Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad
bis morgen Abend. Es ist schon spät, und bald müssen wir zurück in der großen Halle sein, um dem Governor Bericht zu erstatten.«
» Eben, dann hätten wir noch mehr zu erzählen!«, drängte Fernand.
» Nutzen wir lieber die Zeit, mit Malcolm zu üben, wie man der Macht der aufgehenden Sonne entgeht!«, widersprach Alisa.
Darauf waren Tammo und Fernand auch neugierig und so ließen sich die beiden überreden, alles Weitere auf die folgende Nacht zu verschieben. Marie Luise sagte gar nichts dazu, sondern folgte den anderen stumm zum Temple zurück. Es war schwer zu beurteilen, was sie dachte, aber die berühmte Arroganz der Dracas war ihr auf jeden Fall noch nicht abhandengekommen.
The House of Correction
Unter Rowenas Führung machten sich die Erben ihrer Gruppe auf den Weg nach Clerkenwell, wo sich das berüchtigte Gefängnis befinden sollte, von dem in dem Brief die Rede gewesen war. Schon bevor sie die Tore des Temple hinter sich ließen, gab es die ersten Differenzen in ihrer Gruppe. Rowena hakte sich bei Mervyn ein, ohne sich um den Ausdruck der Abscheu in Karl Philipps Miene zu kümmern, und ging munter voran auf das nördliche Torhaus zu. Der Dracas wandte den Blick ab und ließ ihn zu Luciano schweifen, der leise auf Clarissa einredete. Dahinter kamen Ivy und Seymour.
Franz Leopold ahnte seine Gedanken, noch ehe sein Vetter sie aussprach.
» Die Unreinen bleiben hier!«
» Was?« Rowena und Mervyn hielten inne und wandten sich um. » Warum sollten sie?«
Karl Philipp verschränkte die Arme vor der Brust. » Ich habe Tibor angewiesen, hier auf mich zu warten, da wir eine Aufgabe für die Akademie erledigen, und auch Matthias bleibt im Temple zurück. Lautete der Befehl eures Lords nicht, wir sollen unsere Aufgabe allein lösen?«, fragte er Rowena mit einem gehässigen Grinsen auf den Lippen. Dann wandte er sich um.
» Also, Clarissa und Ivy, schert euch zu Euresgleichen und wartet, bis wir zurückkommen.«
Während Clarissa beim Tonfall seiner Worte zusammenzuckte und ein Gesicht machte, als quäle sie wieder der Schmerz der Wandlung, verzog Ivy keine Miene. Seymour dagegen knurrte und zeigte die Zähne. Auch Rowena sah man an, dass sie sich über den Dracas ärgerte, dennoch nahm sie mit ruhiger Stimme seine Worte auf. » Befehl? Nein, so würde ich das nicht sagen. Natürlich will er, dass wir die Aufgabe für uns lösen, aber er hat nicht untersagt, dass uns Unreine begleiten.«
» Ich sage, sie bleiben hier!«, bekräftigte Karl Philipp.
Clarissa trat ein Stück zurück. » Ich dränge mich nicht auf, wenn man meine Gesellschaft nicht wünscht«, sagte sie sichtlich gekränkt.
Franz Leopold schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. » Und ich sage, dass dich das nichts angeht, Vetter! Wenn Luciano Clarissa mitnehmen will, dann ist das seine Sache. Und was Ivy tut oder lässt, geht dich schon gleich gar nichts an. Ich habe sie gebeten, mit uns zu kommen, und dabei bleibt es.«
» Ach, und jetzt willst du auch noch mir Befehle erteilen?«, erkundigte sich Karl Philipp mit bösem Unterton.
» Wenn du es derart herausforderst«, gab Franz Leopold ungerührt zurück, begleitete seine Worte aber mit einem schmerzhaften Energiestoß, der Karl Philipps Geist zusammenpresste, bis dieser aufstöhnte. Hasserfüllt starrte er den jüngeren Vetter an, konnte aber nichts tun, um sich aus seiner Gewalt zu befreien. Franz Leopold war eindeutig der Stärkere von beiden, zumindest auf diesem Gebiet, bei dem es nicht um reine Körperkraft ging.
» Genug jetzt!« Ivy trat vor und legte Franz Leopold ihre Hand auf den Arm. » Lassen wir das bis später ruhen und gehen wir unsere Aufgabe lösen.«
Er lächelte grimmig. » Gut, das ist ganz in meinem Sinn.«
» Kommst du, Clarissa?«, forderte Luciano die Vampirin auf, die stattdessen noch einen Schritt zurückwich.
» Ich werde niemandem im Weg sein. Wenn Unreine nicht erwünscht sind, gehe ich zurück und warte in meiner Kammer.«
Luciano verdrehte die Augen und wollte zu ihr, um wieder einmal auf sie einzureden, ihr zu schmeicheln und sie von seinen wahren Gefühlen zu überzeugen, doch Leo war schneller. Er deutete eine Verbeugung an, griff nach Clarissas Hand und zog sie durch seine Armbeuge.
» Gehen wir. Ich erkläre es dir unterwegs.«
Clarissa versuchte vergeblich, sich ihm zu entziehen. Gegen seine Kräfte hatte sie keine Chance. So blieb ihr nichts anderes übrig, als seinem Schritt zu folgen, wollte sie nicht riskieren, über ihre
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