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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Literatur– darunter auch der erste Gedichtband seines Freundes Oscar Wilde– und einige Romane, die vermutlich seine Mutter sich gekauft hatte. Bram schüttelte heftig den Kopf, als müsse er den Schlaf vertreiben. Nein, er hatte nicht geträumt. Ivy war hier, und sie wartete unten vor dem Haus auf ihn. Rasch griff er nach dem Koffer und eilte beschwingt die Treppe hinunter.
    *
    Die Erben versammelten sich im Fountain Court vor der Middle Temple Hall. Alisa gesellte sich zu Luciano und Clarissa und achtete sorgsam darauf, Leo nicht zu nahe zu kommen. Die Vyrad führte sie zu der Mauer, an der sie früher am Abend bereits mit Malcolm gestanden und über den Garten mit seinen duftenden Rosen bis über die Themse hinausgeblickt hatte. Das war kaum mehr als zwei Stunden her, und dennoch kam es Alisa vor, als habe dies in einer anderen Welt und einem anderen Zeitalter stattgefunden. Ja, es war eine Welt gewesen, in der noch alles in Ordnung schien und sie auf Leo wartete. Eine warme, verlockende Sommernacht voller Hoffnung, Sehnsucht und Freude auf ihr bevorstehendes Wiedersehen mit Leo.
    Nun schien alles kalt und abweisend und statt des Rosendufts roch sie nur noch den Gestank der von der Themse aufstieg, die allen Dreck und das Abwasser von Hunderttausenden von Menschen mit sich führte.
    Lady Margaret forderte ihre Aufmerksamkeit. » Erben der Clans, ich hoffe, ihr habt euch in unserer Middle Temple Hall am warmen Blut gestärkt. Vielleicht habt ihr euch auch schon ein wenig umgesehen und die prächtige doppelte Stichbalkendecke dort bewundert.«
    » Ich hoffe, wir kriegen jetzt nicht stundenlang eine Vorlesung über die Wunder der Architektur«, raunte Tammo Fernand zu. Der nickte mit ernster Miene.
    » Nein, das wäre schauderhaft. Ich habe mich so vollgetrunken, dass es mir eher nach einem Nickerchen in meinem Sarg wäre oder nach einem flotten Erkundungsgang, aber bitte keine Geschichtsvorlesung!«
    Lady Margaret ignorierte das Getuschel und fuhr mit ihrer Erklärung fort. » Es war Königin Elisabeth I. persönlich, die diesen Saal geweiht hat. Schon damals gab es die schöne Eichentäfelung. Der Tisch der Benchers , unserer rangältesten Mitglieder, wurde aus den Planken einer einzigen, uralten Eiche aus dem Wald von Windsor gefertigt. Dieser Saal hat also schon viel gesehen. Festbankette und Maskenbälle, ja selbst die Uraufführung von Shakespeares › Was ihr wollt ‹ .«
    Alisa horchte auf. Wider Willen lauschte sie nun doch interessiert Lady Margarets Worten und ließ sich von ihrem Kummer ablenken.
    » Dies waren allerdings nicht die Hauptfunktionen dieser Halle. Nein, hier trafen sich seit jeher die ehrwürdigen Juristen, Anwälte oder Barrister , wie sie hier heißen, zum Dinner. Noch heute ist es festgeschrieben, dass jeder Student der Juristerei dreimal in jedem Semester an einem offiziellen Dinner seines Inn of Court teilnehmen muss, bei dem nicht nur vorzüglich getafelt wird, er muss sich auch in rechtlichen Streitgesprächen behaupten. Doch dazu später mehr. Gehen wir ein Stück, und dabei noch weiter in der Geschichte zurück.«
    Alisa sah, wie Tammo gequält mit den Augen rollte. Ihr kleiner Bruder wollte wohl nie erwachsen werden. Er war jetzt immerhin schon dreizehn. So alt, wie Alisa und ihre Freunde gewesen waren, als sie sich zum ersten Akademiejahr in Rom getroffen hatten. Und soweit sich Alisa zurückerinnern konnte, war sie schon damals wissbegierig gewesen und hatte alles Neue geradezu in sich aufgesogen. Tammo dagegen führte sich immer noch wie ein kleines Kind auf.
    » Worüber du dir wieder einmal den Kopf zerbrichst! Es kann nicht jeder so eine Streberin sein wie du«, kommentierte ihr Bruder und stieß ihr unsanft in die Rippen. » Es muss auch Vampire geben, die wissen, was Spaß macht und worauf es ankommt, und dazu gehören nun einmal keine langweiligen Geschichtsvorträge.«
    » Na, jedenfalls hast du bei den Dracas gut aufgepasst und ausnahmsweise ernsthaft geübt, wie ich sehe.«
    » Nur weil es mir gelingt, deine Gedanken zu lesen, Schwesterherz?«, gab Tammo nachlässig zurück.
    » Von wegen › nur ‹ «, widersprach Alisa scharf. » Was fällt dir ein, und wie hast du es überhaupt geschafft, meinen Schutzwall zu durchbrechen?«
    Tammo zuckte mit den Schultern. » Na, für mich war das jetzt nicht so schwer. Also entweder bin ich inzwischen besser als du.« Er grinste breit bei dem entsetzten Gesicht, das Alisa bei dieser Vorstellung zog. » Oder du warst gerade

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