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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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Verschiedenheit im Bau während derartiger Zeiten einen bedeutenden Unterschied im Erhalten des Lebens eines Tieres bewirken kann. Diese Rinder können ebensogut wie andere Gras abweiden; aber wegen des Vorspringens des Unterkiefers können sie während der häufig wiederkehrenden Zeiten der Dürre die Zweige der Bäume, Rohr u.s.w., zu welcher Nahrung das gewöhnliche Rind und die Pferde dann getrieben werden, nicht abpflücken; so dass in solchen Zeiten die Niata-Rinder umkommen, wenn sie nicht von ihren Besitzern gefüttert werden. Ehe wir auf Mr. Mivart’s Einwand kommen, wird es zweckmäßig sein, noch einmal zu erklären, wie die natürliche Zuchtwahl in allen gewöhnlichen Fällen wirken wird. Der Mensch hat einige seiner Tiere dadurch modifiziert, – ohne notwendig auf spezielle Punkte ihres Baues zu achten –, dass er einfach entweder die flüchtigsten Tiere erhalten und zur Zucht benutzt hat, wie bei den Rennpferden und Windhunden, oder dass er von den siegreichen Tieren weiter gezüchtet hat, wie bei den Kampfhühnern. So werden im Naturzustande, als die Giraffe entstand, diejenigen Individuen, welche am höchsten abweiden und in Zeiten der Hungersnöte im Stande waren, selbst nur einen oder zwei Zoll höher hinauf zu reichen als die andern, oft erhalten worden sein, denn sie werden die ganze Gegend beim Suchen von Nahrung durchstrichen haben. Daß die Individuen einer und der nämlichen Art häufig unbedeutend in der relativen Länge aller ihrer Teile verschieden sind, lässt sich aus vielen naturgeschichtlichen Werken ersehen, in denen sorgfältige Messungen gegeben sind. Diese geringen proportionalen Verschiedenheiten, welche Folgen der Wachstums- und Abänderungsgesetze sind, sind für die meisten Spezies nicht vom mindesten Nutzen oder bedeutungsvoll. Aber bei der Giraffe wird es sich während des Prozesses ihrer Bildung in Anbetracht ihrer wahrscheinlichen Lebensweise anders verhalten haben; denn diejenigen Individuen, welche irgend einen Teil oder mehrere Teile ihres Körpers etwas mehr als gewöhnlich verlängert hatten, werden allgemein leben geblieben sein. Diese werden sich gekreuzt und Nachkommen hinterlassen haben, welche entweder dieselben körperlichen Eigentümlichkeiten oder die Neigung erbten, wieder in derselben Art und Weise zu variieren, während in demselben Punkte weniger begünstigte Individuen dem Aussterben am meisten ausgesetzt waren.
    Wir sehen hier, dass es nicht nötig ist, einzelne Paare zu trennen, wie es der Mensch thut, wenn er eine Rasse methodisch veredelt; die natürliche Zuchtwahl wird alle vorzüglichen Individuen erhalten und damit separiren, ihnen gestatten, sich reichlich zu kreuzen und alle untergeordneteren Individuen zerstören. Dauert dieser Prozess, welcher genau dem entspricht, was ich beim Menschen unbewusste Zuchtwahl genannt habe, lange Zeit an, ohne Zweifel in einer äußerst bedeutungsvollen Weise mit den vererbten Wirkungen des vermehrten Gebrauchs der Teile combinirt, so scheint es mir beinahe sicher zu sein, dass ein gewöhnliches Huftier in eine Giraffe verwandelt werden könnte.
    Gegen diese Folgerung bringt Mr. Mivart zwei Einwendungen vor. Die eine ist, dass er sagt, die vermehrte Körpergröße würde offenbar eine vergrößerte Nahrungsmenge erfordern, und er hält es für »problematisch, ob die daraus entstehenden Nachteile nicht in Zeiten, wo die Nahrung knapp ist, die Vorteile mehr als aufwiegen würde.« Da aber die Giraffe faktisch in Süd-Africa in großer Anzahl existiert und da einige der größten Antilopen der Welt, größer als ein Ochse, dort äußerst zahlreich sind, warum sollten wir daran zweifeln, dass, soweit die Größe in Betracht kommt, zwischen inneliegende Abstufungen früher dort existiert haben und wie jetzt schweren Hungerszeiten ausgesetzt gewesen sind. Sicherlich wird die Fähigkeit, auf jeder Stufe der vermehrten Größe einen Nahrungsvorrat erreichen zu können, welcher von den andern huftragenden Säugetieren des Landes unberührt gelassen wurde, für die entstehende Giraffe von Vorteil gewesen sein. Auch dürfen wir die Tatsache nicht übersehen, dass vermehrte Körpergröße als Schutz gegen beinahe alle Raubtiere, mit Ausnahme des Löwen, dienen wird; und gegen dies Tier wird, wie Chauncey Wright bemerkt hat, ihr langer Hals, und zwar je länger je besser, als Wachtthurm dienen. Es ist gerade dieser Ursache wegen, wie Sir S. Baker bemerkt, dass kein Tier so schwer zu jagen ist als die Giraffe. Das Tier

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