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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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brüllte jemand mit heiserer Stimme, und im nächsten Moment begann die Glocke zu läuten – wie in jener Nacht, in der Nick und Jim geflohen waren.
    Das Geräusch jagte dem Afrikaner kalte Schauer über den Rücken. Im Wachhaus auf der anderen Seite des Lagers wurden Lichter entzündet, hektisches Geschrei war zu hören. Erneut fielen Schüsse, deren Zündfeuer die Nacht flackernd erhellte.
    »Los«, drängte Jim McCabe, »lass uns Fersengeld geben.«
    »Aye, Matey«, meinte der Schotte nur und legte Feuer an die Lunte.
    Zischend entzündete sich das Pulver, und wie ein Lauffeuer wanderte die Flamme über den Boden, fraß sich auf die Palisaden zu und erreichte das Pulverfass …
     
     
     
    Am Fuß der Festungsmauern warteten Nick und seine Gefährten – eine gute halbe Stunde lang, die Nick wie eine Ewigkeit vorkam. Cutlass Joe fürchtete, dass McCabe und die anderen es nicht geschafft haben könnten, und forderte Nick mehrmals zum Umkehren auf. Zumal, als Schüsse zu hören waren.
    Aber Nick blieb unbeirrt – und endlich wurde seine Geduld belohnt. Ein dumpfer Knall drang aus der Bucht, ein Donnerschlag, der im Kessel der rings aufragenden Berge verhallte. Jenseits der trutzigen Festungsmauern wurde der Nachthimmel von orangerotem Schein erhellt. McCabe hatte das Pulverfass hochgehen lassen – das verabredete Zeichen.
    »Na?«, raunte Nick Cutlass zu, der im Dickicht neben ihm lauerte. »Bist du nun zufrieden?«
    Der ehemalige Piratenkapitän brummte etwas Unverständliches, was Nick nicht weiter kümmerte. Jetzt galt es, die Verwirrung zu nutzen und rasch zu handeln.
    Aus der Festung waren heisere Schreie zu hören. Befehle wurden gebrüllt, die ganze Garnison war schlagartig auf den Beinen. Während die Soldaten ihre Aufmerksamkeit dem Sklavenlagerzuwandten, vernachlässigten sie die rückwärtige Seite der Festung – und das war die Gelegenheit, auf die Nick gewartet hatte.
    »Jetzt!«, zischte er seinen Gesellen zu, und mit Enterhaken und Seilen bewehrt, stürzten sie aus dem Unterholz. Pater O’Rorke hatte ihnen nahe gelegt, sich Gesicht und Hände mit Ruß zu schwärzen, damit sie in der Dunkelheit weniger leicht gesehen werden konnten. So erreichten sie unbemerkt die Mauern und warfen ihre Haken.
    Der metallische Klang, mit dem die Eisen sich verfingen, war kaum auszumachen gegen das lärmende Chaos, das in der Festung herrschte. Eine Trommel rief die Männer zum Appell, die Korporäle schrien wild durcheinander. Nick konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die Explosion hatte die Spanier völlig unerwartet getroffen – genau, wie er gehofft hatte.
    Die Beine gegen das Mauerwerk gestemmt, kletterte Nick an der Festungsmauer empor, die nach spanischer Art leicht abgeschrägt war. Schon erreichte er die Zinnen und warf einen Blick in den Innenhof, wo in der Tat ein fürchterliches Durcheinander herrschte. Mit Musketen und Hellebarden bewaffnete Soldaten eilten umher und sammelten sich bei ihren Unterführern, deren Befehle durcheinander hallten. Die Ersten verließen bereits den Festungshof und rückten durch das große Haupttor aus, um die Wachen im Sklavenlager zu verstärken.
    Sollen sie nur, dachte Nick grinsend.
    Rasch überwand er die Mauer, erklomm den Wehrgang und half seinen Leuten hinauf. In gebückter Haltung huschten die vier Bukaniere den Gang hinab bis zu einem der Türme, wo eine steinerne Treppe hinabführte – als ihnen unvermittelt ein Soldat entgegenkam.
    »Que …« , war alles, was der Spanier hervorbrachte – dann hatte Nick ihm schon vor die Brust getreten.
    Der Soldat gab einen dumpfen Laut von sich und fiel hintenüber; der Sturz über die steile Treppe kostete ihn das Leben. Beim Anblick des leblosen Körpers, der in grotesker Verrenkung am Fuß der Stufen liegen blieb, kam Nick eine Idee. Kurzerhand eilte er hinab, nahm Helm und Harnisch des Soldaten an sich und legte sie sich selbst an.
    »Was soll das?«, fragte Joe.
    »Tarnung«, sagte Nick nur. »Falls mich jemand sieht, wird er mich auf den ersten Blick für einen Spanier halten.«
    »Und auf den zweiten Blick?«
    »Dazu wird es nicht kommen«, versicherte Nick grimmig.
    Er öffnete die hölzerne Tür des Turmes einen Spalt und blickte hinaus auf den Hof. Das Durcheinander dort hatte sich ein wenig gelegt, die meisten Soldaten waren ausgerückt.
    »Los«, raunte Nick seinen Gefährten zu, und sie huschten hinaus. Im Laufschritt überquerten sie den Innenhof, passierten die Stallungen und die Eingänge zu den

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