu dem Schluss, dass es angesichts solcher Feinde wie den beiden Fremden besser wäre, zusammenzuhalten, als sich feindlich gegenüberzustehen.« Eindringlich fügte er an: »Hätte Alwine mir Böses antun wollen, ich wäre nicht in der Lage gewesen, mich zu wehren.«
    »Ich wollte niemals jemandem Böses«, verteidigte sich Alwine prompt. »Es ist nur so, dass man sehen muss, wo man bleibt. Das Leben ist nicht gut mit mir umgesprungen.«
    »Als Alwine vor der Wahl stand«, meinte Mentiri, »mir übel mitzuspielen oder mir beizustehen, entschied sie sich für Letzteres. Sie hat meine Verletzung gereinigt, verbunden – sie hat sich um mich gekümmert und mich gepflegt.«
    »Wie gesagt«, fügte die junge Frau an, »es war für alle eine entsetzliche Nacht. Sowohl Herr Mentiri als auch ich konnten einen Verbündeten gut gebrauchen.«
    »Zumal du deinen geliebten Lorentz verloren hast«, sagte Bernina zu ihr, und es war ihr egal, wie hart sie dabei klang.
    »Lorentz war nicht nur schlecht.« Alwines Blick verlor sich im Nichts. »Er hatte viel Pech im Leben, genau wie ich. Das hat dafür gesorgt, dass wir aneinanderhingen.«
    »Du offenkundig mehr an ihm als umgekehrt«, gab Bernina zurück.
    »Er war nicht nur schlecht«, wiederholte Alwine monoton.
    »Keiner wird schlecht geboren«, kam es von Mentiri, mit fast väterlichem Unterton, und für Bernina war es nach wie vor erstaunlich, wie nahe sich diese beiden derart unterschiedlichen Menschen gekommen waren. Offenbar hatte wirklich jeder von ihnen den jeweils anderen gebraucht. Es zeigte auch, wie unberechenbar Mentiri war. Er dachte nicht wie andere, reagierte nicht wie andere. Dieser Mann besaß einfach seinen ganz eigenen Kopf. »Ja, ja«, setzte er hinzu, »keiner wird mit einem schwarzen Herz geboren. Es ist unsere Welt, die die Halunken erschafft.«
    »Damit wären wir«, nahm Bernina das Stichwort gerne auf, »wieder bei den Männern, die den Auftrag hatten, Sie zu töten.«
    »Ich sagte doch, dass wir diesem Gesindel nicht zu viel Aufmerksamkeit … «
    »Aber ich würde«, unterbrach Bernina ihn, »zu gern mehr über sie wissen.«
    »Sie sind unwichtig.«
    »Aber nicht Ihre Auftraggeber, oder?«
    »Ich äußerte ja schon einmal, dass es mir gefällt, wie Sie denken, Bernina.« Er schmunzelte. »Selbstverständlich: Die Auftraggeber sind weniger unwichtig. Oder der Auftraggeber.«
    »Wer sorgte dafür, dass Sie ermordet werden sollten?«
    »Das weiß ich nicht. Wirklich nicht. Es gab schon viele, die mir nach dem Leben trachteten. Aus vielerlei Gründen. Je nachdem, auf welcher Seite ich gerade stand.«
    »Auf welcher stehen Sie heute?«
    »Auf einer, die mir fremd ist. Seit vielen Jahren war ich ein kleiner Gehilfe des großen Krieges. Damit ist es nun vorbei.«
    Bernina sprach nachdrücklicher: »In Freiburg erzählten Sie von einem Zaubertrick. Davon, ein Wolfsrudel in eine Herde von Schafen zu verwandeln. Geht es darum?«
    »Meine Anerkennung. Einmal mehr.« Er nickte ihr zu, eine knappe, doch geradezu huldvolle Bewegung. »Keine Bemerkung an Sie ist ein verschwendetes Wort.«
    »Es ist vieles passiert. Finden Sie nicht, dass Sie spätestens jetzt all Ihre Masken fallen lassen sollten?«
    »In der Tat. Nur bin ich derart an Masken gewöhnt, dass ich sie nicht so einfach loswerden kann.«
    »Sie haben mir eine Nachricht zukommen lassen«, sagte Bernina weiterhin voller Eindringlichkeit.
    »Eine Bitte«, verbesserte Mentiri mit sanfter Stimme.
    »Ich sollte hierher kommen. Aus welchen Gründen?«
    Er lehnte sich zurück, streckte die Beine aus, stützte sich dabei auf die Unterarme. »Weil ich am Ende meiner Kräfte bin. Weil ich sonst nur noch Alwine habe. Weil es hier verteufelt steil und bergig ist. Aus diesen Gründen.«
    »Sagen Sie endlich, was Sie zu sagen haben.«
    »Ich dachte, Alwine und ich, wir könnten es schaffen.« Er seufzte und musste husten. »Aber ich habe mich geirrt. Bernina, ich bin alt geworden. Alt und schwach. Und Alwine ist eine junge Frau, die zu viele Jahre lang zu wenig zu essen bekommen hat.«
    Nicht drängend oder fordernd, ganz ruhig fragte Bernina: »Was soll ich tun?«
    »Sie sollen dem gleichen Herrn einen Dienst

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