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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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feindselige Blicke zu.
    »Gefühle … fühlen … wie ich diese Worte hasse …«, murmelte er streitbar in sich hinein, aber er stimmte zu.
    »Also gut. Aber sagt hinterher nicht, ich hätte euch nicht gewarnt«, brummte er.
     
    Nur wenig später stieß Ragnar etwas abseits des Marktplatzes eine altersschwache Tür auf. Man konnte das gedämpfte Lachen der Menschen und die fröhliche Musik aus der Dorfmitte noch gut hören. Bewohner und Gäste feierten dort ausgelassen und ahnungslos. Kunar blieb an der Tür stehen und hielt Wache, während Tora und Charlie dem Thul folgten.
    »Hier müssen die Schlägel für die Galdertrommeln sein. Sie sind sehr lang«, raunte der Thul. »Also sucht unter den Schränken, aber auch auf und in ihnen.«
    Tora und Charlie hatten solche Schlägel noch nie zu Gesicht bekommen, aber sie besaßen eine ungefähre Vorstellung.
    Charlie sah sich um. Abgenutzte Möbel, ein Tisch mit zwei stabilen aber sehr alten Stühlen, keine Gardinen – wer hier wohnte, besaß nicht viel, und Charlie hätte ihren Hexenstein darauf verwettet, dass keine Frau für die spärliche Einrichtung verantwortlich war.
    Ragnar verschwand in einem der Nebenräume und durchsuchte dort vermutlich jeden Winkel. Charlie war ungut zumute. Obwohl sie wusste, dass es für einen guten Zweck war, gefiel es ihr nicht, in ein Haus einzudringen.
    Sie erinnerte sich daran, wie sie in Ingrids Büro eingebrochen war, um mehr über sich selbst herauszubekommen. Die Folgen waren gewaltig gewesen, und ihre Zukunft hatte sich auf seltsamste Weise verselbstständigt. Ihr hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes eine neue Welt eröffnet …
    »Hier, ich habe etwas«, flüsterte Tora, die auf einem Stuhl balancierte, um mit einer Hand die Oberseite eines Schrankes abzutasten. »Charlie, hilf mir mal«.
    Mit zwei raschen Schritten war Charlie bei ihr und nahm ihr einen länglichen Gegenstand ab, der sich an einer Seite in einen Klumpen verdickte. Kurz darauf reichte Tora einen zweiten identischen Gegenstand herunter.
    Der Thul erschien in der Tür.
    »Sehr gut«, raunte er und wickelte die Schlägel in eine Decke. »Und jetzt nichts wie weg hier!«
     
    Sie folgten dem Thul auf einem Schleichweg aus Friggstorp hinaus. Charlie führte Gler mit sich, denn sie waren sich einig, dass sie unmittelbar nach ihrem Vorhaben diese Umgebung verlassen mussten. Charlie konnte die Fylgjen nur noch ganz schwach schimmern sehen. Ihr Drache segelte im ruhigen Flug über ihr, und Toras Sphinx und Kunars Bär tauchten ab und an als Schatten zwischen den Bäumen auf. Charlie sah die Fylgjen nur, wenn sie sich auf sie konzentrierte.
    Der Thul führte die drei ungesehen in den Mörkveden – und damit in Richtung der bevorstehenden Feuersbrunst, wenn Charlie ihrer Vision trauen konnte. Dies war ihre einzige Möglichkeit, die Bewohner von Friggstorp zu retten.
    »Hier ist es«, sagte der Thul nach einer Weile. Der Wald öffnete sich in eine kleine Lichtung, eine uralte, doch erstaunlich gut erhaltene Scheune war zu erkennen.
    Charlie ließ Gler grasen und sah sich nach einem geeigneten Baum um. Flink und durchtrainiert wie sie war, kletterte sie behände von Ast zu Ast, so hoch sie konnte.
    Der Baum erhob sich nur wenig über die dunklen Fichten des Mörk-veden. Sie konnte in der Abenddämmerung nicht weit sehen, war sich allerdings sicher, ein heranstürmendes Feuer sofort erkennen zu können.
    »Und?« Kunar sah fragend zu ihr hoch. Charlie schüttelte den Kopf.
    »Noch nichts!«, rief sie.
    »Sehr gut«, hörte sie Kunar sagen, während er hinter Tora und dem Thul in der Scheune verschwand. Charlie kletterte schnell wieder hinunter und ließ sich das letzte Stück fallen.
    Als sie in die Scheune trat, waren Kunar, der Thul und Tora gerade dabei, ein riesiges, staubiges Tuch aus weinrotem Seidenspinnergarn von zwei gewaltigen Trommeln zu ziehen. Tora wedelte den Staub beiseite.
    So sahen sie also aus, die riesigen Galdertrommeln, die Charlie in ihrer Erinnerung immer noch hören konnte, als wäre es erst gestern gewesen. Damals war sie mit Tora, Kunar und Biarn in der Höhle auf Gymers Berg gewesen. Die dumpfen Trommelschläge kündeten von Unheil, Tod und Feuer und riefen um Hilfe nach einer Kata-strophe, die halb Trudvang dem Erdboden gleichgemacht hatte. Jetzt würden sie wieder ertönen, und dieses Mal würden sie hoffentlich das Schlimmste verhindern können, indem sie rechtzeitig vor einer Katastrophe warnten.
    »Die Schlägel!«, bat der Thul. Tora

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