Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
von Seeleuten, die grausam verstümmelt waren.
    Fahles Mondlicht fiel durch die Fensterläden und warf dunkle Schatten, in denen selbst vertraute Gegenstände drohend und unheimlich wirkten.
    »Piraten«, flüsterte Elena leise.
    Dann fiel sie in unruhigen Schlaf.
     
     
     
    Mit den Beibooten der Seadragon waren sie an Land gegangen.
    Jenseits der Klippen, die den Hafen von Maracaibo säumten und ihm natürlichen Schutz gaben, hatte Nick nur den Taglichsanker werfen lassen, damit die Seadragon rasch wieder auslaufen konnte. Pater O’Rorke und zwei weitere Mitglieder der Mannschaft hatte Nick zurückgelassen, um das Schiff zu bewachen, alle anderen hatte er mitgenommen, denn bei diesem Unternehmen wurde jede verfügbare Hand gebraucht.
    McCabe und Demetrios, die in den Küstensümpfen oft auf Jagd gegangen waren, übernahmen es, die Bukaniere zurück auf dem Weg zu führen, über den Nick und Nobody Jim erst vor wenigen Wochen aus der Gewalt der Sklaventreiber geflohen waren. Durch dunkles Dickicht und auf verschlungenen Pfaden ging es nach Norden, den Bergen entgegen, die hin und wieder durch das Blattwerk zu sehen waren – hohe, dunkle Schatten, die sich gegen den sternklaren Himmel abzeichneten.
    Der Mond tauchte den Dschungel in unheimliches Licht, und von allen Seiten waren knackende, zischende und knurrende Laute zu hören, ein beständiges Rascheln, Plätschern und Knistern, das die Bukaniere daran erinnerte, dass sie nicht allein in diesen Sümpfen waren und vorsichtig sein mussten. Die Begegnung mit den Alligatoren war Nick noch zu gegenwärtig, als dass er ein Verlangen verspürt hätte, dergleichen zu wiederholen. Zusammen mit McCabe marschierte er an der Spitze des Zuges, die geladenePistole in der Hand und darauf vertrauend, dass der Schotte sie sicher durch die Sümpfe führte.
    Er wurde nicht enttäuscht.
    Nach gut einstündigem Marsch erreichten sie den Hang, den Nick und Jim in der Nacht ihrer Flucht so halsbrecherisch herabgestürzt waren. Der durchweichte Boden bot keinen Halt, deshalb mussten die Bukaniere Seile und Enterhaken benutzen, um den Abhang zu erklimmen. Sich bäuchlings durch Schlamm und Morast zu schleppen und dabei noch Bekanntschaft mit Blutegeln, Würmern und anderem Getier zu machen, war nicht nach jedermanns Geschmack, und so mancher Bukanier bereute schon jetzt, dem wagemutigen Plan zugestimmt zu haben. Aber Nick ließ sich nicht beirren. Unermüdlich trieb er seine Leute an und sprach ihnen Mut zu, und wenn ihre Kräfte nachließen, streckte er ihnen die Hand hin, um sie heraufzuziehen.
    Als sie den Grat endlich erreicht hatten, gönnte Nick den Männern eine kurze Rast. Dann ermahnte er sie, sich zusammenzunehmen und auf der Hut zu sein – sie befanden sich in Reichweite der spanischen Garnison.
    »Ab jetzt kann euch jeder Fehler, den ihr macht, an den Galgen bringen«, schärfte er ihnen ein. »Oder ihr habt Pech und endet als Sklaven. Seid also wachsam, ich will keinen von euch verlieren, verstanden?«
    »Aye, Käpt’n«, kam es aus rauen Kehlen zurück.
    »Bereit, McCabe?«
    »Aye, Nick.«
    »Jim?«
    »Von mir aus kann’s losgehen«, gab der Afrikaner zurück, von dem in der Dunkelheit nur die weißen Augen und zwei blitzende Zahnreihen zu erkennen waren. »Ich kann es kaum erwarten, das dumme Gesicht von Unquatl zu sehen.«
    »Passt auf euch auf«, sagte Nick. »Und vergesst nicht, uns das verabredete Zeichen zu geben.«
    »Keine Sorge«, versicherte McCabe mit Blick auf das kleine Pulverfass, das er auf der Schulter trug. »Wir werden ein Zeichen setzen, das die Spanier so schnell nicht vergessen werden.«
    »Dann los – und viel Glück.«
    McCabes Gruppe schlich davon – insgesamt vierzehn Mann, von denen jeder eine ihm zugewiesene Aufgabe zu erfüllen hatte. Die restlichen vier Männer blieben bei Nick, unter ihnen auch Cutlass Joe.
    Jim hatte Nick für verrückt erklärt, weil dieser seinen Rivalen mit ins Lager des Feindes nehmen wollte. Aber zum einen ging Nick davon aus, dass auch Joe nicht erpicht darauf war, am Galgen oder in Sklavendiensten zu enden. Zum anderen konnte er so wenigstens ein Auge auf ihn haben und sicherstellen, dass er keine Dummheiten machte.
    »Und jetzt?«, fragte der Rothaarige, der in der Dunkelheit neben ihm kauerte.
    »Wir begeben uns auf unseren Posten«, erwiderte Nick leise. »Sobald wir das Signal bekommen, schlagen wir los …«

12.
    N obody Jim war alles andere als wohl dabei, wieder jenen Pfad einzuschlagen, auf dem er so

Weitere Kostenlose Bücher