Die Erben der Schöpfung
Sternenbanner auf einer Kommode hinter seinem Schreibtisch. Susan setzte sich auf einen der Stühle davor. Auf der Vorderseite des Schreibtischs waren das Wappen der Organisation und ein Wahlspruch eingraviert.
»Ich muss Ihnen gestehen, dass ich mir ein kleines Täuschungsmanöver erlaubt habe«, begann Susan. »Die Sache, die ich mit Ihnen besprechen will, ist zwar tatsächlich dringend, aber ich wollte sie auf keinen Fall jemand anders als Ihnen anvertrauen.«
Ein kaum merklicher Anflug von Ärger zog über die freundliche Miene des Reverends. Er bedeutete ihr fortzufahren.
»Es stimmt, dass ich Reporterin bei Associated Press bin, und zwar im Ressort Gesundheit und Wissenschaft. Kürzlich habe ich einen Hinweis auf eine Geschichte von unglaublicher Tragweite bekommen, die für Sie und Ihre Organisation enorm wichtig sein könnte. Ist Ihnen klar, dass unser Gespräch unter allen Umständen vertraulich behandelt werden muss?«
Er nickte unbeeindruckt.
»Es gibt da eine sehr große Firma, die biomedizinische Forschung betreibt, allerdings möchte ich momentan nicht sagen, wie sie heißt. Ich habe stichhaltige Beweise von einer internen Quelle bekommen« – sie tätschelte den dicken Umschlag auf ihrem Schoß –, »denen zufolge diese Firma heimlich moralisch zweifelhafte Forschungen betreibt.« Ihr Tonfall war an ihre Zuhörerschaft angepasst und ließ eine bevorstehende Predigt erwarten.
»Wie Sie wissen«, fuhr Susan fort, »werden die Maßstäbe unserer Gesellschaft hinsichtlich dessen, wo man in der medizinischen Forschung die Grenzen ziehen sollte, immer nachlässiger. Hier geht es nun darum, dass die betreffende Firma an etwas Bahnbrechendem arbeitet, das auf Kosten geheimer Forschungen an menschlichen Feten entstanden sein könnte, die ausschließlich für diese Forschungen gezüchtet worden sind.«
»Tatsächlich.« Der Reverend beugte sich vor und drückte die Fingerspitzen aneinander. Seine Augen funkelten.
»Diese Forschungen werden mit erbarmungsloser Missachtung des menschlichen Lebens betrieben und haben eventuell zum Ziel, intelligente Affen zu erschaffen, die den Unterschied zwischen Mensch und Tier verwischen, zwischen medizinischer Forschung und gottähnlicher Anmaßung.« Sie machte eine Kunstpause.
»Sie besitzen offenbar ein ausgeprägtes moralisches Feingefühl, Ma’am. Aber nun sagen Sie mal, handelt es sich hier um Forschungen, die unschuldige Ungeborene das Leben kosten?«
»Sie haben es erfasst, Reverend. Nun konnte ich mich zwar durch geschützte Quellen bereits selbst davon überzeugen, dass diese Dinge tatsächlich geschehen, jedoch fürchte ich, dass meine Nachforschungen nicht dafür ausreichen, diese Verbrechen aufzudecken. Solange niemand akkurat dokumentiert, was dort vor sich geht, werden die Forschungen wahrscheinlich nicht nur fortgeführt, sondern die Früchte dieser Tätigkeit werden womöglich auch noch als Freibrief für weitere Bemühungen in ähnlicher Richtung begrüßt. Und der düstere Hintergrund kommt vielleicht nie ans Tageslicht.«
»Ich bin ganz Ohr, Ma’am.«
»Wenn wir zulassen, dass diese Entwicklung ungestört weiterläuft, könnte es sehr schwierig werden, den Nutzen der Forschungsergebnisse in Zweifel zu ziehen. Jeder entsprechende Versuch würde in den Ruch geraten, nichts als blanker Neid zu sein. Wenn wir ihnen aber sozusagen den Wind aus den Segeln nehmen und die Geschichte im richtigen Licht präsentieren, könnte aus der Gesellschaft heraus ein solch enormer Widerstand gegen derart unethische Forschungen entstehen, dass andere sich ein für alle Mal davon abschrecken lassen, irgendwann etwas Ähnliches zu versuchen.« Sie endete mit einer ausgreifenden Handbewegung.
»Und wie kann ich Ihnen bei Ihrem verdienstvollen Vorhaben helfen?«
»Nun, leider fehlen uns die Mittel, um eine richtige Untersuchungsexpedition zu finanzieren. Ich könnte die Sache natürlich an freizügiger gesinnte Medien weitergeben, doch dabei wird die Geschichte womöglich regelrecht auf den Kopf gestellt. Können Sie mir folgen?«
»Voll und ganz.«
»Ein kleiner Geldbetrag wäre enorm hilfreich dabei, diese Geschichte in angemessener Form publik zu machen.«
»Darf ich um irgendeinen Nachweis darüber bitten, was Ihnen an Indizien vorliegt?«, fragte er höflich.
»Gewiss«, antwortete Susan lächelnd und zeigte ihm mit Bedacht ausgewählte Dokumente über den genetisch veränderten Schimpansen.
»Würden Sie mir bitte folgen?« Der Reverend erhob sich und
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