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Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Entscheidung der Krähentochter: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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etwas.«
    Tatsächlich, nach wenigen Metern wuchs das Unterholz nicht mehr ganz so dicht. Schon hörte man das Sprudeln einer nahen Bachquelle. Eine Lichtung gab jäh den Blick auf den grauen Himmel frei, auch auf nacktes Granitgestein, das sich aus der grasigen Oberfläche bohrte und sich an die Bäume zu schmiegen schien.
    Im Schutz eines Felsvorsprungs, dicht bei dem Bach, war ein Lager errichtet worden. Vier in die Erde gerammte Pflöcke trugen eine Plane als Dach. Darunter waren Decken ausgebreitet, Taschen lagen herum, offen, sodass der Proviant darin zu erkennen war. Räucherwürste, Brotkanten, Äpfel und Birnen. Kein Feuer brannte – wohl aus Vorsicht. Keine Pferde zu entdecken, kein Karren, nichts.
    Bernina sah, dass jemand am Bach kniete und sich die Hände wusch. Es war ein Mann. Sein Haupt war tief gesenkt.
    Sie verharrte, ebenso wie Norby und Alwine, sie konnte einfach nur dastehen, regungslos, und nichts anderes tun, als den Mann stumm anzustarren.
    In der Tat, sie hatte eine Botschaft von einem Toten erhalten. Zumindest einem Totgeglaubten.
    Der Mann erhob sich und kam auf das provisorische Zelt zugelaufen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er nicht mehr allein war. Über sein Gesicht zog sich ein Strahlen. »Welch große Freude!«, stieß er hervor, den Blick auf Bernina gerichtet. Fast im selben Moment war es, als würden seine Züge einfrieren – er hatte den Schweden erblickt.
    Er näherte sich, gekrümmter, als Bernina ihn in Erinnerung behalten hatte.
    Noch immer sagte sie kein Wort.
    Er vollführte eine galante Verbeugung, ergriff mit spitzen, vom Wasser kalten Fingern ihre Hand und deutete einen Kuss an. »Sie ahnen ja nicht, wie sehr ich mich freue, dass Sie meiner Einladung nachgekommen sind.« Da war er wieder, der Gesang in seiner Stimme, das sowohl Freundliche als auch Spöttische, als könne dieser Mann nichts äußern ohne eine ironische Nuance. »Wenn ich es auch – offen gestanden – bevorzugt hätte, Sie ohne Begleitung zu treffen.«
    Bernina fühlte, dass Nils drauf und dran war, eine passende Antwort zu geben, doch sie kam ihrem Mann zuvor: »Was Ihnen lieber wäre, ist mir im Moment völlig egal. Ich muss schon sagen, das war ein besonders dreistes Stück. Was ist das für ein Spiel? Warum … ?« Sie holte Luft, ordnete ihre Gedanken und betrachtete das reumütig lächelnde Gesicht des Mannes. »Ich war überzeugt, Sie wären tot«, meinte sie dann.
    »Oh, tot fühlte ich mich auch, von Zeit zu Zeit, hier und da, das können Sie mir durchaus glauben, meine verehrte Bernina.«
    »Herr … « Sie warf ihm einen zornigen Blick hin. »Wie soll ich Sie denn nun eigentlich nennen? Herr Mentiri? Herr von Mollenhauer? Herr Simons?«
    »Am liebsten wäre es mir, Sie würden mich Freund nennen.«
    »Das fällt mir schwer genug. Und Sie wissen, weshalb das so ist.«
    »Ich sollte ihm einfach das Maul stopfen«, platzte es leise, aber umso bedrohlicher aus Nils heraus. »Scherereien. Nichts als Scherereien durch diesen Wichtigtuer. Bernina, lass mich ihm ein paar Knochen brechen – und dann verschwinden wir.«
    Mentiri gab sich alle Mühe, den Schweden nicht zu beachten, während Alwine Norby weiterhin verängstigt anstarrte.
    Genau wie beim letzten Mal, als Bernina Mentiri gegenüberstand, trug er unauffällige, in dunklem Braun gehaltene Kleidung. Nur dass jetzt ein einfacher Hut mit ausladender Krempe auf seinem Kopf saß, die Krone ein Stück nach oben geschoben, um möglichst wenig von der Sicht zu nehmen.
    »Ich kann meinem Mann wahrlich nicht verdenken, was er eben sagte.«
    »Bernina, ich kann alles erklären. Es sind wieder einmal die Umstände, die mich zu Heimlichkeiten zwangen.«
    »Allein schon die Gesellschaft, in der Sie sich bewegen«, gab ihm Bernina keine Möglichkeit, weiterzusprechen, »zeigt mir, dass einmal mehr höchstes Misstrauen angebracht ist, was Sie angeht.« Sie streifte Alwine mit einem Blick. »Wie kam es zu der Kostümierung?«
    »Es schien uns beiden«, antwortete Mentiri für sie, »eine gute Maßnahme zu sein, um nicht die Aufmerksamkeit von irgendwelchen störenden männlichen Zeitgenossen zu erregen.« Er präsentierte sein sanftestes Lächeln. »Mein Einfall war das, und so schlecht war er nicht. Niemand schöpfte auf dem Weg von Freiburg hierher Verdacht.«
    »Alwine hat bereits so etwas angedeutet. Aber wie gesagt – es fällt schwer, ihr oder Ihnen Glauben zu schenken.«
    »Bernina!«, wandte sich Nils nun mit schärferem Ton an sie. »Aus

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