Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
Abänderung auf jeder Stufe nicht von der Abstammung von einem gemeinsamen Stammvater herrührt. Um zu erläutern, was ich meine, will ich anführen, dass unsere englischen Rennpferde von den Pferden jeder andern Züchtung abweichen, aber ihre Verschiedenheit und Vollkommenheit verdanken sie nicht der Abstammung von irgend einem einzigen Paare, sondern der fortgesetzt angewendeten Sorgfalt bei Auswahl und Erziehung vieler Individuen in jeder Generation,
Ehe ich auf nähere Erörterung der drei Klassen von Tatsachen eingehe, welche ich als solche ausgewählt habe, die nach der Theorie von den »einzelnen Schöpfungsmittelpunkten« die meisten Schwierigkeiten darbieten, muss ich den Verbreitungsmitteln noch einige Worte widmen.
Verbreitungsmittel
Sir Ch. Lyell und andere Autoren haben diesen Gegenstand sehr gut behandelt. Ich kann hier nur einen kurzen Auszug der wichtigsten Tatsachen liefern. Klimawechsel muss auf Wanderungen der Organismen einen mächtigen Einfluss gehabt haben. Eine Gegend mit früher verschiedenem Klima kann eine Heerstraße der Auswanderung gewesen und jetzt der Natur des Klima wegen für gewisse Organismen ungangbar sein; diesen Gegenstand werde ich indes sofort mit einigem Detail zu behandeln haben. Höhenwechsel des Landes kommt dabei als sehr einflussreich auch wesentlich in Betracht. Eine schmale Landenge trennt jetzt zwei Meeresfaunen; taucht sie unter oder war sie früher untergetaucht, so werden beide Faunen zusammenfließen oder vordem zusammengeflossen sein. Wo dagegen sich jetzt die See ausbreitet, da mag vormals trockenes Land Inseln und selbst Kontinente miteinander verbunden und so Landbewohner in den Stand gesetzt haben von einer Seite zur andern zu wandern. Kein Geologe bestreitet, dass große Veränderungen der Bodenhöhen während der Periode der jetzt lebenden Organismen stattgefunden haben, und Edw. Forbes behauptet, alle Inseln des atlantischen Meeres müssten noch unlängst mit Africa oder Europa, wie gleicherweise Europa mit Amerika zusammengehangen haben. Andre Schriftsteller haben in ähnlicher Weise hypothetisch der Reine nach jeden Ozean überbrückt und fast jede Insel mit irgend einem Festlande verbunden. Und wenn sich die Argumente von Forbes bestätigen ließen, so müsste man gestehen, dass es kaum irgend eine Insel gäbe, welche nicht noch neuerlich mit einem Kontinente zusammengehangen hätte. Diese Ansicht zerhaut den gordischen Knoten der Verbreitung einer Art bis zn den entlegensten Funkten und beseitigt eine Menge von Schwierigkeiten. Aber nach meinem besten Wissen und Gewissen glaube ich nicht, dass wir berechtigt sind, so ungeheure geographische Veränderungen innerhalb der Periode der noch jetzt lebenden Arten anzunehmen. Es scheint mir, dass wir sehr zahlreiche Beweise von großen Schwankungen im Niveau des Landes und der Meere besitzen, doch nicht von so ungeheuren Veränderungen in der Lage und Ausdehnung unserer Kontinente, dass sich mittelst jener eine Verbindung derselben mit einander und mit den verschiedenen dazwischen gelegenen ozeanischen Inseln noch in der jetzigen Erdperiode ergäbe. Dagegen gebe ich gern die vormalige Existenz vieler jetzt im Meere begrabener Inseln zu, welche vielen Pflanzen- und Tierarten bei ihren Wanderungen als Ruhepunkte gedient haben mögen. In den Corallenmeeren erkennt man, nach meiner Meinung, solche versunkene Inseln noch jetzt mittelst der auf ihnen stehenden Corallenringe oder Atolls. Wenn es einmal vollständig eingeräumt sein wird, wie es eines Tages ohne Zweifel noch geschehen wird, dass jede Art nur eine Geburtsstätte gehabt hat, und wenn wir im Laufe der Zeit etwas Bestimmteres über die Verbreitungsmittel erfahren haben werden, so werden wir im Stande sein, über die frühere Ausdehnung des Landes mit einiger Sicherheit zu speculiren. Dagegen glaube ich nicht, dass es je zu beweisen sein wird, dass die meisten unserer jetzt vollständig getrennten Kontinente noch in neuerer Zeit wirklich oder nahezu miteinander und mit den vielen noch vorhandenen ozeanischen Inseln zusammenhiengen. Mehrere Tatsachen in der Verbreitung, wie die große Verschiedenheit der Meeresfaunen an den entgegengesetzten Seiten fast jedes großen Kontinentes, die nahe Verwandtschaft tertiärer Bewohner mehrerer Länder und selbst Meere mit deren jetzigen Bewohnern, der Grad der Verwandtschaft zwischen Inseln bewohnenden Säugetieren und denen des nächsten Kontinents, der (wie wir später sehen werden) zum Teil durch die Tiefe des
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