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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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unterschätzen. Du hast also gelauscht?
    Ich habe lediglich achtgegeben, dass du keinen Schaden anrichtest, korrigierte Ivy.
    Woher kommt nur mein schlechter Ruf?, fragte sich Franz Leopold und hob in gespielter Verwunderung die Brauen.
    Den hast du dir mit viel Mühe und Ausdauer erworben!
    Tatsächlich? Dann muss ich wirklich darauf achten, dass mich nicht noch einmal solch freundliche Anwandlungen überkommen. Nicht dass ich meinen schlechten Ruf verliere und gar für so gefühlsduselig gehalten werde wie Luciano. Mich schaudert bei diesem Gedanken!
    Ivy lächelte. Ja, diese Gefahr könnte durchaus bestehen. Hast du schon mit Alisa gesprochen?
    Mit einem Mal war seine gute Laune verflogen. Mürrisch starrte er Ivy an. Nein, und ich habe es auch nicht vor, was du sehr genau weißt. Ich werde ganz bestimmt nicht um ihre Zuneigung betteln und mich zum Narren machen. Und ich habe auch nicht vor, Malcolm zum Zweikampf zu fordern und ihm das Herz mit einem Degen zu durchstoßen. Das wäre nicht fair. Schließlich war er nicht mit in Wien letztes Jahr und hatte keine Gelegenheit, sich von uns in die Kunst des Fechtens einweisen zu lassen. Schade eigentlich. Wenn ich genauer darüber nachdenke, wäre er besser mitgekommen. Dann hätten wir uns alle diese Farce der verwirrten Gefühle und falschen Schwüre erspart.
    Er spürte von Ivy eine Welle des Zorns, die nicht zu ihrem sanften Wesen zu passen schien. Überrascht sah er sie an. Ihr fiel es selbst schwer, eine unbeteiligte Miene zu wahren. Sie kämpfte die Wut nieder, ehe sie erwiderte:
    Leo, manches Mal kann ich nicht fassen, wie klar du die Dinge bei anderen siehst und wie blind du bist, wenn es dich selbst betrifft. Du erkennst die Probleme, die Clarissa und Luciano miteinander haben, und versuchst sie zu beseitigen, während du dich gleichzeitig immer tiefer in deine eigenen Missverständnisse verrennst. Du bist in dieser Beziehung mindestens genauso dumm und blind wie Clarissa! Mach die Augen auf und sieh richtig hin! Du kannst doch die Gefühle anderer so gut lesen, also setze deine Fähigkeiten ein Mal sinnvoll ein und entwirre den Knoten, solange es noch möglich ist. Du machst mir nichts vor, ich sehe, wie du leidest, und ich sage dir, Alisa leidet vielleicht sogar noch mehr.
    Nicht möglich! Ist Malcolm ein solcher Langweiler? Dagegen kann ich leider nichts tun. Aber um auf dich zurückzukommen. Seine Stimme in Ivys Kopf wurde schneidend. Halte dich da raus! Ich lege keinen Wert auf deine Ratschläge bezüglich meines Gefühlslebens. Ich komme sehr gut ohne dich zurecht!
    Ivy erwiderte nichts. Sie sah ihn für einen Moment mit einem Ausdruck an, der selbst Franz Leopold einen eisigen Schauder über den Rücken jagte. Dann war es vorbei, und er fragte sich, ob er sich geirrt hatte. So etwas passte einfach nicht zu Ivy, dachte er zum zweiten Mal innerhalb nur weniger Minuten.
    Sie gingen weiter. Nun folgten sie der Clerkenwell Road nach Osten, und mit einem Schlag wandelte sich die Stadt. Der Wechsel war innerhalb weniger hundert Schritte so deutlich, dass sich die Vampire verwundert umsahen. Nein, dieses Viertel hatte nichts mehr mit der ehrwürdigen Strenge und alten Vornehmheit gemein, die Holborn und die vier Inns of Court ausstrahlten. Sie warfen einen Blick die Turnmill Street hinunter, eine dunkle Straße, gesäumt von elenden Behausungen, über deren mit Unrat übersätem Straßenpflaster sich Nebelschwaden zusammenzogen. Trotz der späten Nachtstunde herrschte hier noch wildes Treiben. Zwielichtige Gestalten kamen und gingen. Aus den Pubs drang grölender Gesang. Trüb schimmerte das Licht von Lampen durch schmutzige Fenster auf die Gasse. Sogar einige Kinder, die sicher noch nie eine Schule von innen gesehen hatten, waren noch unterwegs. Einige Weiber in aufreizend bunten, aber schrecklich verdreckten Kleidern keiften einander an. Eine hing am Arm eines Mannes, der nicht hierher zu gehören schien. Sie schleppte ihn auf ein schmales, windschiefes Haus zu und verschwand mit ihm in dessen Eingang. Sein schwankender Schritt verriet, dass er sich vielleicht nicht im Klaren war, wo er sich befand und auf was er sich da einließ. Er konnte froh sein, wenn er bei diesem Abenteuer nur seine Börse verlor!
    Der Nebel breitete sich über die Gasse aus und stieg langsam höher. Stinkender, grünlicher Nebel, der rasch dichter wurde und mit wabernden Fingern nach allen Seiten um sich griff.
    » Was ist denn das?«, wunderte sich Luciano. » Wo kommt dieser üble

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