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Die Erben von Hammerfell - 5

Die Erben von Hammerfell - 5

Titel: Die Erben von Hammerfell - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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erblicke er durch Lilla hindurch eine andere Frau – eine, die er fast an jeder Biegung sah, eine, die am Tag bei der Arbeit und nachts in seinen Träumen bei ihm war – die in glänzende Seide gekleidete Fremde, die Frau mit dem hellen Haar, kunstvoll zu juwelengeschmückten Zöpfen geflochten?
    »Conn, was ist? Du bist tausend Meilen weit weg. Tanzt du auf dem grünen Mond?« fragte Lilla.
Er lachte. »Nein, aber ich hatte einen Tagtraum von einem Ort weit entfernt von hier«, gestand er. »Ich weiß nicht, warum – es gibt doch keinen besseren Ort als diesen hier, vor allem bei einem Erntetanz.« Ihm war deutlich bewußt, daß er log. Neben der Frau in seinem Traum sah Lilla wie ein Bauernmädchen mit rauhen Händen aus, und das war sie ja auch, und dieser Ort war nicht mehr als ein Hohn auf den strahlend erleuchteten Palast seines Tagtraums. Waren diese glänzenden Bilder, die er sah, die Realität – und diese ländlichen Festlichkeiten der Traum? Er geriet in Verwirrung, und statt dem Gedanken weiter zu folgen, wandte er sich seinem Apfelwein zu.
»Möchtest du wieder tanzen?« fragte er das Mädchen.
»Nein, mir ist zu heiß«, antwortete Lilla. »Setzen wir uns für ein paar Minuten hin.«
Sie suchten eine Bank hinten in der Scheune vor der hölzernen Trennwand. Sie konnten das leise Stampfen der Tiere hören. Alles um sie herum war Conn lieb und vertraut. Die Gespräche drehten sich um die Ernte, das Wetter und die Geschehnisse des täglichen Lebens. Doch aus irgendeinem Grund kam ihm das auf einmal fremd vor, als redeten die Leute plötzlich in einer fremden Sprache. Nur Lilla neben ihm wirkte real. Er nahm ihre Hand und legte seinen freien Arm um ihre Taille. Lilla lehnte sich an seine Schulter. Sie hatte sich frische Feldblumen und rote Bänder ins Haar geflochten. Es war dunkel und grob und lockte sich um ihre roten Wangen. Sie fühlte sich rund und weich an, und Conns Hände verirrten sich unter ihren Schal. Sie protestierte nicht, sondern seufzte nur, als er sich niederbeugte, um sie zu küssen.
Er sprach leise mit ihr, und sie folgte ihm willig in die Dunkelheit am Ende der langen Scheune. Ein Teil des Spiels bestand darin, den jungen Männern auszuweichen, die aufpaßten, daß kein Feuer in brandgefährdete Teile der Scheune getragen wurde. Aber Conn und Lilla wollten kein Licht. Umgeben von der frischen Süße des Heus, in die sich der Duft von Kleeblumen mischte, drückte Conn sie fest an sich und küßte sie immer wieder. Nach einer Weile flüsterte er ihr etwas zu, und sie zog sich mit ihm weiter in die Dunkelheit zurück. Dort standen sie aneinandergeschmiegt, sein Kopf lag zwischen ihren Brüsten, seine Hände machten sich an den Schnüren ihres Mieders zu schaffen. Da rief jemand seinen Namen.
»Conn?« Das war Markos’ Stimme. Gereizt fuhr Conn herum und sah den alten Mann mit einer feuersicheren Laterne in der Hand dastehen. Markos hob die Laterne und blickte dem Mädchen ins Gesicht. »Ah, Lilla – deine Mutter sucht dich, Mädchen.«
Ärgerlich spähte Lilla hinaus. Sie konnte erkennen, daß ihre Mutter, klein und dunkel in einem gestreiften Kleid, mit einem halben Dutzend anderer Frauen plauderte. Aber Markos sah sie gar zu finster an, und sie entschloß sich, auf Widerspruch zu verzichten. Sie ließ Conns Hand los und zog schnell die Schnüre ihres Mieders fest.
»Geh nicht, Lilla. Wir wollen wieder tanzen«, bat Conn.
»Nichts da! Man verlangt nach Euch, junger Herr«, sagte Markos ehrerbietig, aber mit einer Strenge, der Conn sich niemals zu widersetzen gewagt hätte. Mürrisch folgte er Markos aus der Scheune. Sobald sie draußen waren, verlangte er zu wissen: »Also, was ist los?«
»Sieh mal, wie dunkel der Himmel ist. Es wird noch vor dem Morgengrauen regnen«, sagte Markos.
»Und deshalb hast du uns gestört? Du überschreitest deine Befugnisse, Pflegevater.«
»Ich glaube nicht. Was kann einem Grundeigentümer wichtiger sein als gutes Wetter?« fragte Markos. »Außerdem ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß du nicht vergißt, wer du bist. Kannst du leugnen, daß du Minuten später das Mädchen im Heu gehabt hättest?«
»Und wenn schon, was geht es dich an? Ich bin kein Eunuch. Erwartest du von mir…«
»Ich erwarte, daß du jeder Frau, die du nimmst, Gerechtigkeit widerfahren läßt«, unterbrach ihn Markos. »Das Tanzen schadet nichts, aber alles Weitere – du bist Hammerfell, du könntest das Mädchen nicht heiraten und nicht einmal für ein Kind sorgen, sollte

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