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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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sollten Gler holen«, sagte Charlie schließlich. »Er darf nicht dort im Stall festgebunden sein, sondern sollte außerhalb auf uns warten …«
    Aber was dann? Auch wenn sie es irgendwie schafften, die Dorf-bewohner zu warnen, wo sollten sie dann hin?
    »Irgendwer wird ja wohl eine nahe gelegene Schutzstätte kennen«, meinte Tora und sah über den bevölkerten Marktplatz.
    »Wir sollten zuerst danach fragen …«
    Sie klang nicht ganz von ihrer eigenen Idee überzeugt.
    Mit einem Male löste sich ein Schatten aus der Wand, baute sich direkt vor den drei Freunden auf und schnitt ihnen den Weg ab.
    »Seid bitte still!«, sagte der Mann und zog seine Kapuze zurück.
    Charlie erkannte den Thul. Er sah sie mit unergründlichen, klaren blauen Augen an.
    »Was willst du?«, ging Kunar, der vor seine Schwester getreten war, den Fremden ungewohnt schroff an. »Was ist das für eine Art zu spionieren und aus dem Dunkeln zu treten!«
    Er war mehr als nur verärgert. Seine gesamte Haltung verriet Feindseligkeit und Verachtung. Charlie wurde an ihre Zeit im Schwarz-elfenlager erinnert. Ähnliche Blicke hatte Kunar mitunter für sie bereitgehalten, und sie begriff, dass der Thul mit seinem Auftreten wohl gegen alle gängigen Ehr- und Verhaltensregeln Godheims verstoßen hatte.
    Er maß Kunar mit einem achtsamen Blick. Charlie meinte aber auch den Anflug eines amüsierten Lächelns gesehen zu haben, das Kunar offenbar entgangen war. Der Thul verneigte sich kurz, als ob er sich entschuldigen wollte. Nach einem prüfenden Blick in alle Richtungen setzte er zu einer Erklärung an.
    »Mein Name ist Ragnar, und wie ihr bereits wisst, bin ich ein Thul. Ein Thul lebt mitunter nicht ganz ungefährlich. Ihr habt meine Geschichte natürlich gehört … Nun, um es kurz zu machen, ich bin ständig auf der Hut und meine Sinne sind geschärft. Ich bemerkte eure plötzliche Unruhe und sah auch sofort den Grund dafür. Odens Raben. Ich zog mich in den Schatten zurück, genauso wie ihr.
    Nun muss ich natürlich zugeben, dass ich neugierig war, weshalb drei junge Menschen derart wachsam sind. Meine Stärke ist es, zu wissen, was um mich herum vor sich geht. Sie verschafft mir den nötigen Vorteil, um Gefahren aus dem Weg zu gehen.«
    Diese Erklärung leuchtete Charlie ein. Sie betrachtete den Thul, wenn überhaupt möglich, noch wachsamer als zuvor.
    »Ich gebe zu, dass ich mich in eure Nähe zurückzog, um euch zu belauschen«, sagte er. »Und was ich hörte, beunruhigt mich sehr.«
    Seine blauen Augen blitzten auf, seine Stimme wurde härter. »Was um alles in der Welt lässt euch so unvorsichtig sein?«
    Was eigentlich eine Frage war, klang in Charlies Ohren wie eine kräftige Standpauke. Sie fühlte sich überrumpelt.
    »Wie ihr euch eine Woche lang vor Odens neuer Armee habt verstecken können, ist mir ein Rätsel. Und dann taucht ihr nicht einmal einen Tagesmarsch vom Ort des Geschehens auf und mischt euch, als wäre nichts geschehen, unters Volk, benehmt euch eindeutig auffällig und sprecht auch noch in aller Öffentlichkeit von euren Taten! Ja, in aller Öffentlichkeit!«, wiederholte er fast bedrohlich, als Tora empört widersprechen wollte.
    Charlie kam sich vor wie ein kleines Mädchen, das gerade bei einer äußerst dummen Tat ertappt worden war und nun die Leviten gelesen bekam.
    Die Situation war absurd.
    Hier standen sie in einem fremden Dorf am Rande von Fensal und mussten sich von einem völlig fremden Menschen vorhalten lassen, extrem unvorsichtig gehandelt zu haben.
    Das Schlimmste daran ist, dass er auch noch recht hat.
    Warnend kreiste Charlies Fylgja über dem Dorf. Das zeugte ein-deutig von einer bevorstehenden Bedrohung.
    Charlie wurde mulmig zumute. In ihrer Hast, helfen zu wollen, hatte sie alle in Gefahr gebracht.
    »Was gibt Ihnen das Recht, so mit uns zu reden!«, zischte Kunar, doch auch er fühlte sich eindeutig unwohl in seiner Haut.
    »Eure Unvorsichtigkeit!«, brummte der Thul. »Und jetzt bewegt eure kleinen Hintern. Wir haben nicht viel Zeit!«
    »Was?«, brachte Charlie endlich hervor.
    Der Thul sah sie unge-duldig an.
    »Also, falls ich mich nicht verhört habe, und davon gehe ich mit Sicherheit aus, wird Friggstorp, mit all seinen herzensguten Bewohnern und Gästen, diese Nacht nicht überleben. Wie ihr ganz richtig und treffend bemerkt habt, könnt ihr das nicht zulassen. Und ich auch nicht. Also werde ich euch helfen.«
    Er sah die drei Gestalten abschätzend an.
    »Und da ich nicht vorhabe, mich unnötig

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