Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)
reicht es«, sagte Kunar. Er ließ sich auf ein staubiges Nachtlager fallen und sah zu, wie Charlie neues Holz auf die Feuerstelle legte.
Tora hängte ihren Mantel zum Trocknen auf und begann sich ganz auszuziehen. In eine staubige, aber trockene Decke gewickelt, setzte sie sich zu Charlie ans Feuer und wärmte sich die Hände.
»Zum Glück sind Glers Satteltaschen so gut wie regenfest. Die Lebensmittel sind jedenfalls noch trocken.« Mit Charlies Hilfe begann sie das Essen zuzubereiten.
Zum Abend hin kam das Kreischen der Nidhöggs immer näher und ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren.
Kunar räkelte sich auf dem Lager. Er starrte eine Weile gedankenverloren an die Hüttendecke, Spinnenweben und Staub zierten sie. Dann streckte er seinen Arm hoch, spreizte drei Finger ab und murmelte: »Thurisaz«. Er runzelte die Stirn und konzentrierte sich.
Alleine in einer Schutzstätte zu sein bedeutete, dass sie in aller Ruhe und ungesehen Magie praktizieren konnten. Charlie hatte Kunar und Tora den Dreifingerschutz erklärt und beide trainierten, sobald sich eine Möglichkeit ergab.
»Du solltest es kraftvoller und mit mehr Überzeugung aussprechen«, versuchte Charlie, Kunar zu helfen.
»Ansuz Wurst!«, rief Tora plötzlich und machte einige Handbewegungen – ohne Vorwarnung flog Kunar ein Stück Wurst an den Kopf.
»Verflucht noch eins!«, wetterte Kunar und pfefferte das Wurststück zurück zu seiner Schwester.
»Thurisaz!«, rief sie und streckte schützend drei Finger hoch. Das Wurststück prallte an einer unsichtbaren Wand ab und flog außer Sichtweite. Tora sperrte die Augen auf. »Habt ihr das gesehen?«, rief sie überrascht.
Kunar nickte missmutig, riss sich aber dann zusammen und gratulierte. Charlie runzelte die Stirn und suchte dann nach dem Stück Wurst.
»Lass es den Mäusen«, meinte Tora gut gelaunt. »Deswegen verhungern wir schon nicht.«
Charlie schüttelte den Kopf und tauchte unter den großen Holztisch, der am Fenster stand. Dort fand sie das Stückchen Wurst und hielt es nachdenklich in der Hand.
»Es hätte nicht funktionieren dürfen«, sagte sie dann.
Tora hob verwundert die Augenbrauen.
»Wieso nicht?«, fragte sie. »Es ging doch wunderbar!«
Sie betrachtete triumphierend ihre rechte Hand.
»Ja«, sagte Charlie. »Aber laut Biarn funktioniert der Dreifingerschutz nur bei magischen Angriffen, und Kunar hat das Stückchen Wurst per Hand geworfen!«
Tora blickte überrascht.
»Probiere es noch einmal«, forderte sie.
Charlie warf Tora das Wurststückchen entgegen, diese rief »Thurisaz!«
Doch die Wurst flog ungehindert weiter und prallte an ihr ab. Sie angelte danach.
»Ansuz Wurst!«, rief sie dann wieder und machte eine Geste in Charlies Richtung.
»Thurisaz!«, rief Charlie automatisch und das Wurststück prallte an einer unsichtbaren Wand ab.
»Und jetzt wirf es nochmal!«, forderte Tora Charlie auf. Charlie hatte zwar keine Ahnung, was das bringen sollte, aber sie schnappte sich die Wurst und schleuderte sie in Toras Richtung.
»Thurisaz!«, rief die Angegriffene inbrünstig und – siehe da – die Wurst fiel fast einen Meter vor Toras ausgestreckter Dreifingerhand zu Boden.
»Es muss noch Energie von meinem Zauber in der Wurst gespeichert sein! Nochmal!«, forderte sie Charlie auf. Gesagt getan, doch dieses Mal half Toras Abwehr nicht viel.
»Die Energie ist weg«, konstatierte Tora. Charlie und Kunar sahen sich zweifelnd an.
Gespeicherte Energie? War das möglich?
»Wieso nicht«, meinte Tora. Da Kunar genauso skeptisch war wie Charlie, probierten sie es noch unzählige weitere Male aus, immer mit demselben Ergebnis.
»Entweder hat Tora recht, und es bleibt immer eine Restenergie in dem magisch bewegten Gegenstand, oder es liegt daran, dass sie ihre Kräfte noch nicht richtig dosieren kann«, sagte Charlie nach einer Weile.
»Du meinst, dass ich zu viel Energie abgebe?«, runzelte Tora die Stirn. »Schon möglich …«, sagte sie zögernd. »Aber das glaube ich eigentlich nicht …«
»Wir sollten zumindest diese Möglichkeit in Betracht ziehen«, meinte Kunar. »Du kannst doch Wasser gefrieren lassen«, sagte er zu Charlie. »Ob Tora dann das von dir magisch gefrorene , aber danach normale geworfene Eis abwehren kann?«
»Gute Idee!«, rief Tora und stellte Charlie eine Schüssel Wasser vor die Füße.
Sie hatten viel Spaß bei ihren magischen Experimenten. Es stellte sich heraus, dass Tora auch Charlies magisches Eis mit dem Dreifingerschutz
Weitere Kostenlose Bücher