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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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einwirken. Und ich allein … « Sie ließ den Satz verklingen.
    »Leider muss ich zugeben, dass da etwas Wahres dran ist.« Mentiri nickte vor sich hin. »Und da es mich schon in diese Gegend zog, Bernina, in Ihre Gegend, da dachte ich natürlich irgendwann an Sie.« Er deutete eine Verneigung an. »Hand aufs Herz, Bernina, Sie sind meine letzte Hoffnung.«
    Sie sah erneut zu den Wagen. »Ich schätze, ich weiß, was unter den Planen versteckt ist.«
    Er lächelte. »Das würde mich nicht überraschen. Jedenfalls bei einem hellen Köpfchen wie Ihrem.«
    Bernina ging auf die Wagen zu und hob beim ersten eine der Planen an. Viele aufeinander gestapelte Kisten waren darunter. Sie drehte sich zu den anderen um. »Bücher, nicht wahr?«
    »Ja, Bücher. Werke, Schriften, Sammlungen. Unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft. Aber jedes einzelne dieser Stücke stellt etwas Besonderes dar. Etwas Außergewöhnliches. Jedes für sich ist einzigartig.« Mentiri trat neben Bernina und zog die Plane noch weiter zurück. »Ein Jammer, wenn ich daran denke, dass sie nicht gut geschützt in irgendeinem trockenen Mauerwerk untergebracht sind, sondern diesen Weg auf sich nehmen müssen. Feuchte Luft, Regenfälle, Windböen, die unter die Planen fegen. Das alles tut meinen Lieblingen nicht gut. Höchste Zeit, dass sie eine neue Heimat finden.«
    Bernina versuchte, in seinem Gesicht zu lesen. »Warum überhaupt diese Reise? Warum all die Mühen?«
    Abermals Mentiris Schmunzeln. »Ich werde Ihnen gern mehr berichten.« Ein Funkeln in seinem Blick. »Wenn Sie versprechen, mir unter die Arme zu greifen.«
    Überrascht lachte Bernina auf. »Ich soll etwas versprechen? Wie käme ich dazu?«
    »Weil ich es allein mit Alwines Unterstützung nicht schaffen werde.«
    »Was nicht schaffen, Herr Mentiri? Oder doch Herr Jan Simons?«
    »Ach?« Belustigt schnalzte er mit der Zunge. »Der Bibliothekar, von dem ich Ihnen erzählt habe? Bereits vorhin erwähnten Sie seinen Namen. Wie kommen Sie ausgerechnet auf ihn?«
    »All diese Bücher. Sie stammen aus Prag, nicht wahr? Aus Prag und aus Heidelberg.« Bei einem raschen Seitenblick auf ihren Mann meinte sie: »Du erinnerst dich, dass ich dir von seinen Erzählungen berichtet habe?«
    »Sicher tue ich das«, gab der Schwede zurück.
    Mentiri griff nach der erstbesten Holzkiste und wuchtete sie, mit Norbys unwillig geleisteter Hilfe, nach draußen auf die Erde. Er öffnete sie und strich geradezu ehrfürchtig über die Rücken der Bücher, die zum Vorschein kamen, über Folianten und Ledermappen, die viele Bögen Papier umfassten. An manchen der Bücher sah man noch die Ketten, mit denen sie einst im Regal gesichert worden waren – wie es Bernina schon in dem Geheimkeller aufgefallen war. »Leider konnte ich die Behältnisse nicht mit Talkum und Werg abdichten. Damals, als die Bücher Prag verließen, als sie Heidelberg verließen, war das anders gewesen, da habe ich alles sorgfältig planen können. Aber diese gewöhnlichen Kisten verrichten dennoch ihren Zweck. Diese ganzen Kostbarkeiten sollten nur nicht allzu lange darin aufbewahrt werden.« Er zog eine Schrift heraus, streichelte das unglaublich alt wirkende Papier, als wäre es ein Lebewesen. »Auf den Wagen befinden sich derart wundervolle Stücke, dass ich es kaum in Worte zu kleiden weiß. Es gibt Dokumente, die dermaßen vortrefflich sind, dass die Jahrhunderte ihnen nichts anhaben konnten. Sehen Sie hier, diese Rottöne.« Berninas Blick flog über eine mit fremden Schriftzeichen beschriebene sowie mit wilden Symbolen und Schnörkeln versehene Pergamentrolle. »Dieses Rot stammt von gemahlenem Zinnober. Das Blau wurde aus dem herrlichen Lapislazuli gewonnen, den man in den Bergen von Afghanistan ausgraben und mit Kamelen durch die Wüsten Persiens befördern musste. Gelb gewann man aus vulkanischem Berggestein.« Mentiri musterte Bernina. »Haben Sie je von Afghanistan gehört? Oder von Persien?«
    Sie schwieg, und er fuhr fort, beinahe mit Tränen in den Augen, so ergriffen war er: »Es ist schier unvorstellbar, was sich im Laufe vieler Jahre zusammentragen lässt. Vorausgesetzt man weiß, wonach man sucht. Einige der schönsten und wertvollsten Pergamente der Welt – die so genannten Goldenen Bücher, die für die Sammlung der byzantinischen Kaiser geschaffen wurden – hatte man purpurrot gefärbt und anschließend mit Tinte aus reinstem, pulverisiertem Gold beschriftet.«
    »›Zusammentragen‹ ist ein schöner Begriff«,

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