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Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition)

Titel: Die Erben der alten Zeit - Der Thul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marita Sydow Hamann
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ging auf Kunar zu, der mit einem verbissenen Gesichtsausdruck Glers Zügel fest umklammerte.
    Bevor Charlie weiter über Kunars seltsame Reaktion nachdenken konnte, kam Hravn plötzlich schnurgerade auf sie zugetrabt. Zum allgemeinen Erstaunen stupste er Charlie auffordernd an und sank dann in einer eindeutigen Geste vor ihr auf die Knie.
    Charlie blickte den Pegasus verblüfft an.
    »Bist du dir sicher?«, fragte sie unsicher, obwohl sie nicht wusste, welche Antwort sie von einem Tier zu erwarten hatte – auch dann nicht, wenn es sich um einen magischen, legendären Pegasus handelte. Hravn schnaubte nachdrücklich.
    »Worauf wartest du?«, hörte sie dann Ragnar fragen.
    Es blieb nicht mehr viel Zeit.
    Charlie kletterte etwas unelegant auf Hravns Rücken. Seine perlmuttglänzenden Schwingen waren ungewohnt, doch als Hravn mit einer hastigen Bewegung auf die Beine kam, war sie froh, von eben diesen Schwingen aufgefangen zu werden.
    Charlies Beine ruhten vor Hravns Flügelansätzen, die auf diese Weise wie zwei Sicherheitshaken dafür sorgten, dass sie nicht nach hinten rutschte.
    Während sich Hravn zu Sora umdrehte und ihr sanft ins Ohr schnaubte, angelte Charlie nach den Zügeln.
    »Pass gut auf euch auf, mein Junge«, murmelte Sora und gab Hravn einen liebevollen Klaps.
    Dann trabte Hravn aus freien Stücken an den Start.
    Charlie fühlte sich auf seinem Rücken sicher, obwohl der Sattel gewöhnungsbedürftig war. Er bestand lediglich aus einer weichen Decke.
    Die Startflagge hatte fast das Ende der Fahnenstange erreicht. Hunderte Männer standen an der silbernen Linie bereit. Charlie konnte neben Pegasuspferden, Einhörnern und Hippolektrion auch vor Karren gespannte Hippogriffe sehen. Der Sulky mit den Dinopferden stand nicht weit von ihr entfernt. Noch waren ihre Mäuler zugeschnürt.
    Auch einige sehr seltsame Wesen dienten als Renntiere . Ein Greif – halb Löwe, halb Adler – war außer Kontrolle geraten. Er hatte seinen wagemutigen Reiter abgeworfen und attackierte ihn mit seinem riesigen Schnabel und den messerscharfen Krallen. Dann flog er mit kräftigen Flügelschlägen über die Wipfel des Mörkveden in die Freiheit.
    Eine Art Flusspferd schien ebenso wenig mit den Plänen seines Reiters einverstanden zu sein. Unter entsetzten Schreien der Zuschauer trampelte es den Mann zu Tode.
    Charlie stockte der Atem. Sie zwang sich nicht hinzusehen. Ihre innere Anspannung war kaum noch zu ertragen.
    Hravn breitete startbereit seine Schwingen aus. In Charlies Kopf wirbelten alle möglichen Gedanken umher, doch keiner davon ließ sich wirklich fassen. Es war, als würde alles einfach mit ihr geschehen.
    Nun nahmen die Dinge ihren Lauf, auch ohne ihr Zutun.
    Charlie fühlte die Wärme des Pegasus unter sich. Und plötzlich waren sie da! Blauschimmernde Erscheinungen, wohin sie auch blickte. Wie gebannt betrachtete Charlie die Fylgjen von Tausenden von Menschen! Nicht nur die Menge an der silbernen Startlinie wurde von blauen Wesen beschützt, sondern jedem einzelnen Menschen auf dem großen Rennplatz stand eine Fylgja zur Seite. Sogar die jüngsten Besucher waren von umher tollenden jungen Tieren und Wesen umgeben.
    Und dann folgte Charlie einem Impuls. Ihr Blick glitt, wie magisch angezogen, über die rechte Tribüne, und da sah sie ihn!
     
     
    Biarn hielt sich krampfhaft an der Brüstung fest. Es fühlte sich an, als würden sein Herz und seine Lunge von einer Kraft ergriffen, die außerhalb seines Vorstellungsvermögens lag.
    Charlie! Dort unten war sie.
    Mit reiner Willenskraft versuchte er sie vom Start abzuhalten. Sein Blick spiegelte Wut und Kraft, aber auch Angst und Hilflosigkeit wider. Er wusste, dass er es niemals rechtzeitig zu ihr an den Start schaffen würde.
    Charlie!
    Seine Charlie … wie in Trance vernahm Biarn das Startsignal – einen dumpfen Knall, so ohrenbetäubend und doch so weit entfernt …
    Nun konnte er nur noch hoffen, dass eine von ihm lange geplante Vorsichtsmaßnahme das Schlimmste verhindern würde ...
     
     
    Hravn stieß sich mit solcher Kraft vorwärts, dass Charlie alle Mühe hatte, sich auf seinem Rücken zu halten. Mit zwei schnellen Galoppsprüngen überquerte er das silberne Band.
    Obwohl Biarn auf seiner Tribüne gute fünfhundert Meter entfernt stand, war es ihr, als hätte er sich auf magische Weise neben ihr befunden. Der Blick in seine Augen hatte sich in ihre Netzhaut gebrannt: Wut, Angst und diese unendliche Kraft …
    Plötzlich fühlte sich Charlie auf seltsam

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