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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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nicht unterdrücken, als es nach drei Wochen dann wirklich an der Zeit war, wieder aufzubrechen. Anna war vollkommen genesen und zeigte ihre Dankbarkeit, indem sie den Reisenden Heilkräuter, einige Decken, Wintermäntel, feste Schuhe und Reiseproviant für mehrere Wochen einpackte. Außerdem gab sie ihnen ausführliche Beschreibungen der nächsten Schutzstätten. Ihr Angebot, doch bis zum Frühjahr auf dem Arnoldshof zu bleiben, hatte Charlie dankend abgelehnt.
    Nun, beim Abschied, versuchte besonders Inga, ihre Tränen zu verbergen.
    »Wir sehen uns bestimmt bald wieder«, versprach Tora und umarmte das Mädchen. Inga nickte tapfer und schluckte ihre Tränen hinunter. Dann ging sie zu Kunar und Charlie und schüttelte ihnen die Hand.
    »Vielen Dank für alles«, sagte Charlie und lächelte ihr warm zu. »Es war wirklich schön, dich kennenzulernen.« Inga bekam rote Wangen.
    Gler stand gesattelt und fertig bepackt neben Kunar und stupste Charlie von hinten an.
    »He, du Racker!«, protestierte Charlie und alle brachen in ein befreiendes Lachen aus.
    »Viel Glück auf euren Wegen«, wünschte Anna von Herzen. Dann zogen Charlie, Kunar und Tora wieder hinaus ins Ungewisse.
     
    Das Wetter war wechselhaft. Ein ständiger Nieselregen begleitete die drei Reisenden. Er hielt nur gelegentlich inne, um einem scharfen, kalten Wind die Gelegenheit zu bieten, an ihren nassen Kleidern zu zerren. Auf Annas Empfehlung folgten sie dem viel bereisten Küstenweg nur noch wenige Tage und bogen dann ins Landesinnere ab. Sie hatten die Grafschaft Ydalir hinter sich gelassen und wanderten nun durch das Herzogtum Fensal. Das Gelände wurde zusehends gebirgiger. Der Weg führte sie durch einen sehr alten und ungewöhnlich dunklen Wald, den Anna Mörkveden genannt hatte.
    »Mörkveden bedeckt den größten Teil von Fensal«, hatte sie erklärt. »Ihr kommt also nicht umhin, ihn zu durchqueren. Am Fuße von Jättehem, an Fensals äußerstem Ende, liegt ein Hof, von dem mein Mann oft gesprochen hat. Ich selbst bin nie dort gewesen, doch mein Arnold berichtete von Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft. Soweit ich weiß, ist der Hofherr ein Führer, der sich in diesem Teil von Jättehem gut auskennt.«
    Orökja, so hieß der Mann, wollten sie aufsuchen, um Hilfe auf der Suche nach der Frau mit dem Amulett zu erhalten.
    Sie hatten Anna selbstverständlich nichts von ihren Plänen erzählt, nur dass sie auf dem Weg nach Jättehem waren. Anfangs hatte sie Fragen gestellt, doch sie gab bald auf, als sie spürte, dass sie nicht weit kam.
    Da Anna nur die Schutzstätten in der näheren Umgebung kannte, waren sie bald gezwungen, sich nach sicheren nächtlichen Lagern zu erkundigen. Es gab sehr viele Händler, die den Mörkveden auf ihrem Weg durch Fensal nach Himinbjörg – dem benachbarten Herzogtum – durchquerten. Sich nach Schutzstätten zu erkundigen, war zwar somit nicht außergewöhnlich.
    Dass sie damit aber eine Spur hinterlassen könnten, war Charlie, Tora und Kunar auch klar.
    Es blieb ihnen kaum etwas anderes übrig, wenn sie nicht auf dem Speiseplan der Nidhöggs landen wollten.
    Auch in Godheim schienen sich die nächtlichen Blutsauger zu Jagdgemeinschaften verbündet zu haben. Sie verbreiteten Angst und Schrecken unter der Bevölkerung. Es war deshalb wichtiger denn je, rechtzeitig eine Unterkunft für die Nacht zu finden.
    Für sichere Schutzstätten mussten sie mehr als nur ein paar Mal den breiten Handelsweg verlassen. Außerdem mussten sie oft schon früh ihre Wanderung unterbrechen, weil sie nicht riskieren wollten, auf der Suche nach dem übernächsten Schutzplatz in die Dunkelheit zu geraten.
     
    »Einen Vorteil hat es doch, dass wir oft nur wenige Stunden vorankommen«, meinte Tora und schälte sich aus ihrem völlig durchnässten Umhang. »So können wir zumindest unsere Kleider trocknen.«
    Der ständige Regen machte ihre Reise zu einer Plage. Sie waren nun bereits seit mehr als zwei Wochen wieder unterwegs und zum ersten Mal alleine in einer Schutzstätte. Charlie spürte die beruhigende Kraft des Jordvätten, der die kleine Hütte und einen dazugehörigen Stall bewachte. Seine enorme Eberesche wuchs zwischen Haus und Nebengebäude – ein sicherer Hafen in einem gefährlich brodelnden Meer.
    »Gler ist unruhig«, sagte Charlie und sah aus dem Fenster zum Stall hinüber. »Zum Glück sind die Boxen stabil.«
    »Es geht ihm gut. Ich habe sogar etwas Heu für ihn gefunden. Es ist nicht ganz frisch, aber zum Knabbern

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