Die Erben von Hammerfell - 5
diese Ehrerbietung gelte seiner Person statt seinem Erbe und Titel, aber für einen Jungen seines Alters war es trotzdem wie ein berauschendes Getränk. Man gab ihm zu verstehen, daß er ihnen für beinahe unbegrenzt lange Zeit willkommen sein würde, aber er lehnte freundlich ab – sein Vorhaben drängte ihn zur Eile.
Bei Sonnenuntergang des dritten Tages kam er an den Wolkensee von Hali mit seinen merkwürdigen Fischen und zu den schimmernden Ruinen des großen Turmes, der einmal dort gestanden hatte und der für immer in Trümmern liegenbleiben sollte, um an die Torheit zu erinnern, Krieg mit laran zu führen. Conn war sich nicht sicher, ob er die Überlegungen verstand, die dem zugrunde lagen. Wenn es eine so wirksame Waffe gab, war es in Kriegszeiten doch bestimmt das Barmherzigste, sie sofort einzusetzen und den Konflikt schnell zu beenden, bevor noch mehr Menschen sterben mußten. Aber er sah schon ein, daß es eine Katastrophe wäre, sollte eine solche Waffe in die Hände der falschen Seite fallen. Und als er noch ein bißchen mehr darüber nachdachte, erkannte er, daß nicht einmal der Weiseste würde sagen können, welche Sache die gerechtere war.
In dieser Nacht schlief er im Schatten der Ruinen, und falls es dort Geister gab, störten sie ihn nicht.
Am nächsten Vormittag machte er bei einer Schutzhütte halt, wusch sich, kämmte sein rotes Haar und zog den sauberen Anzug an, den er in einer Satteltasche mitgenommen hatte. Er aß den letzten Rest seines Proviants, doch das bereitete ihm keine Sorge. Er hatte immer für den Lebensunterhalt gejagt, und jetzt war er nach seinen bescheidenen Begriffen reichlich mit Geld versehen und wußte, er würde bald in dichter besiedelte Gebiete kommen, wo er Speisen und Getränke kaufen konnte. Wie ein Kind, das sich auf ein Fest freut, brannte er darauf, die große Stadt zu sehen.
Am späten Vormittag gelangte er in die Umgebung der Stadt. Die Straßen waren breiter und besser, die Gebäude älter und größer, und die meisten von ihnen machten den Eindruck, als seien sie schon lange Zeit bewohnt. Conn war auf seinen schönen neuen Anzug, der aus haltbarem Tuch und ordentlich genäht war, stolz gewesen. Doch jetzt verglich er ihn mit der Kleidung anderer junger Männer seines Alters, und es kam ihm bald zu Bewußtsein, daß er darin wie ein Bauer aussah. Denn niemand trug so etwas außer ein paar älteren Landleuten mit Dreck an den Stiefeln.
Was kümmert es mich? Schließlich will ich nicht zum Tanz auf des Königs Mittsommerball! Aber er mußte sich eingestehen, daß es ihn doch kümmerte. Es war nicht sein sehnlicher Wunsch gewesen, in die Stadt zu kommen, aber wenn die Straßen seines Schicksals ihn hinführten, würde er es vorziehen, wie ein Edelmann auszusehen.
Es war gegen Mittag, und die rote Sonne stand hoch am Himmel, als er von weitem die Mauern der alten Stadt Thendara erblickte, und schon eine Stunde später ritt er in die Stadt ein, die von der alten Burg der HasturLords beherrscht wurde.
Anfangs war er es zufrieden, durch die Straßen zu reiten und sich umzusehen. Später nahm er in einer billigen Wirtschaft eine Mahlzeit zu sich. Ein Mann ging durch den Raum und winkte ihm lässig zu. Conn hatte ihn noch nie gesehen und fragte sich, ob das bloße Freundlichkeit gegenüber einem Fremden war oder ob der Mann ihn irrtümlich für jemand anderen gehalten hatte.
Als er fertig gegessen und seine Zeche bezahlt hatte, erkundigte er sich, wie Markos ihm geraten hatte, nach dem Haus Valentin Hasturs und erhielt Auskunft. Unterwegs fragte er sich wieder, ob man ihn verwechselte, denn zweioder dreimal winkte ihm jemand freundlich zu, wie man es bei einem Bekannten tut.
Er fand Valentin Hasturs Haus nach der Beschreibung, die man ihm gegeben hatte, leicht, aber er näherte sich der Tür nur zögernd. Zu dieser Tagesstunde ging der Lord wahrscheinlich seinen Geschäften nach und war gar nicht daheim. Nein, sprach Conn sich Mut zu, der Mann war ein hoher Adliger, kein Bauer, er hatte keine Felder zu pflügen und sich um keine Herden zu kümmern, und wenn jemand ihn geschäftlich sprechen wollte, würde er ihn aufsuchen. Er konnte ebensogut zu Hause wie außer Haus sein.
Conn stieg die Treppe hinauf. Ein Diener kam an die Tür, und Conn fragte freundlich, ob dies das Haus des Lords Valentin Hastur sei.
»Das ist es, sofern es dich irgend etwas angeht.« Der Mann betrachtete mit kaum verhohlener Verachtung Conns Erscheinung und seine ländliche Kleidung.
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