Die Erben der Schöpfung
kleines Spesenkonto – es dürfte nicht allzu teuer werden.«
Cynthia, die spürte, dass ihre Felle davonschwammen, wechselte den Kurs. »Aber Sie versprechen mir, dass Sie die Sache nach vier Wochen aufgeben, wenn Sie keine einwandfreien, verwertbaren Beweise finden, die die Geschichte belegen?«
Susan kreuzte hinter dem Rücken die Finger. »Ich versprech’s.«
Jack verzog besorgt die Miene. »Ich finde die Sache auch recht bedenklich, Susan. Ich werde Sie über jedes Detail ausquetschen, und ich erwarte ethisch korrekte Recherchen. Keine Einbrüche. Keine Bestechungsgelder. Nichts, was sich hinterher böse rächen könnte.«
Susan sah beide lächelnd an. »Sie werden es nicht bereuen. Wann kann ich aufbrechen?«
Cynthia fügte sich in den Lauf der Dinge. »Haben Sie die Artikel über die Fünflinge und die Chemotherapie schon redigiert?«
Susans Lächeln wurde noch breiter, als sie die beiden Disketten aus der Tasche zog.
Cynthia ging auf die Tür zu. Mit dem Türknauf in der Hand wandte sie sich noch einmal um. »Ich hoffe, Sie können ihnen ein für alle Mal das Handwerk legen.«
Susan flüsterte Jack ein schnelles Dankeschön zu, ehe sie auf schnellstem Weg zu ihrem Schreibtisch zurückeilte. In euphorischem Überschwang, gleichzeitig aber beklommen und dankbar, drückte sie ein paar Tasten auf ihrem Computer und buchte den Flug. Dann schnappte sie sich ihren Mantel, schwebte aus dem Büro, die Treppe hinunter und auf den Parkplatz. Die Türen ihres silbernen Lexus gingen klickend auf, und schon fädelte sie in den Verkehr ein und fuhr mit hohem Tempo durch die Straßen von Washington, D. C. Noch während der Fahrt klappte sie ihr Handy auf und wählte die Nummer ihres Mannes. »Hallo, Schätzchen, wenn du das hier abhörst, ruf mich zurück. Rate mal, wer bald nach Brasilien fliegt.«
Eine halbe Stunde später hatte sie ihr Ziel erreicht. Sie manövrierte den Wagen in eine Lücke mit einer Parkuhr, stieg eilig aus, warf eine Münze ein und ging mit schnellem Schritt auf das hohe Bürogebäude zu. Der Aufzug spuckte sie im zwölften Stock in einem geschmackvoll eingerichteten Büro wieder aus. An den mit Glaseinsätzen versehenen Türen stand in silbernen Lettern »Zentrum für konservative Werte«.
Am Empfang saß ein einsamer Sekretär. »Kann ich Ihnen helfen?«
Susan beugte sich vertraulich zu dem Rezeptionisten hinab. »Ja, das wäre schön. Ich muss Reverend Jones in einer dringenden Angelegenheit sprechen.«
»Ich bedauere, aber das wird heute nicht möglich sein. Darf ich Ihre Nummer und eine Nachricht notieren?«
»Hören Sie, ich weiß, dass das ein bisschen unkonventionell ist, aber vielleicht darf ich es Ihnen erklären. Ich bin Reporterin bei Associated Press und eine glühende Anhängerin der Arbeit von Reverend Jones. Zufällig habe ich erfahren, dass eine äußerst unschmeichelhafte Geschichte über den Reverend und sein Zentrum in Umlauf ist. Ich glaube, ein kleiner Hinweis könnte dazu beitragen, die erregten Gemüter ein wenig zu beruhigen und Ihre Arbeit in ein wesentlich günstigeres Licht zu rücken. Ich bin mir sicher, dass er gern mit mir sprechen würde.« Sie lächelte den Mann hinter dem Tresen an, während sie ihn weiter hemmungslos belog. »Ich riskiere hier wirklich einiges«, fügte sie mit einem Zwinkern hinzu.
Der junge Mann überlegte. »Warten Sie doch bitte einen Augenblick«, sagte er, ehe er sich abrupt erhob und durch eine Tür verschwand. Nach wenigen Minuten kehrte er zurück. »Der Reverend ist so freundlich, sich für Sie Zeit zu nehmen. Bitte kommen Sie hier entlang.«
Susan dankte dem Sekretär und wurde gleich an der Tür von einem hochgewachsenen, gut aussehenden Mann Ende vierzig begrüßt, der eine Pratze von den Ausmaßen des Staates Texas und eine Stimme von entsprechender Reichweite hatte. »Schönen guten Tag, Ma’am. Es ist mir stets eine Freude, mit den wackeren Damen und Herren von der Presse zu sprechen. Ich glaube, ich habe Ihren Namen sogar schon einmal gehört.«
»Hallo, Reverend. Freut mich sehr, Sie zu sehen. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.«
»Kommen Sie herein und setzen Sie sich. Was kann ich für Sie tun?« Das Büro des Reverends war elegant. Auf einem edlen beigen Teppich stand ein schwerer Schreibtisch aus Eichenholz. Etliche Gemälde mit klassischen christlichen Szenen zierten die Wände. Ein gerahmtes Foto des Reverends mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten befand sich unübersehbar neben einem
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