Die Erben von Hammerfell - 5
trank davon, aß hungrig das zähe Fleisch und teilte die knusprige Haut und die Knochen mit dem Hund. Während er noch aß, hörte er draußen vor der Tür Geräusche, und eine Gruppe von Frauen, in rote Jacken gekleidet, jede mit einem großen goldenen Reif im Ohr, kam herein.
»Ho, Dorcas!« rief eine von ihnen. »Wir brauchen Brot und Bier für sechs.«
Sie waren alle bewaffnet, und Alastair sah vor dem Gebäude eine Sänfte von der Art stehen, wie sie auch in Thendara anzutreffen war. Die dichten Vorhänge dienten offenbar dem Zweck, eine wohlerzogene und wohlbehütete Dame zu verbergen.
Eine der Sänftenträgerinnen sah Alastair und hob die Hand zum Gruß, aber die Frau hinter der Theke sagte mit leiser Stimme, allerdings nicht so leise, daß Alastair es nicht verstanden hätte: »Nein, das dachte ich auch, als er hereinkam, aber er spricht wie ein Tiefländer.« Sie stellte sechs Teller mit Brot und sechs Bierkrüge auf die Theke. »Möchte denn Lady Lenisa nichts? Der Wein ist recht gut, auch wenn er nicht gut genug für -« sie wies mit dem Ellbogen auf Alastair »- ihn ist.«
Alastair öffnete den Mund, um zu protestieren. Er war es nicht gewohnt, daß jemand seinen Geschmack kritisierte, vor allem nicht eine Frau, die sich keine Mühe gab, ihre Meinung über ihn zu verbergen. Dann schloß er ihn jedoch wieder. Wenn er nichts als ein unbeachteter Außenseiter war, gab niemand etwas um seinen Geschmack, und er war bereits bemerkt worden.
Draußen vor der Tür öffneten sich die Vorhänge der Sänfte, und ein hübsches Mädchen, vielleicht vierzehn Jahre alt, prächtig in lila Tiefland-Seide gekleidet, stieg aus der Sänfte und kam in den Schankraum. Sie hielt nach der Frau Ausschau, die offensichtlich die Anführerin der Eskorte war.
»Kleine Lady«, sagte diese vorwurfsvoll, »Ihr dürft hier nicht eintreten. Ich habe Wein für Euch bestellt…«
»Ich hätte lieber eine Schüssel Porridge«, erwiderte das Mädchen rebellisch. »Ich bin ganz steif vom Sitzen, und ich sehne mich nach frischer Luft.«
»Porridge sollt Ihr haben, so schnell Dorcas ihn kochen kann«, versprach die Schwertfrau, »nicht wahr, Dorcas? Aber Euer Großvater wird einen Anfall bekommen, wenn jemand Euch hier auf Hammerfell-Land sieht.«
»Aye, und ob!« bekräftigte die Frau neben ihr. »Lord Storn wäre es schon nicht recht, daß wir diese Route genommen haben, aber die Straße ist besser…«
»Oh, Hammerfell!« rief das Mädchen gereizt aus. »Mein ganzes Leben lang habe ich gehört, es gebe keine Hammerfells mehr…«
»Aye, das hat auch Euer Großvater bis vor etwa einem Mond geglaubt«, sagte die Schwertfrau, »bis der junge Herzog Euren Vater tötete. Also kehrt wie ein braves Mädchen in Eure Sänfte zurück, bevor jemand Euch sieht und es weitererzählt und Ihr in dem Grab neben ihm endet.«
Das Mädchen kam und umarmte die Schwertfrau schmeichelnd. »Liebe Dame Jarmilla«, flüsterte sie, »laßt mich nicht in der Sänfte ersticken, sondern mit Euch reiten. Ich fürchte mich weder vor alten noch vor jungen Hammerfells, und da ich meinen Vater nicht mehr gesehen habe, seit ich drei Jahre alt war, könnt Ihr wirklich nicht von mir verlangen, daß ich um ihn trauere.«
»Was ist das für eine Art zu reden!« schalt die Dame Jarmilla. »Euer Großvater würde…«
»Ich habe es satt, mir anzuhören, was mein Großvater tun würde; so muß er ja zu Anfällen neigen«, sagte das Mädchen. »Wenn Ihr glaubt, ich furchte mich vor Hammerfells …« Lenisa sah Juwel unter dem Tisch liegen und brach mitten im Satz ab.
»Oh, wie süß!« Sie kniete neben ihr nieder und hielt der Hündin die Hand zum Beschnuppern hin. »Was bist du für ein feines altes Mädchen.«
Juwel ließ sich gnädig von ihr an der langen Halskrause, die von hellerer Kupferfarbe war als das übrige Fell, kraulen. Lenisa hob den Blick zu Alastair und sah ihm gerade in die Augen.
»Wie heißt sie?« fragte sie.
»Juwel«, antwortete Alastair ehrlich, bevor ihm der Gedanke kam, dieses Mädchen, offenbar eine Enkelin von Lord Storn, könne durchaus gehört haben, daß ein solcher Hund Eigentum der Herzogin von Hammerfell sei
- aber andererseits war es unwahrscheinlich, daß man sich an den Namen eines Welpen erinnerte, den man seit siebzehn Jahren für tot hielt. Außerdem hatte Alastair nicht die Absicht, seine Identität noch lange geheimzuhalten.
Das Mädchen war eine Storn, und das hieß, daß es seine Todfeindin war. Trotzdem war es nichts weiter als ein hübsches
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