Die Erben von Hammerfell - 5
genauso aussieht wie dieses Pack?«
Erminie legte ihrem Sohn die Hand auf den Arm. »Soll ich eine Sänfte rufen? Oder möchtest du bleiben?«
Alastairs Hand lag noch immer in der Florias. Er hatte nicht den Wunsch, sich zu bewegen. Floria betrachtete ihn mit beschützerischer Entrüstung.
»Ich glaube, er sollte jetzt nicht gehen«, sagte Floria. »Gwynn, gieß ihm etwas Wein ein, falls diese Rüpel ihn nicht ganz ausgetrunken haben. Setzt Euch, Cousine Erminie; Ihr könnt Euch das Konzert ebensogut hier anhören.«
Der Tumult legte sich. Das Orchester begann mit einer Ouvertüre, und Erminie nahm neben Alastair Platz. Sie war erschüttert. Was spielte sich in dieser Stadt ab, die sie so gut kannte? Die Eindringlinge hatten sie und ihren Sohn angesehen, als seien sie Ungeheuer. Aber sie war doch nur eine einfache, schwer arbeitende Frau und nicht einmal reich. Was konnten sie gegen sie haben?
Sie sah, daß Floria die Hand Alastairs hielt, und ohne zu wissen, warum, war sie plötzlich von bösen Vorahnungen erfüllt. Doch die beiden waren Vetter und Cousine, sie waren zusammen aufgewachsen, und eine Heirat wäre eine passende Partie. Weshalb beunruhigte sie der Gedanke so?
Sie hob den Blick zu der königlichen Loge. Königin Antonella, deren steifes Bein immer noch auf dem Schemel hochgelegt war, mampfte seelenruhig Nußkuchen, als habe es nie eine Unterbrechung gegeben.
Plötzlich mußte Erminie lachen und konnte nicht mehr aufhören. Aus den anderen Logen sandte man ihr zornige Blicke zu. Edric bot ihr Riechsalz und einen Schluck Wein an, aber sie konnte es nicht unterdrücken, so sehr sie sich auch bemühte. Zuletzt mußte Edric sie in den Vorraum der Loge beinahe tragen, wo ihr Lachen in Weinen umschlug. Sie lag m Edrics Armen und weinte, bis sie zusammenbrach.
VI
Conn von Hammerfell fuhr mit einem Schrei aus dem Schlaf und faßte nach seinem Arm, von dem er glaubte, er sei blutüberströmt. Die Dunkelheit und die Stille verwirrten ihn. Nur das heftige Schneetreiben, das gegen die Fensterläden anstürmte, und das Schnarchen schlafender Männer waren zu hören. In dem schwachen rötlichen Schein des Feuers sah Conn einen Kessel an einem Haken schaukeln. Ein angenehm fruchtiger Geruch entströmte ihm. Neben Conn richtete Markos sich auf und blinzelte in die Finsternis.
»Was ist, mein Junge?«
»Ah, das Blut…« murmelte Conn. Dann wurde er ganz wach und stellte fest: »Aber es ist niemand hier…«
»Wieder ein Traum?«
»Es kam mir alles so wirklich vor«, berichtete Conn mit benommener, schläfriger Stimme. »Ein Dolch – wir kämpften – der Mann erzwang sich Zutritt – um mich herum waren Leute in so feinen Kleidern, wie ich sie nur in Träumen gesehen habe, ein alter Mann, der ein Verwandter war und sich bei mir entschuldigte – und ein schönes Mädchen in einem weißen Kleid. Es…« Er unterbrach sich, runzelte die Stirn und fuhr sich mit den Fingern über den Unterarm, als erstaune es ihn, daß kein Blut da war. »Ich weiß nicht, was es gemacht hat, aber es stillte die Blutung.« Er sank auf die primitive Strohmatratze zurück. »Oh, es war schön…«
»War das wieder eine Traumjungfrau?« Markos lachte gutmütig. »Du hast früher schon von ihr gesprochen, aber in letzter Zeit nicht mehr. War es dieselbe? War da noch mehr?«
»O ja – Musik und ein Mann, der sich über mein Erbe lustig machte und Streit anfing – und meine… Mutter, und ich weiß nicht, was sonst noch alles – du kennst das ja, wie in Träumen alles durcheinandergeht.« Er seufzte, und Markos, der auf dem Strohsack neben Conn lag, nahm die Hand des jungen Mannes in seine knorrige alte Pranke.
»Leise – weck die anderen nicht auf«, mahnte er und wies in die Dunkelheit, wo vier oder fünf Gestalten lagen. »Schlaf, Junge. Wir haben eine lange Nacht und einen noch längeren Tag vor uns. Da dürfen wir keine Zeit damit verschwenden, uns über Träume aufzuregen – falls es wirklich ein Traum war. Schlaf noch, sie können frühestens um Mitternacht hier sein.«
»Falls sie kommen«, erwiderte Conn. »Hör dir den Sturm draußen an! Das wäre in der Tat aufopfernd, wenn sie bei dem Wetter kämen.«
»Sie werden kommen«, erklärte Markos zuversichtlich. »Versuch noch ein, zwei Stunden zu schlafen.«
»Aber wenn es kein Traum war, was könnte es dann gewesen sein?« wollte Conn wissen.
Seine Stimme fast zum Flüstern dämpfend, antwortete Markos zögernd: »Du weißt, daß laran in deiner Familie ist. Deine Mutter war eine
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